Absprachen und Irreführung

Gerichte rügen Bewertungsmethoden von Online-Shops

Veröffentlicht: 07.01.2022 | Geschrieben von: Julia Petronis | Letzte Aktualisierung: 07.01.2022
Sterne zur Bewertung

Online-Bewertungen von Kunden sind für Online-Händler von großer Bedeutung. Dabei bewegen sich die Online-Shop-Betreiber, wenn auch auf ihrer eigenen Website, allerdings nicht in einem rechtsfreien Raum. Auch hier müssen gewisse rechtliche Spielregeln beachtet werden. Welche Vorgehensweisen rechtlich nicht zulässig sind, haben gerade zwei Gerichte klargestellt.

Unwirksame Klausel „Bewertung nur nach Absprache”

Als Kunde eine Bewertung mit dem Online-Shop-Betreiber absprechen müssen? Das geht so nicht, urteilte das Oberlandesgericht (OLG) Koblenz (Beschluss vom 13.10.2021, Az.: 2 U 279/21) mit der Begründung, dass eine solche Absprache das Recht auf freie Meinungsäußerung verletze und damit rechtswidrig sei. 

Damit ist auch eine AGB-Klausel unwirksam, nach der Kunden Online-Bewertungen nur nach Absprache mit dem bewerteten Unternehmen „im gegenseitigen Einvernehmen” abgeben dürfen. Wenn nach einer ersten Aufforderung eine Bewertung (Sterne oder Kommentar) nicht entfernt wird, solle sogar eine Vertragsstrafe fällig werden, berichtet die Kanzlei Dr. Bahr auf ihrem Blog. 

Bereits die Vorinstanz, das Landgericht (LG) Koblenz, hielt diese Klausel für rechtswidrig. Nun bestätigten auch die Richter des OLG die einseitige und unangemessene Benachteiligung der Kunden. Eine Abstimmung über den Inhalt einer Bewertung, die auch keinen festen Kriterien folge, stehe einer freien Meinungsäußerung entgegen. Selbst sachliche Kritik könne so problemlos vom Shop-Betreiber unterbunden werden. Vor allem aber die Androhung einer Vertragsstrafe und einem drohenden Gerichtsverfahren schrecke Kunden von einer negativen Bewertung ab.

Irreführende 5-Sterne-Bewertung

Ein Shop darf aber auch nicht mit einer Sterne-Bewertung werben, wenn noch gar keine Bewertung abgegeben worden ist, entschied das LG Berlin (Urteil vom 24.09.2021, Az.: 16 O 139/21). Vorliegend hatte ein Online-Shop mit einer Fünf-Sterne-Bewertung geworben, obwohl noch keine einzige Kundenbewertung eingegangen war. Frei nach dem Motto: keine Bewertung ist eine gute Bewertung. 

Geklagt hatte der Verbraucherzentrale Bundesverband gegen einen Online-Farradshop. Auf der Website des Händlers zu finden waren auf der Übersichtsseite zahlreiche Fahrräder mit jeweils fünf gelben Sternen. Wählte man ein Angebot aus, konnte man auf der Produktseite wieder die fünf gelben Sterne finden, jedoch stand dort dann unter der Rubrik „Kundenbewertungen”, dass noch kein Eintrag vorhanden ist. 

Sowohl der Verbraucherzentrale Bundesverband als auch das LG Berlin hielten diese Werbung für irreführend, berichtet Juris. Kunden würden bei einer angeblichen Bewertung von fünf Sternen auf der Produktseite dazu verleitet, sich aufgrund dessen näher mit dem Produkt zu beschäftigen als ohne die Bewertungsangabe. Schließlich täuschen die Sterneangaben über ein durchaus positives Produkt. Durch die Klarstellung auf der eigentlichen Produktseite würde die Irreführung nach Ansicht des Gerichts auch nicht beseitigt. 

Über die Autorin

Julia Petronis
Julia Petronis Expertin für: IT- und Medien-Recht

Julia ist seit April 2021 als juristische Redakteurin bei uns tätig. Während ihres Studiums der Rechtswissenschaften in Leipzig konzentrierte sie sich vor allem auf das Medien- und IT-Recht, sowie das Wettbewerbs- und Urheberrecht – und kann dieses Wissen heute auch „in der echten Welt“ einsetzen.

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Kommentare  

#4 Dierk 2022-01-16 18:31
"Irreführende 5-Sterne-Bewert ung" - wenn das Urteil tatsächlich so ähnlich formuliert wurde, wie hier wiedergegeben wird, ist es aus meiner Sicht sehr dünn und nicht eindeutig genug.
Man muss generell bei den Bewertungssyste men unterscheiden nach reinen "Bewertungen" - also der Möglichkeit 1 - 5 Sterne anzuklicken - und den Bewertungssyste men, wo man zwingend auch einen "Bewertungskomm entar" abgeben muss (was NICHT selbstverständl ich ist).
In dem Beispiel mit dem Fahrradshop oben, ist es u.U. möglich das zig "Bewertungen" abgegeben wurden, aber kein einziger "Bewertungskomm entar". Dann gibt es nämlich tatsächlich Bewertungen, nur eben ohne einen Kommentar.
Bei den Bewertungssyste men, wo kein zwingender Bewertungskomme ntar abgegeben werden muss, steht imm seltensten Fall auch ein Name oder Pseudo dabei von wem diese Bewertung abgegeben wurde. Das sieht dann tatsächlich nur der Shopbetreiber selbst.
Also hier wäre eine detailliertere Aufklärung notwendig.
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#3 brrrrr 2022-01-12 17:38
und wie sieht es bei eBay aus ?

Hat ein Käufer entgegen der Artikelbeschrei bung einen defekten oder sonstwie abweichenden Artikel bekommen oder ist aus anderen Gründen besonders unzufrieden mit dem Kauf, dann kann er zunächst "negativ" bewerten. Aber was passiert mit dieser Bewertung, wenn der Verkäufer im Anschluss an eine berechtigte Reklamation einer Rückgabe zustimmt oder Ebay im Rahmen einer "Streitfallrege lung" dem Käufer Recht gibt und die Rückzahlung des Zahlbetrages veranlasst?
Wird dann (aus welchen Gründen der Imagepflege auch immer)die zunächst abgegebene Bewertung ganz einfach entfernt ?
Mir scheint das der Fall zu sein und wäre so zutreffend eigentlich inakzeptabel.
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#2 Tom 2022-01-12 17:18
Muss man natürlich nicht..
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#1 Christine 2022-01-12 14:23
Interessant wäre nun noch zu wissen, ob man als Onlineshop generell eine Möglichkeit zur Bewertung einräumen muss? In meinem Online Shop müsste ich ein Extra Tool eines anderen Anbieters installieren, aber ich habe mich dort gegen Bewertungen entschieden. Ist es erlaubt keine Bewertungen zuzulassen? Vielen Dank für eine Antwort :)
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