Urteil

Wegen Fehler in Widerrufsbelehrung: Makler muss Courtage zurückzahlen

Veröffentlicht: 03.01.2023 | Geschrieben von: Sandra May | Letzte Aktualisierung: 03.01.2023
Nahaufnahme Immobilienmakler, der einen Schlüssel mit einem Hausanhänger in seiner Hand hält.

Wer schon einmal eine Immobilie gesucht hat, wird bereits festgestellt haben, dass sich die Suche oft vor allem online abspielt. So finden auch die ersten Absprachen per E-Mail oder Telefon statt.  Ist ein Makler im Spiel, muss ein Interessent in der Regel vor der Übergabe eines Exposés oder der Vereinbarung über einen Besichtigungstermin einen Auftrag an den Makler geben. Das Gesetz spricht hier von einem Vertrag, der überwiegend über Mittel der Fernkommunikation zu Stande kommt. Das hat auch Auswirkungen auf die rechtlichen Informationspflichten, die Immobilienmakler erfüllen müssen. Was passiert, wenn diese Pflichten vernachlässigt werden, machte kürzlich das Landgericht Traunstein (Az. 2 O 381/21) deutlich. 

Widerrufsfrist von über einem Jahr

In dem Fall, über den Wallstreet Online berichtet, wurde von einer Immobilienmaklerin ein Objekt auf Immobilienscout24 inseriert. Dem Interessenten schickte sie zwar gemeinsam mit dem Exposé auch eine Widerrufsbelehrung zu, diese war aber unvollständig. So fand sich in dem Belehrungstext lediglich der Name und die Anschrift der Maklerin. Das EGBGB sieht allerdings vor, dass neben dem Namen und der Anschrift, auch eine Telefonnummer und E-Mail-Adresse angegeben werden muss. Da der Fall offenbar schon etwas länger zurückliegt, wurde außerdem das Fehlen einer Faxnummer moniert. Diese Angabe ist allerdings seit dem 28. Mai 2022 nicht mehr zwingend erforderlich. 

Durch die fehlerhafte Widerrufsbelehrung begann jedenfalls die Frist von 14 Tagen nicht zu laufen. Stattdessen betrug die Widerrufsfrist nunmehr ein Jahr und 14 Tage. Von dieser weitaus großzügigeren Frist machte auch der Interessent Gebrauch und erklärte den Widerruf – und zwar zu Recht. Laut Gericht muss die Maklerin nun die Courtage in Höhe von 11.000 Euro zuzüglich Zinsen zurückzahlen.

Kurze Übersicht: Widerrufsbelehrung bei Dienstleistungen

Allerdings sind fehlende Angaben in der Widerrufsbelehrung nicht die einzige Hürde, über die Immobilienmakler stolpern können. Bei der Leistung, die Makler erbringen, handelt es sich um eine Dienstleistung und bei dieser greift ein ganz ähnlicher Gedanke, wie bei Download-Produkten: Gehen wir davon aus, ein Interessent erhält eine rechtmäßige Widerrufsbelehrung und entscheidet sich für das Objekt. Die Vermittlung ist erfolgreich und zum Vertragsschluss kommt es erstaunlich schnell. Der Makler freut sich bereits über die Provision, doch Pech gehabt: Der Interessent widerruft den Vertrag innerhalb der 14 Tage und der Makler verliert damit seinen Anspruch auf die Provision. 

Um so einen Zustand zu verhindern, haben Makler das Recht, erst 14 Tage nach Auftragserteilung mit der Ausführung ihrer Dienstleistung zu beginnen. Da dies zuweilen für beide Seiten sehr unbefriedigend sein kann, hat sich der Gesetzgeber aber einen weiteren Bonus einfallen lassen: Der Makler darf sofort unter der Bedingung beginnen, dass das Widerrufsrecht erlischt. Das setzt allerdings voraus, dass der Interessent mit dem direkten Beginn der Ausführung einverstanden ist und sich der Rechtsfolge bewusst ist. Ersterem muss aktiv zugestimmt werden; über zweiteres muss informiert werden und der Interessent muss bestätigen, dass er sich dessen bewusst ist. 

