Rabattaktion für alles?

OLG Nürnberg: Die Fußnote konnte diese falsche Blickfangwerbung nicht retten

Veröffentlicht: 24.05.2023 | Geschrieben von: Melvin Louis Dreyer | Letzte Aktualisierung: 24.05.2023
Sternchen auf Holzhintergrund

„39 Prozent Rabatt in ALLEN Abteilungen“ sollte es der Blickfangwerbung eines Möbelhauses zufolge geben – auf Tische, Betten, Deko und mehr. Ein Blick in die Fußnote allerdings offenbarte, dass eine Reihe von Produkten von diesem Rabatt ausgenommen sein sollte. Insbesondere auch solche, die bereits anderweitig reduziert waren. 

Dieser Fall landete kürzlich vor dem Oberlandesgericht Nürnberg, nachdem ein Wirtschaftsverband gegen diese Werbung vorgegangen war und sich das Möbelhaus gegen die zu seinen Ungunsten ergangene Entscheidung im Wege der Berufung wehren wollte (Urteil v. 23.12.2022, Az. 3 U 1720/22). Die Richter kamen allerdings einstimmig zu der Auffassung, dass diese offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg habe. Das Möbelhaus kann sich nun entscheiden, seine Berufung durchfechten oder sie zurückzunehmen. 

Gilt die Aktion auch für anderweitig reduzierte Produkte?

Im Fall kam der Senat zu der Auffassung, dass die Werbung insgesamt irreführend sei. Die Angabe „39 % in ALLEN Abteilungen – Tische & Stühle – Betten – Sofas – Küchen – Reduzierte Waren – Grosse Marken – eXpress – Haushalt – Teppiche – Lampen – Deko – Gardinen“ enthalte zumindest teilweise objektiv falsche Angaben, und nicht nur eine präzisierungsbedürftige Unklarheit oder Halbwahrheit. Wo der angesprochene Durchschnittsverbraucher zu dem Verständnis gelange, dass in allen Abteilungen auch ein nicht unwesentlicher Teil von bereits reduzierten Waren unter diesen Rabatt falle, sei das nicht der Fall. „Anderweitig reduzierte Produkte“ sind nämlich von der Aktion ausgenommen, wie die Fußnote verrät. 

In dieser Hinsicht sei die Aussage jedenfalls aus objektiver Sicht so falsch, dass sie auch nicht mehr durch eine Fußnote oder ähnliches richtig gestellt werden könne. 

Statt Sternchen: ®-Hinweis überzeugte die Richter nicht

Die Richter widmen sich dann aber auch einer anderen Aussage: Die Werbung würde die unzutreffende Vorstellung hervorrufen, dass alle Waren in den Abteilungen des Geschäfts reduziert seien. Das leiteten die Richter aus verschiedenen Aspekten ab, unter anderem der Aufzählung der verschiedenen Möbelkategorien oder der optischen Hervorhebung des Wortes „ALLEN“. Dabei gehe es Verbrauchern bei Rabatten auch mehr um das konkret betroffene Sortiment und weniger die Abteilung, wo Waren zu finden seien. Zudem seien solche Formulierungen wegen ihrer höheren Werbewirkung auch geeignet, Fehlvorstellungen in erheblichem Maße hervorzurufen. Allerdings gibt es hier einen Unterschied zum letzten Kritikpunkt: Diese Aussage hier hätte womöglich nämlich richtiggestellt werden können, etwa mit einem ausreichenden Hinweis – wurde sie aber laut der Entscheidung letztendlich nicht. 

Zwar gab es am Ende der Anzeige den kleingedruckten Fußnotentext, doch die Richter sahen keinen ausreichenden Verweis darauf. Was sonst häufig per Sternchen erfolgt, war hier anders umgesetzt worden – per ®-Zeichen. Wenn Verbrauchern dieses Zeichen überhaupt auffallen würde, so heißt es in der Entscheidung, dann würden sie es wohl als Hinweis auf einen möglicherweise bestehenden Markenrechtsschutz verstehen, es aber nicht mit den üblichen Sternchen gleichsetzen, an die sie gewöhnt seien. Zudem bemerkten sie, dass sich das Zeichen an der Fußnote selbst nicht wiederfand, sondern hier durch „R)“ symbolisiert wurde. 

