Amtsgericht München

E-Mail-Werbung: Einwilligung nach vier Jahren ohne Newsletter unwirksam

Veröffentlicht: 02.03.2023 | Geschrieben von: Melvin Louis Dreyer | Letzte Aktualisierung: 23.03.2023
Cancelled-Stempel in Lichtkegel

„Ja, ich will!“ – Das müssen nicht zwingend Worte für die Ewigkeit sein, weder in der Ehe noch beim Erhalt von Newslettern. Letzteres entschied kürzlich das Amtsgericht München so (Urteil v. 14.02.2023, Az. 161 C 12736/22). Konkret geht es im Fall um die Frage nach der Wirksamkeit einer Einwilligung in den Erhalt von Werbung per E-Mail. Der Empfänger hatte sich 2015 im Zuge einer Vereinsmitgliedschaft für den Newsletter angemeldet. Den vorerst letzten Newsletter erhielt er 2017, dann war für vier Jahre Sendepause.

2021 allerdings fand sich eine Mail mit Weihnachtsgrüßen und Hinweisen auf eine Änderung im Postfach des Klägers – offenbar sehr zu dessen Überraschung, denn inwiefern hier eine Einwilligung bestehe, fragte er gleich nach dem Weihnachtsfest beim Versender an. Der verwies auf die Einwilligung aus 2017. Doch die sei inzwischen unwirksam geworden, meinte der Kläger. Es folgten weitere Newsletter, eine erfolglose Abmahnung und jetzt auch das Urteil des AG München. 

Haben Einwilligungen ein Verfallsdatum?

Jede Werbeeinwilligung kann grundsätzlich zu einem Ende kommen. Insbesondere, wenn der Betreffende seine Einwilligung widerruft und sie infolgedessen für die Gegenwart und Zukunft keine Grundlage mehr für die Bewerbung darstellen kann. Ob solche Einwilligungen aber auch ein allgemeines Verfallsdatum haben, also ganz ohne Zutun des Einwilligenden ihre Wirkung verlieren, das ist eine ganz andere und nicht immer glasklar zu beantwortende Frage.

Bedeutend ist sie aber allemal, einerseits für denjenigen, der die Einwilligung erklärt hat und das gegebenenfalls gegen sich gelten lassen muss, aber auch für denjenigen, der die Einwilligung als Rechtsgrundlage für ein Handeln nutzt, wie eben den Versand einer werblichen E-Mail, und der wissen muss, inwieweit er sich darauf verlassen kann. 

Zeitliche Begrenzung im Gesetz nicht ausdrücklich vorgesehen

Dass die Frage, ob und wann eine erteilte Einwilligung durch Zeitablauf unwirksam werden kann, umstritten und bisher nicht vollkommen geklärt ist, spricht natürlich auch das Amtsgericht München in seinem Urteil an und verweist unter anderem auf Rechtsprechung des BGH aus 2018. Der stellte zusammenfassend fest: Weder die entsprechende Norm im deutschen Recht noch die zugrundeliegende europäische Richtlinie würden eine zeitliche Begrenzung vorsehen.

Zumindest grundsätzlich erlischt eine Einwilligung demnach nicht allein durch Zeitablauf, wobei der BGH allerdings auch eine Schranke aufstellt, so das AG München. Hier ging es nämlich um die Situation, dass die Einwilligung auf zwei Jahre nach Vertragsbeendigung begrenzt war. Der BGH kam zum Schluss, dass hinsichtlich dieses überschaubaren Zeitraums davon ausgegangen werden könne, dass das Interesse des Verbrauchers am weiteren Erhalt der Newsletter fortbestehe. Auf diese Situation beschränke der BGH seine Aussage insofern.

 

Zumindest insoweit, als eine Einwilligung eben grundsätzlich nicht durch Zeitablauf erlischt, folgt das Amtsgericht der BGH-Rechtsprechung. Dann widmet es sich aber den in aller Regel zu beachtenden Umständen des Einzelfalls.

Tatsächlich geht es hier nämlich nicht einfach nur um eine vollkommen zusammenhangslose Newsletter-Bestellung. Vielmehr erfolgte die Einwilligung in Verbindung mit der Erstellung eines Accounts, der damals eine Mitgliedschaft in einem Golfclub zugrunde lag. Die hatte der Kläger gekündigt und war deswegen Ende 2017 aus dem Verteiler genommen worden – keine Mitgliedschaft, kein Newsletter. Diese Politik änderte sich dann später, was auch die Vierjahrespause erklärt: Man hob die Beschränkung auf, auch Abonnenten ohne Clubmitgliedschaft durften nunmehr Newsletter erhalten. Der Kläger landete also wieder im Verteiler, ohne dass er sich erneut anmeldete. 

AG München: Newsletter-Versender hätte sich erkundigen müssen

Das AG München kommt zu dem Schluss, dass diese Umstände durchaus zu berücksichtigen seien. „Vor dem Hintergrund der erheblichen Zeit von vier Jahren sowie dem Ende der Zusendung infolge des Austritts des Klägers aus einem Golfclub durfte die Beklagte nicht davon ausgehen, die Einwilligung des Klägers bestehe fort. Sie hätte sich vielmehr zunächst erkundigen müssen, ob dies noch der Fall war“, folgert das Gericht.

Nach Abwägung der jeweiligen Interessen kommt es zu dem Schluss, dass ein rechtswidriger Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers vorliegt und der Beklagte das entsprechende Verhalten unterlassen muss. 

Nicht aus dem Urteil ableiten kann man insofern die generelle Aussage, dass Newsletter-Einwilligungen pauschal nach Jahren der Nichtnutzung unwirksam werden. Was sich allerdings ableiten lassen könnte, ist das Prinzip „Es kommt drauf an“: Wo eine solche Einwilligung zwar grundsätzlich nicht durch Zeitablauf verfällt, können die konkreten Umstände des Falles durchaus doch dafür sorgen. 

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