Umsetzung der Whistleblower-Richtlinie

EU-Kommission verklagt Deutschland vor dem EuGH

Veröffentlicht: 16.02.2023 | Geschrieben von: Melvin Louis Dreyer | Letzte Aktualisierung: 16.02.2023
EU-Flaggen vor EU-Kommissionsgebäude in Brüssel

Die Europäische Kommission hat beschlossen, Deutschland und sieben weitere Mitgliedstaaten vor dem Europäischen Gerichtshof zu verklagen. Grund ist die mangelnde Umsetzung der Whistleblower-Richtlinie, die bezweckt, Hinweisgeber vor Repressalien von Arbeitgebenden zu schützen und Unternehmen wie Behörden dazu verpflichtet, geeignete Meldewege für die Meldung von Verstößen gegen EU-Recht zu schaffen. Fällig war die Umsetzung der Richtlinie schon zu Ende 2021. In Deutschland sollte das mit dem Hinweisgeberschutzgesetz passieren, welches jedoch erst vor wenigen Tagen im Bundesrat blockiert wurde. 

Whistleblower-Richtlinie dient öffentlichem Interesse

Die Klage ist Teil des sogenannten Vertragsverletzungsverfahrens, welches durch die EU-Kommission oder die Mitgliedstaaten gestartet werden kann, wenn ein Mitgliedstaat EU Recht verletzt. In diesem Fall geht es um mangelnde Umsetzung eines Rechtsaktes in Form einer EU-Richtlinie, welche die Mitgliedstaaten vom Prinzip her zur Umsetzung der enthaltenen Regelungen verpflichtet. Im Fall der Whistleblower-Richtlinie hätten die Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen, insbesondere die Umsetzung in nationales Recht, bis zum 17. Dezember 2021 treffen müssen. Wo es unmittelbar um den Schutz der Hinweisgeber von Verstößen gegen bestimmte Rechtsvorgaben geht, dient die Richtlinie aber auch der Verhinderung solcher Rechtsverstöße, die dem öffentlichen Interesse schaden können – Umweltschutz, Vergabe- bzw. öffentliches Beschaffungswesen oder Produktsicherheit sind solche Punkte. 

EU-Kommission tadelt Deutschland schon eine ganze Weile

Nachdem die Richtlinie bereits Ende 2019 in Kraft getreten war, hatten die Mitgliedstaaten zwei Jahre Zeit, für entsprechende Regelungen und Umsetzungen zu sorgen. Wirklich erfolgreich verlief das aber nicht: Im Januar 2022 richtete die Kommission Aufforderungsschreiben an ganze 24 Mitgliedstaaten wegen nicht fristgerechter Umsetzung und der Mitteilung über diese an die Kommission. Ein halbes Jahr später folgten dann im Juli 2022 mit Gründen versehene Stellungnahmen an 15 Staaten, die noch keine vollständige Umsetzung mitgeteilt hatten, im September 2022 dann weitere an vier Mitgliedstaaten.

Die Kommission sah sich von den Reaktionen einiger Mitgliedstaaten überzeugt, die Antworten der acht Länder, gegen die sie nun vor den EuGH zieht, waren da offenbar nicht ganz so erfolgreich – hierbei handelt es sich um Deutschland, Tschechien, Estland, Spanien, Italien, Luxemburg, Ungarn und Polen. 

Hinweisgeberschutzgesetz: Umsetzung erst kürzlich im Bundesrat gestoppt

Nachdem es in Deutschland in der letzten Legislaturperiode versäumt wurde, die nötigen Regelungen auf den Weg zu bringen, versuchte sich dann die Ampelkoalition daran. Erst vor wenigen Tagen und fast am Ende des Gesetzgebungsprozesses blockierten das Vorhaben allerdings CDU- und CSU-geführte Bundesländer im Bundesrat.

Wie es jetzt praktisch weitergeht, das ist offenbar noch nicht ganz klar: Bundestag und Bundesregierung hätten die Möglichkeit, einen Vermittlungsausschuss einzuberufen, um einen Kompromiss mit den Bundesländern zu erarbeiten. Gesprochen wurde aber auch davon, den Gesetzgebungsprozess neu zu starten; dann mit einem leicht geänderten Entwurf, der die Zustimmungspflicht des Bundesrates entfallen ließe. 

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