LG München I

Haftet der Marktplatz für Urheberrechtsverstöße bei Produktfotos?

Veröffentlicht: 08.05.2019 | Geschrieben von: Melvin Louis Dreyer | Letzte Aktualisierung: 08.08.2022
Produktbild von Schuhen in Online Shop

Wurden die Produktfotos öffentlich zugänglich gemacht? Mit dieser Frage hat sich vor kurzem das Landgericht München I auseinandergesetzt (AZ.: 37 O 5140/18). Es ging dabei um mehrere Urheberrechtsverletzungen: Abbildungen von Produkten der Klägerin waren auf einer Online-Verkaufsplattform sichtbar. Auf dieser Plattform werden sowohl eigene Waren als auch solche von Dritthändlern verkauft, die Identität des beklagten Unternehmens wollte das Gericht auf Anfrage nicht mitteilen. Bei der Klägerin handelt es sich um ein Unternehmen, dass Sport- und Freizeitrucksäcke herstellt. Die Fotos hatte sie professionell anfertigen lassen, ein unbeschränktes Nutzungsrecht für die Werke hatte sich das Unternehmen ebenfalls gesichert. Vertragshändler sollten die Bilder dabei ebenfalls nutzen können, die Verwendung auf gewissen Online-Verkaufsplattformen durch sie war jedoch untersagt.

Plattform machte Produktfotos öffentlich zugänglich

Kern des Streits waren also gleich mehrere Produktfotos – von insgesamt über 70 einzelnen Bildern ist im Urteil die Rede, wobei lediglich neun davon Gegenstand des Verfahrens waren. Die Verkaufsangebote, innerhalb derer die Fotos zu sehen waren, stammten dabei von Drittanbietern und nicht vom beklagten Unternehmen selbst. Haften soll es dennoch, so stellen die Richter fest. Der Betreiber einer Online-Verkaufsplattform mache urheberrechtlich geschützte „Lichtbildwerke“ öffentlich zugänglich, „wenn auf einer Produktdetailseite Lichtbildwerke sichtbar gemacht werden, die ohne Nutzungsberechtigung von einem Dritten in eine Datenbank des Betreibers, auf die bei automatisierter Erstellung der Produktseite bestimmungsgemäß zugegriffen wird, hochgeladen wurden“ heißt es dazu im Leitsatz des Urteils.

Einfach gesagt: Es geht darum, dass die Plattform diese Bilder gezeigt haben soll. Ob das ausreichend ist, um eine Urheberrechtsverletzung anzunehmen – wie das Urteil schlussendlich bejaht – wird aber auch von diversen weiteren Punkten abhängig gemacht. So befasst sich das Gericht unter anderem mit den Fragen, ob die Fotografien überhaupt die „Schöpfungshöhe“ aufweisen, welche für einen urheberrechtlichen Schutz vorliegen muss, ob auf den Streit überhaupt deutsches Recht anwendbar ist und ob die Veröffentlichung tatsächlich dem Betreiber der Verkaufsplattform zurechenbar ist.

Nutzung der Bilder auch für eigene Zwecke

Die letzte Frage ist deswegen relevant, weil die Fotos schließlich von anderen als der Plattform selbst hochgeladen wurden. Das Gericht kam hierbei zu dem Schluss, dass sie die Veröffentlichung dennoch bewirkt habe. Schließlich hätte das Unternehmen die Fotos in ihrer Zugriffssphäre zum Abruf bereitgehalten: Die Bilder wurden in einer Datenbank auf Servern des Konzerns gespeichert, mit Hilfe eines automatisierten Verfahrens wurde sodann die jeweilige Produktseite erstellt. Lagen mehr Bilder zu einem Produkt vor, als dargestellt werden können bzw. sollen, fand eine Auswahl zwischen den einzelnen Fotos ebenfalls automatisiert statt.

Beim Vorgang des öffentlichen Zugänglichmachens der Bilder habe die Beklagte weiterhin eine zentrale Rolle innegehabt, weil sie die Bilder auf diese Weise auch für eigene Zwecke genutzt habe. Die Produktdetailseiten würden sich nicht danach unterscheiden, ob die Produkte durch das Unternehmen selbst oder durch Dritthändler oder gar durch beide angeboten würden. „Das gewählte Konzept hat dabei aber zur Folge, dass eine Zurechnung der Nutzungshandlung aufgrund der zentralen Stellung der …-Gesellschaft bei Ausgestaltung der Angebote nicht verneint werden kann“, so weiter im Urteil.

Beklagtes Unternehmen konnte nicht überzeugen

Vom beklagten Unternehmen wurden noch andere Gründe gegen die Verurteilung vorgebracht, diese konnten das Gericht aber letztlich nicht überzeugen oder waren nach dessen Ansicht nicht für die Entscheidungsfindung relevant. Zu letzterem gehörte etwa das Argument, dass die Beschränkung der Nutzungsbefugnis unter Ausschluss bestimmter Vertriebswege, wie hier im Hinblick auf Online-Verkaufsplattformen, kartellrechtlich unzulässig sei. „Eine etwaige Kartellrechtswidrigkeit vermag Urheberrechtsverletzungen nicht zu rechtfertigen“ heißt es dazu seitens des Gerichts.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig, es wurde Berufung eingelegt.

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