Hintergrund: Klarstellender Hinweis hilft bei dreisten Lügen auch nicht mehr

Wie so oft geht es um die Frage: Ist die Werbung womöglich irreführend? Das richtet sich konsequenterweise danach, wie der „angesprochene Verkehr“ die Werbung aufgrund ihres Gesamteindrucks versteht. In diesem Fall ist das der (möglicherweise möbelkaufende) Durchschnittsverbraucher.

Dann setzen sich die Richter mit der Frage auseinander, wie die eigentliche Blickfangwerbung wohl einzuordnen sei, und welche Rolle der vorhandene Fußnotenhinweis grundsätzlich spielen kann und im konkreten Fall spielt. Denn natürlich ist das auch eine Grundsatzfrage: Handelt es sich um eine falsche Angabe zu einer leicht nachprüfbaren, objektiven Tatsache, für die es keinen vernünftigen Grund gibt, oder um eine leicht zu vermeidende, eindeutig falsche Werbeaussage ohne vernünftigen Anlass, dann sei das eine sogenannte „dreiste Lüge“. Der erzeugte Irrtum kann dann auch nicht mehr durch eine Fußnote oder einen „erläuternden Zusatz“ klargestellt werden, sagt die Rechtsprechung. 

Ist eine blickfangmäßig herausgestellte Angabe nicht ganz so dreist falsch, aber vermittelt für sich genommen eine fehlerhafte Vorstellung, dann sieht es gegebenenfalls anders aus: Der Irrtum kann dann durch einen klaren und unmissverständlichen Hinweis ausgeschlossen werden, wenn er „am Blickfang teilhat“. Deswegen sieht man in Werbeanzeigen häufig die Hinweis verweisenden Sternchen. Was hier ausreicht, hängt aber auch vom beworbenen Produkt ab: Ist das zum Beispiel langlebig und teuer, wird sich der Durchschnittsverbraucher auch ohnehin ausführlicher mit der Werbung auseinandersetzen, meint die Rechtsprechung. Es kommt also darauf an.

Findige Werbeaussagen darf es geben. Die Entscheidung zeigt aber, dass sich Werbetreibende nicht grundsätzlich darauf verlassen sollten, jede „waghalsige“ Werbeaussage durch eine Richtigstellung in Form einer Fußnote korrigieren oder präzisieren zu können. Und dass es hierbei durchaus auf die Details der Umsetzung ankommt. 

Kommentare  

#1 anja 2023-05-26 14:48
während z.B. in USA rabatte und gutscheine wirklich und echt und meist sogar kombinierbar sind, war es hierzulande schon immer so, daß solche nachlässe eingeschränkt sind. bereits reduzierte ware und etliche warengruppen sind auch bei rabattangeboten in supermärkten ausgenommen und auch das wird in einer fußnote mit sternchen in minischrift aufgeführt. auch andere angebote, nachlässe, präsente etc., für sie groß geworben wird, sind immer extrem eingeschränkt, weswegen die meisten leute in deutschland auch nichts auf solche nachlässe geben, da ohnehin nur "fake" oder zumindest teilweise. in USA hingegen kann man wirklich richtig geld mit gutscheinen und rabatten sparen. bei uns war da noch nie so. sind eher nur reisserliche werbegags. wollen die gerichte also nun auch die supermärkte, versandhäuser etc. verurteilen, wenn die einschränkungen über fußnoten irgendwo in minischrift am ende oder 2 seiten weiter aufgeführt sind ?!?? dann haben sie viel zu tun und die letzten jahrzehnte gepennt.
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