Urteil des OLG Köln

Fulfiller haftet für Urheberrechtsverletzung eines Ebay-Händlers

Veröffentlicht: 31.08.2020 | Geschrieben von: Melvin Louis Dreyer | Letzte Aktualisierung: 08.08.2022
Grafik Fulfillment

Die Verletzung von Urheberrechten kann eine richtig ungemütliche Sache werden. Ein klassischer Fall: Das Zurverfügungstellen von Filmen auf Tauschplattformen. Hier drohen nicht nur Abmahnungen, die in diesem Rechtsbereich oft deutlich kostenintensiver sind als etwa im Wettbewerbsrecht, es kommt auch gern noch ein Schadensersatz hinzu. Auch Online-Händler kann ein Urheberrechtsverstoß teuer zu stehen kommen, etwa wenn sie ohne entsprechende Lizenz fremdes Bildmaterial nutzen. 

So geschehen in einem Fall, der kürzlich vor dem Oberlandesgericht Köln verhandelt wurde: Der Kläger behauptete, zwei Lichtbilder von Warnblinkleuchten erstellt zu haben. Diese wurden in einem Shop auf Ebay zur Bewerbung genutzt. Der Kläger fand das nicht so gut und wandte sich an den scheinbaren Betreiber des Shops: Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche wurden geltend gemacht. Wie sich herausstellte, war dieser jedoch vielmehr „Strohmann“ – und lediglich der Fulfillment-Dienstleister. Mit seiner Berufung vor dem OLG Köln wendet er sich unter anderem gegen die Feststellungen seiner Verantwortlichkeit für die Nutzung der Produktfotos; und erhält teilweise Recht (Urteil v. 17.07.2020, Az. 6 U 212/19).

Hintergrund: Die öffentliche Wiedergabe von urheberrechtlich geschütztem Material

Wie die Richter feststellen, besteht gegen den Fulfiller tatsächlich ein Unterlassungsanspruch aus dem Urhebergesetz. Der Kläger ist Urheber der Lichtbilder und hat ein entsprechendes Verwertungsrecht, darf also etwa darüber entscheiden, inwiefern seine Werke zugänglich gemacht werden (dürfen). Gegen dieses Recht habe der Fulfiller verstoßen, indem er zur sogenannten öffentlichen Wiedergabe der Werke beigetragen hat, ohne dass es eine Zustimmung des Klägers gab.

„Die Wiedergabe setzt dabei voraus, dass der Nutzer in voller Kenntnis der Folgen seines Verhaltens – also absichtlich und gezielt – tätig wird, um Dritten einen Zugang zum geschützten Werk zu verschaffen, den diese ohne sein Tätigwerden nicht hätten. Dabei reicht es aus, wenn Dritte einen Zugang zum geschützten Werk haben, ohne dass es darauf ankommt, ob sie diesen nutzen“, wird der Tatbestand im Urteil beschrieben. Dazu müsste der Beklagte entweder den Ebay-Shop verantwortet oder aber die entsprechenden Bilder selbst online gestellt haben.

Ist der Fulfiller nur Fulfiller oder womöglich Shop-Betreiber?

Dafür, dass der Fulfiller verantwortlich für den Shop war, gab es einige Indizien. So wird er im Shop eben nicht als Fulfiller, sondern ausdrücklich als Verkäufer benannt, und hat unter der im Shop angegebenen Adresse ein Gewerbe angemeldet. Allerdings hat er vor Gericht auch vorgetragen, mit dem Angebot nichts weiter zu tun zu haben, abgesehen von der Abwicklung von Bestellungen und Retouren – eben ganz entsprechend einer Tätigkeit als Fulfillment-Dienstleister. Zudem hat auf die ursprüngliche Abmahnung des Klägers eine ganz andere Person geantwortet, zumal nicht feststellbar war, dass auch die angegebene E-Mail-Adresse dem Beklagten gehörte. Während das Landgericht in der vorhergehenden Instanz noch weitgehend auf die Tatsache abgestellt hat, dass der Beklagte im Shop als Verkäufer dargestellt wurde, teilen die Richter des Oberlandesgerichtes diese Ansicht nun nicht mehr. Auch weil der Beklagte eine einen entsprechenden Fulfillment-Vertrag vorlegte, konnten die Richter nunmehr nicht feststellen, dass er Inhaber des Shops sein soll. Damit war diese Option, aufgrund derer der Fulfiller die Wiedergabe hätte verantworten müssen, passé. 

Dienstleister ist kein Täter, aber Störer

Während am Landgericht noch davon ausgegangen wurde, dass er ja zumindest hätte Kenntnis von der widerrechtlichen Verwendung der Bilder hätte haben müssen, können die Richter am OLG auch diese Annahme nicht teilen: Die Indizien würden schlichtweg nicht ausreichen, um anzunehmen, dass er als Täter hafte – sehr wohl aber als Störer. Das ist jemand, der willentlich und „zurechenbar“ zur Rechtsverletzung beigetragen hat. Die Richter mussten sich nun also fragen, ob das der Fall ist. 

Der Fulfiller hatte gegenüber dem eigentlichen Shop-Betreiber eingewilligt, dass Name und Anschrift als Versand- und Retourenadresse nach dem Namen des Kunden, also des Shop-Betreibers, aufgeführt werden dürften. Darin sahen die Richter seinen Beitrag. Der Shop-Betreiber hatte ihn dann, entgegen der Vereinbarung, als Anbieter im Angebot hinterlegt. Hätte der Fulfiller hier nun Prüfpflichten dahingehend gehabt, dass sich sein Vertragspartner an die Vorgaben hält? „Wenn sich der Beklagte aber die Angaben auf der Seite nicht zurechnen lassen und dafür keine Verantwortung übernehmen wollte, hätte er entweder ausdrückliche Vorgaben machen müssen oder kontrollieren, dass für den Verkehr deutlich wird, dass er nicht Shopbetreiber, sondern nur Fulfillment-Unternehmer ist. Wer seine Daten freigibt und damit die Gefahr eröffnet, dass ein Dritter unter diesen Daten geschäftlich tätig wird, ohne Verbrauchern seine eigenen Kontaktdaten angeben zu müssen, muss entweder vertraglich Vorkehrungen treffen, indem er konkrete Vorgaben macht und diese ggfls. vertraglich absichert, oder er muss die Nutzung seiner Daten und damit den Auftritt des Dritten, dem er die Nutzung seiner Daten gestattet hat, kontrollieren“, schreiben die Richter und bejahen damit die Frage. 

Als Störer haftet der Fulfiller nun für den Teil der Abmahnkosten, die sich auf die Unterlassung beziehen. Da eine Störerhaftung keine Haftung auf Schadensersatz umfasst, hat der Kläger gegen ihn hier auch keinen entsprechenden Anspruch.

Kommentare  

#1 Hans-Peter 2020-10-19 08:49
Es scheint, dass das OLG nicht einmal weiß, was Fullfillment eigentlich ist. Wie kann man erwarten, dass ein Fullfiller alle Angebote seiner Kunden überprüft?
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