Gesetzliche Informationspflichten

BGH: Wann muss ein Online-Händler über Herstellergarantien informieren?

Veröffentlicht: 10.11.2022 | Geschrieben von: Melvin Louis Dreyer | Letzte Aktualisierung: 10.11.2022
Frau hält Brief mit Guarantee-Aufschrift

Herstellergarantien sind für Käufer häufig eine lohnenswerte Sache, für Online-Händler hingegen waren sie zuletzt mitunter eher ein belastendes Thema. Unklar war nämlich, inwiefern hierzu gegebenenfalls umfangreiche Informationspflichten erfüllt werden müssten. Erfolgte etwa ein beiläufiger Hinweis auf das Bestehen einer Garantie, jedoch ohne genauere Informationen zu den Konditionen, sorgte dies gar nicht selten für rechtlichen Ärger – dabei ist die Beschaffung dieser Garantieinformationen für Händler mitunter mit einem großen Aufwand verbunden. 

Klarheit bringt jetzt aber ein Urteil des Bundesgerichtshofes, das sich mit dem Rechtsstreit zweier Online-Händler von Taschenmessern auseinandersetzt (Urteil v. 10.11.2022, Az. I ZR 241/19). Danach müssen Internethändler Verbraucher nicht näher über die Herstellergarantie für ein angebotenes Produkt informieren, wenn die Garantie kein zentrales Merkmal ihres Angebots ist. 

Der Fall: Verlinktes Produktblatt enthielt Hinweis auf Garantie des Herstellers

Stein des Anstoßes war das Angebot eines Schweizer Offiziersmessers auf Amazon durch die beklagte Online-Händlerin. Auf der Angebotsseite fand sich unter dem Reiter „weitere technische Informationen“ ein Link mit der Bezeichnung „Betriebsanleitung“. Klicke man hierauf, öffnete sich ein Produktinformationsblatt. Dieses enthielt folgenden Hinweis auf die Herstellergarantie: „Die Garantie erstreckt sich zeitlich unbeschränkt auf jeden Material- und Fabrikationsfehler (für Elektronik zwei Jahre). Schäden, die durch normalen Verschleiß oder durch unsachgemäßen Gebrauch entstehen, sind durch die Garantie nicht gedeckt“. Weitere Informationen zur Garantie enthielt das Blatt nicht. 

Die Klägerin, ebenfalls Händlerin von Taschenmessern, sah darin einen Verstoß gegen die gesetzlichen Informationspflichten zu Garantien. So fehlten Hinweise auf die gesetzlichen Rechte des Verbrauchers und die Tatsache, dass diese durch die Garantie nicht beschränkt werden würden, sowie Angaben zum räumlichen Geltungsbereich des Garantieschutzes. 

EuGH und BGH entscheiden: Wer wirbt, muss informieren

Der Fall zog sich durch die Instanzen und landete schließlich beim BGH, der den EuGH für die Auslegung von europarechtlichen Vorgaben anrief. Dieser entschied, dass die Informationspflicht nur bestehe, wenn Kunden hinsichtlich ihrer geschäftlichen Entscheidung über einen Vertragsschluss ein berechtigtes Interesse daran hätten, entsprechende Informationen vom Händler zu erhalten. Das sei insbesondere der Fall, wenn die Herstellergarantie ein zentrales oder entscheidendes Merkmal des Angebots des Händlers darstelle, etwa weil sie als Verkaufs- oder Werbeargument genutzt wird. 

Soweit die vom BGH veröffentlichte Pressemitteilung erkennen lässt, schloss sich der Bundesgerichtshof bei der finalen Entscheidung nun dem EuGH an. Die beklagte Online-Händlerin habe sich nicht unlauter enthalten, weil sie Verbrauchern keine zu erteilenden Informationen zur Herstellergarantie vorenthalten habe. 

„Im Streitfall stellt die Herstellergarantie kein wesentliches Merkmal des Angebots der Beklagten dar. Sie wird auf der Angebotsseite selbst nicht erwähnt, sondern findet sich an untergeordneter Stelle in einem Produktinformationsblatt“, heißt es in der Pressemitteilung. Werde die Herstellergarantie nur beiläufig erwähnt, sodass sie aus Verbrauchersicht kein Kaufargument darstellt, müsse der Händler keine Informationen über die Garantie zur Verfügung stellen. 

Link zum Produktinformationsblatt war kein verbindliches Garantieversprechen

Auch habe kein verbindliches Garantieversprechen im Sinne von § 479 Abs. 1 BGB vorgelegen, welcher besondere Bestimmungen für Garantien gegenüber Verbrauchern vorsieht. „Die Beklagte hat mangels eines Verstoßes gegen die Marktverhaltensregelung des § 479 Abs. 1 BGB auch keine nach § 3a UWG unlautere Handlung begangen. Die in § 479 Abs. 1 BGB normierte Pflicht zur Information über den Gegenstand und den Inhalt einer (Hersteller-)Garantie greift erst ein, wenn der Unternehmer dem Verbraucher ein verbindliches Angebot auf Abschluss eines Garantievertrags unterbreitet“, so die Pressemitteilung. Im Streitfall habe der Link auf der Angebotsseite auf das Produktinformationsblatt mit der Herstellergarantie noch kein solches verbindliches Garantieversprechen enthalten. 

Weitere Informationen dazu, unter welchen Voraussetzungen der EuGH es für nötig erachtet, dass Online-Händler Verbrauchern vorvertragliche Informationen zu einer etwaigen Herstellergarantie zur Verfügung stellen müssen, finden sich in diesem Beitrag

Kommentare  

#1 lux 2022-11-17 00:04
Vernünftige Entscheidung, und endlich eine Klarstellung, dass man über Herstellergaran tien nur (näher) informieren muß, wenn man sie in seinem Angebot überhaupt bewirbt.
Erwähnt man diese Zusatzabsicheru ng für ein Produkt über den Hersteller erst garnicht, macht man auch nichts falsch.
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