Oberlandesgericht München

In der Werbung: Online-Händler muss auf Ausnahmen vom Aktionsangebot hinweisen

Veröffentlicht: 28.07.2022 | Geschrieben von: Melvin Louis Dreyer | Letzte Aktualisierung: 28.07.2022
Fragezeichen über Smartphone

Gibt es eine Regel, existiert häufig auch eine Ausnahme – und auf die muss man hinweisen. So lässt sich das Urteil des Oberlandesgerichts München zusammenfassen, das sich mit der Werbung eines Online-Shops für Waren aus der Elektro- und Unterhaltungsbranche auseinandersetzte (Urteil v. 19.05.2022, Az. 6 U 4971/21). Der Shop hatte im Rahmen einer Aktion einen Aufbauservice zu einem besonders günstigen Preis beworben. Lieferung, Aufbau und Anschluss von TV- und Haushaltsgroßgeräten sollte es für einen kurzen Zeitraum und ab einem gewissen Wert zu günstigen Konditionen geben. 

Wie die Wettbewerbszentrale mitteilt, die diese Praxis auch beanstandet hatte, scheiterten aber einige Verbraucher an der Buchung dieses Angebots, wenn sie versuchten, Einbaugeräte zu bestellen. Dass der Online-Händler auf eine für diese Geräte bestehende Ausnahme nicht ausdrücklich hinwies, erachtete das Gericht als irreführend. 

Werbung für Aktionsangebot: War die Ausnahme für Verbraucher erkennbar?

Nachdem bereits das Landgericht Ingolstadt (Urteil v. 07.07.2021, Az. 1 HKO 31/21) eine Irreführung erkannt hatte, blieb nun auch die Berufung des Händlers vor dem OLG München erfolglos. Es werde nicht ausreichend darauf hingewiesen, dass eine Ausnahme von der Aktion für Einbaugeräte vorliege. Entscheidend sei dabei grundsätzlich der Gesamteindruck der Werbung. Könnte man den Ausschluss von Einbaugeräten dabei vielleicht daraus schließen, dass die Werbung von „Aufbau“ spricht – und nicht von „Einbau“? Das OLG München findet: Nein. Der durchschnittliche Verbraucher würde nach Auffassung des Gerichts nicht auf den Gedanken kommen, dass Einbaugeräte naturgemäß von der Dienstleistung ausgenommen seien, nur weil diese einen Aufbau (und nicht ausdrücklich einen Einbau) vorsieht. 

Zwar könne man grundsätzlich darüber diskutieren, ob ein Aufbau im vorliegenden Gesamtkontext auch einen Einbau umfasst. Diese Frage könne aber offengelassen werden, da es hierauf nicht entscheidend ankomme. Selbst wenn der durchschnittliche Verbraucher Aufbau und Einbau für zwei getrennte Paar Schuhe hält, schließt er nach Auffassung des Gerichts daraus nicht, dass das Angebot nicht für Einbaugeräte gilt. Auch bei Einbaugeräten ergebe der Aufbau (und auch der versprochene Anschluss) aus Verbrauchersicht einen Sinn. 

OLG München: Einbaugeräte müssen ja nicht immer auch eingebaut werden

Schließlich scheint dem Gericht die Differenzierung auch nicht so ganz zu taugen. Immerhin könne ein Einbaugerät, wie etwa ein Einbaugeschirrspüler, grundsätzlich auch aus verschiedenen Gründen frei stehend verwendet werden – etwa wenn dem Eigentümer eher die speziellen Eigenschaften des Geräts wichtig seien und nicht die Optik, oder wenn es sich um eine Übergangslösung, beispielsweise im Rahmen eines Umzugs, handle.

Wird also von Lieferung, Aufbau und Anschluss gesprochen, kann die Leistung auch grundsätzlich im Hinblick auf Einbaugeräte einen Sinn ergeben. Dem Urteil folgend geht der durchschnittliche Verbraucher also nicht wegen dieser Beschreibung automatisch davon aus, dass sich das Angebot nicht auf Einbaugeräte erstreckt bzw. überhaupt nicht erstrecken kann. Da die Vorstellung des Verbrauchers insofern nicht mit den wirklichen Verhältnissen übereinstimme, sei die Werbung irreführend gewesen. 

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