OLG Oldenburg

Kauf eines Sportwagens nachts auf einem Imbiss-Parkplatz – Gutgläubiger Erwerb?

Veröffentlicht: 21.04.2023 | Geschrieben von: Melvin Louis Dreyer | Letzte Aktualisierung: 21.04.2023
Sportwagen auf Straße

Warum nicht mal Dinge nachts kaufen, oder auf Imbiss-Parkplätzen – oder nachts auf Imbiss-Parkplätzen? Und warum nicht mal eine Luxus-Sportkarosse nachts auf einem Imbiss-Parkplatz kaufen, zum Beispiel einen Lamborghini? Genau das passierte in einem Fall, über den kürzlich das Oberlandesgericht Oldenburg zu entscheiden hatte (Urteil v. 27.03.2023, Az. 9 U 52/22):

Der beklagte Käufer fand sich vor Gericht wieder, da der ursprüngliche Eigentümer des Wagens gerne auch wieder in den unmittelbaren Besitz des Wagens kommen wollte. Mit dem Verkauf hatte der nämlich gar nichts zu tun: Vielmehr hatte der in Spanien lebende Mann sein Gefährt an eine Agentur vermietet, die Sportwagen gewerblich weitervermietet. Das war passiert, allerdings kamen Mieter und Wagen nicht zurück. Letzterer wurde zur europäischen Fahndung ausgeschrieben. Spätestens dann wurde der Fall kurios. 

Der Fall: Straßenkauf eines Luxussportwagens unter kuriosen Bedingungen

Die Fahndung stand offenbar nicht der Tatsache entgegen, dass der Waren wenige Tage später in Deutschland eine 30-Tage-Zulassung erhielt und dann auf einer Internetplattform zum Kauf angeboten werden konnte. Hier meldete sich der Beklagte und vereinbarte mit den beiden Brüdern, die den Wagen angeblich im Auftrag des Eigentümers anboten, eine Besichtigung – welche auf dem Parkplatz einer Spielothek stattfand. Der Wagen gefiel ihm offenbar, jedenfalls wollte der Beklagte ihn erwerben und zugleich seinen alten Wagen in Zahlung geben. Die Brüder gaben nun an, den Wagen noch für eine Hochzeitsfahrt eines Freundes zu benötigen. Wie das eben so ist. 

Für einige Tage später war dann die Übergabe geplant. Stattfinden sollte die zunächst am Wohnort des Beklagten, allerdings wollten sich die Verkäufer dann doch lieber „in der Mitte“ treffen, genauer auf dem Gelände einer Tankstelle. Hier klappte es dann allerdings mit der Zeit nicht ganz: Aus Mittags wurde auf Wunsch der Verkäufer 19 Uhr. Praktisch wurde es dann noch später. Als Grund führten die Verkäufer erst an, im Stau zu stehen, später dann, in eine Polizeikontrolle geraten zu sein. Das habe dann nochmal länger gedauert, da noch „eine Rechnung beim Amt“ offen gewesen sein soll.

Um 23 Uhr waren sie da und unternahmen eine Probefahrt. Um 1 Uhr am Folgetag unterzeichneten sie den Kaufvertrag, in einer Burger-King-Filiale. Der Käufer gab seinen alten PKW – offenbar auch einen Lamborghini – zu einem Preis von 60.000 Euro in Zahlung und übergab den Brüdern zudem 70.000 Euro in bar, jetzt übrigens auf dem Gelände einer weiteren Tankstelle. Auto und Fahrzeugpapiere wurden übergeben, die Verkäufer zeigten auch noch eine Personalausweiskopie des Eigentümers vor. Und was soll man sagen: Mit der dann versuchten Anmeldung des Fahrzeugs scheiterte der Beklagte schlussendlich, wegen der laufenden Fahndung. 

Eigentum kann auch vom Nicht-Eigentümer erworben werden

Vor Gericht ging es dann um die Frage, ob der in Spanien wohnende Eigentümer seinen Wagen zurückerhält – und damit auch um die Frage, ob er denn überhaupt noch Eigentümer ist. Das liegt nämlich gar nicht zwingend auf der Hand, wie auch das Urteil des Landgerichts Oldenburg in der Vorinstanz zeigt: Hier war seine Klage abgewiesen worden, mit der Begründung, dass der beklagte Käufer gutgläubig Eigentum erworben habe. 

Kleiner Exkurs: Nach deutschem Recht ist es für die Übertragung von Eigentum (an beweglichen Sachen) grundsätzlich nötig, dass der Eigentümer dem Erwerber die Sache übergibt und beide darüber einig sind, dass das Eigentum übergehen soll. Der Erwerber kann bei Einigung und Übergabe allerdings auch dann (gutgläubig) Eigentum erlangen, wenn die Sache dem Veräußerer gar nicht gehört – es sei denn, er ist nicht guten Glaubens oder die Sache ist dem Eigentümer abhandengekommen, etwa durch Diebstahl. Letzteres dürfte nicht der Fall gewesen sein, da der Kläger den Wagen der Vermietungsagentur übergeben und seinen unmittelbaren Besitz damit willentlich aufgegeben hat, so wie dann auch die Vermietungsagentur selbst bei der Weitervermietung. Dass beide natürlich eigentlich vorhatten, wieder in den Besitz zu kommen, ändert erstmal nichts, dass sie den Besitz nicht ohne ihren Willen verloren haben. 

OLG Oldenburg: Der Käufer handelte grob fahrlässig

Praktisch verblieb damit die Frage, ob der Käufer denn wirklich gutgläubig war. Das LG meint: Weder sei ihm bekannt gewesen, dass der im Kaufvertrag aufgeführte Verkäufer nicht der Eigentümer ist, noch sei ihm das grob fahrlässig nicht aufgefallen. Die ganzen Umstände hätten keinen Anlass für den beklagten Käufer geboten, misstrauisch zu werden und der Sache weiter nachzugehen – immerhin habe es ja die Fahrzeugpapiere gegeben und so weiter.

Das OLG aber sah das offenbar anders und kam zum Schluss, dass der Käufer grob fahrlässig gehandelt hat. Die veräußernden Brüder traten nur als Vermittler auf, eine schriftliche Vollmacht habe er sich nicht vorlegen lassen. Schreibweisen des Namens auf Passkopie und in den Zulassungspapieren unterschieden sich. Auch hier ging er nicht nach, zumal bei einem Straßenkauf eines Luxusautomobils besondere Vorsicht angezeigt gewesen wäre, wiederum zumal dieses erst kurz vorher nach Deutschland eingeführt worden war. Das und noch diverse andere Punkte werteten die Richter als im Ergebnis grob fahrlässig. Die Gutgläubigkeit des Käufers war damit passé, der Eigentumserwerb auch, der Wagen musste an den spanischen Eigentümer herausgegeben werden. 

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