Elementare Grundlage ist natürlich auch hier, dass eine vollständige Widerrufsbelehrung durch den Makler ausgehändigt wurde. Ist bereits die Widerrufsbelehrung fehlerhaft, nützt es nichts, wenn die anderen Voraussetzungen erfüllt sind. 

Über die Autorin

Sandra May
Sandra May Expertin für: IT- und Strafrecht

Sandra schreibt seit September 2018 als juristische Expertin für OnlinehändlerNews. Bereits im Studium spezialisierte sie sich auf den Bereich des Wettbewerbs- und Urheberrechts. Nach dem Abschluss ihres Referendariats wagte sie den eher unklassischen Sprung in den Journalismus. Juristische Sachverhalte anschaulich und für Laien verständlich zu erklären, ist genau ihr Ding.

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Kommentare  

#1 Martin 2023-01-05 14:28
Kurze Frage dazu.

Wie kann es denn sein, dass der Prov. Anspruch des Maklers erlischt, wenn er seinen Vertrag vollständig ausgeführt hat?

Es ist meiner Meinung nach eine Sache, einen Maklerauftrag zu widerrufen, aber doch eine ganz andere, die Leistung zu behalten ohne sie zu bezahlen.

Was ist die offizielle Erklärung dazu? Ist das so ein „Pech-gehabt“ Moment für den Makler, weil der Kaufvertrag mit dem Eigentümer geschlossen wurde und der Makler da außen vor ist?

Dennoch erlischt doch ein Widerrufsrecht, wenn ein Vertrag vollständig ausgeführt wurde, oder?

Vielen Dank für die Antwort!

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Antwort der Redaktion

Hallo Martin,

vielen Dank für deine Frage. Die Begründung liegt schlicht und ergreifend im Widerrufsrecht. Bei Fernabsatzvertr ägen haben Verbraucher nun einmal ein Widerrufsrecht über welches sie im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften informiert werden müssen. In bestimmten Fällen kann dieses Widerrufsrecht tatsächlich erlöschen. Das kann bei vollständig erbrachten Dienstleistunge n der Fall sein. Elementare Voraussetzung ist dabei allerdings, dass die Widerrufsbelehr ung rechtlich korrekt formuliert und ausgehändigt wurde. Zudem muss der Verbraucher bestätigen, dass er verstanden hat, dass das Widerrufsrecht eher erlischt und damit einverstanden sein.

Ist eine Widerrufsbelehr ung unvollständig und sei es, dass auch nur die Telefonnummer fehlt, ist die Belehrung im ganzen rechtswidrig und der Vertrag kann auch nach einem Jahr und 14 Tagen noch widerrufen werden.

Solange Verbraucher ihr Widerrufsrecht ausüben können, sprechen Juristen davon, dass der Vertrag „schwebend wirksam“ ist. Verstreicht die Widerrufsfrist ohne das von dem Recht Gebrauch gemacht wurde, wird der Vertrag „richtig“ wirksam. Ein Fehler in der Widerrufbelehru ng geht immer zu Lasten des Unternehmens. Das Unternehmen trägt hier das Risiko, dass der Vertrag länger als die 14 Tage schwebend wirksam bleibt und riskiert somit, dass die erbrachte Leistung am Ende nicht bezahlt wird. Der Gesetzgeber ist hier mit Absicht so hart um eine Aushöhlung des Widerrufsrechts zu verhindern. Würde man davon ausgehen, dass bei erbrachter Leistung die Provision auch im Falle eines Widerrufs beglichen werden müsste, würde das bedeuten, dass Makler beispielsweise auch komplett auf die Widerrufsbelehr ung verzichten könnten. Es hätte keine Konsequenzen, solang sie nur schnell genug arbeiten.

Mit den besten Grüßen
die Redaktion
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