Konzertausfall wegen Corona

BGH: Keine Rückerstattung der Ticketkosten bei Gutscheinangebot

Veröffentlicht: 12.08.2022 | Geschrieben von: Melvin Louis Dreyer | Letzte Aktualisierung: 12.08.2022
Streifenband mit Beschriftung "Abgesagt" vor Konzerthintergrund

Durch die Coronapandemie fielen etliche Kulturveranstaltungen wie etwa Konzerte aus. Schwierig war die Situation für Künstler und Veranstalter, aber auch für diejenigen, die Tickets für die abgesagten Veranstaltungen gekauft hatten – denn hier stand die Frage im Raum, ob diese ihren Ticketpreis zurückerhalten können oder eine anderweitige ausgleichende Leistung erhalten. 

Der Fall einer Kundin, die von einem Ticketportal fünf Karten für ein Konzert erworben hatte, das aus den genannten Gründen dann ausfiel, wurde kürzlich vor dem Bundesgerichtshof verhandelt (Urteil v. 13.07.2022, Az. VIII ZR 329/21). Vom Veranstalter war ihr ein Gutschein angeboten worden, den sie aber ablehnte. Die Klage auf Rückzahlung gegen das Portal hatte zunächst Erfolg, der Zug durch die Instanzen endete jetzt vor dem BGH aber mit einem anderen Ergebnis. Eine Rückerstattung erhält sie nicht. 

Der Fall: Konzert abgesagt, Gutschein angeboten, Erstattung der Ticketkosten?

Die Kundin hatte sich am Tag der geplanten Veranstaltung an die Vorverkaufsstelle gewandt und dort ihr Geld zurückverlangt, was das Ticketportal jedoch ablehnte. Sie lehnte dann wiederum einen Gutschein über die Gesamtkosten inklusive der Vorverkaufsgebühren ab, den zwar nicht das Ticketportal, aber der Veranstalter des Konzerts angeboten hatte. Da sie den Vertrag über die Verschaffung der Eintrittsberechtigungen mit dem Ticketportal geschlossen hatte, reichte sie diesem gegenüber die Klage auf Rückzahlung ein. Nachdem ihre Klage vor dem zuständigen Amtsgericht erfolgreich verlaufen war, ging das Ticketportal in Berufung und erhielt dann selbst Recht. Diese Entscheidung hat der BGH jetzt bestätigt – ein Anspruch auf Rückzahlung stehe der Klägerin nicht zu. 

Der BGH prüfte dabei verschiedene, infrage kommende Anspruchsgrundlagen. Dabei stellten die Richter fest, dass die Durchführung der Veranstaltung selbst schonmal gar keine Leistungspflicht sei, die dem Ticketportal obliegt. Dieses hatte lediglich die Pflicht, der Käuferin ein Recht auf Zutritt zur Veranstaltung zu verschaffen – und die sei auch erfüllt worden. Mängelgewährleistungsrechte kamen demnach nicht infrage. Eine Garantie bzw. Haftung seitens des Ticketportals für die Durchführung der Veranstaltung konnte der Senat nicht feststellen. 

Fehlende Information über nicht bestehendes Widerrufsrecht führe nicht zu Widerrufsrecht

Auch im Bereich des Widerrufsrechts entstand der Klägerin kein Anspruch auf Rückzahlung. Unter anderem für Verträge zur Erbringung von Dienstleistungen im Zusammenhang mit Freizeitbeschäftigungen, für die ein konkreter Termin vorgesehen ist, besteht ein Widerrufsrecht per Gesetz nicht – unter gewissen Umständen gilt diese Situation laut EuGH-Urteil dann auch bei Verträgen, in denen der Zutritt zu so einer Veranstaltung lediglich vermittelt wird. Würde die Information darüber, dass das Widerrufsrecht hier nicht besteht, fehlen, könne das zwar grundsätzlich einen Schadensersatzanspruch der Käuferin auslösen, nur entstehe dadurch dennoch nicht ein Anspruch auf Widerruf. Einen Schadensersatzanspruch hatte die Klägerin, unabhängig ob dieser nun durchgegangen wäre oder nicht, aber nicht zum Gegenstand des Rechtsstreits gemacht. 

Käuferin sei es zuzumuten, am Vertrag festzuhalten

Schließlich kam die Klägerin auch mit einem Anspruch wegen der Störung der Geschäftsgrundlage nicht weiter. Solch einer hat beispielsweise auch in der Frage eine Rolle gespielt, ob Gewerbetreibende womöglich einen Anspruch auf Anpassung ihrer Gewerberaummiete haben. Zwar sind Verträge nach dem Grundsatz „pacta sund servanda“ einzuhalten, die sogenannte Störung der Geschäftsgrundlage kann jedoch für eine Ausnahme davon sorgen. Eine Anpassung des Vertrags kann danach möglich sein, wenn sich die gemeinsamen Vorstellungen der Vertragsparteien, die zwar nicht ausdrücklich Teil des Vertrags, aber dennoch dessen Grundlage sind, so schwerwiegend verändert haben, dass die Parteien den Vertrag unter diesen Umständen nicht eingegangen wären.

Die Absage einer Veranstaltung aufgrund einer hoheitlichen Anordnung, den Coronaregeln, komme hier zwar grundsätzlich für die Störung der Geschäftsgrundlage in Betracht. Nach Auffassung des BGH sei das Festhalten am Vertrag für die Kundin aber nicht unzumutbar: Ihr sei nämlich ein Gutschein angeboten worden. Dieses Angebot kam zwar nicht von der beklagten Ticketverkaufsstelle, sondern dem Veranstalter, und auch sei die gesetzliche Gutscheinlösung hier juristisch nicht direkt anwendbar. Nach Auffassung des Gerichts würde es aber dem Wunsch des Gesetzgebers entsprechen, die Regelung hier trotzdem heranzuziehen. Dieser sei, erkennbar, davon ausgegangen, dass die mit Corona eingeführte Gutscheinlösung bei Ausgabe durch den Veranstalter die pandemiebedingte Lösung auch dann löse, wenn eine Vorverkaufsstelle beteiligt sei. Schließlich wäre es der Käuferin dann zumutbar gewesen, den Gutschein anzunehmen. Untragbare Nachteile wären ihr damit nicht entstanden, sodass sie die Kosten für die Tickets nicht zurückverlangen könne. 

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