Bundesverwaltungsgericht

50 Cent je Einwegverpackung: Tübingen darf Verpackungssteuer erheben

Veröffentlicht: 25.05.2023 | Geschrieben von: Melvin Louis Dreyer | Letzte Aktualisierung: 25.05.2023
Big Mac Box mit McDonald's Logo

Die Tübinger Verpackungssteuer ist im Wesentlichen rechtmäßig. Das teilte gestern das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) mit. Schon seit 2022 wird in der Universitätsstadt eine Steuer auf bestimmte Einwegverpackungen rund um Take-away-Gerichte und -Getränke erhoben, unabhängig von deren Material. Die Inhaberin einer Filiale eines Schnellrestaurants war darüber offenbar nicht besonders glücklich und zog gegen die Regelungen vor Gericht. Während der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg die Satzung noch insgesamt für unwirksam hielt, kam das Bundesverwaltungsgericht jetzt zu einem anderen Ergebnis (Urteil v. 24. Mai 2023, Az. 9 CN 1.22). 

Verpackungssteuer in Tübingen überwiegend rechtskonform

50 Cent für Einweggeschirr und 20 Cent für Einwegbesteck werden in Tübingen seit Anfang 2022 theoretisch fällig. Zahlen müssen das die Verkäufer von Speisen und Getränken zum Vorortverzehr oder zum Mitnehmen, unabhängig davon, aus welchem Material das jeweilige Produkt besteht. Das soll der Stadt nicht nur Einnahmen verschaffen, sondern auch die Verunreinigung des Stadtbilds durch „entsorgte“ Verpackungen verringern und Anreize zur Nutzung von Mehrwegverpackungen schaffen. Gedeckelt ist der Steuersatz auf maximal 1,50 Euro je Einzelmahlzeit. 

Der Betreiberin eines Schnellrestaurants, bei dem es sich Spiegel Online zufolge um eine McDonalds-Filiale handelt, schmeckte das wohl weniger: Sie klagte gegen die Satzung, die die kommunale Steuer vorsieht. Zunächst mit Erfolg: Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg erklärte die Satzung insgesamt für unwirksam und begründete das mit der fehlenden Örtlichkeit der Steuer, ihrer Unvereinbarkeit mit dem Bundesabfallrecht und der mangelnden Tauglichkeit, die Obergrenze der Besteuerung tatsächlich zu vollziehen. 

Gegen die Entscheidung ging die Stadt Tübingen in Revision zum BVerwG, mit Erfolg: Das Gericht erklärte die Steuer für überwiegend rechtmäßig. Die Anforderungen an eine sogenannte örtliche Verbrauchssteuer, die von den Bundesländern selbst eingeführt werden dürfen, würden vorliegen. Auch würde die Steuer dem Abfallrecht nicht widersprechen, sondern mit der Vermeidung von Verpackungsabfall gerade dasselbe Ziel wie der Unions- und Bundesgesetzgeber verfolgen. Danach steht die Abfallvermeidung in der Abfallhierarchie ganz oben, erst dann folgen Wiederverwendung, Verwertung und Beseitigung. 

Bundesweite Abgabe für Einwegkunststoffprodukte kommt

Als rechtswidrig stufte das Gericht allerdings die Obergrenze der Besteuerung von 1,50 Euro je Einzelmahlzeit ein, da diese zu unbestimmt sei. Und auch das durch die Satzung gewährte Betretungsrecht der Stadtverwaltung im Rahmen der Steueraufsicht hielt der Überprüfung nicht stand. Dabei handele es sich aber nur um punktuelle Verstöße, heißt es vom Bundesverwaltungsgericht

Spiegel Online zufolge bedauert McDonalds die Entscheidung. Man wolle die schriftliche Begründung des Urteils abwarten und eine Verfassungsbeschwerde prüfen, heiße es vom Konzern. Die Deutsche Umwelthilfe hingegen ist sichtlich erfreut über die Entscheidung. „Wir fordern weitere Städte und Gemeinden dazu auf, dem Tübinger Modell zu folgen und eine Verpackungssteuer einzuführen“, heißt es von der Bundesgeschäftsführerin Barbara Metz auch mit Verweis darauf, dass die Vermüllung im öffentlichen Raum durch die Steuer deutlich abgenommen habe. 

Bereits ab nächstem Jahr könnten bundesweit neue Regeln für Hersteller bestimmter Einwegkunststoffprodukte in Kraft treten. Grund dafür ist das Einwegkunststofffondsgesetz (EWKFondsG), das der Umsetzung einer EU-Richtlinie dient und im März im Bundestag beschlossen wurde. 

Kommentare  

#4 Ralf 2023-05-31 15:54
Tja, McDonalds wird keinen Cent an Kosten haben, die Steuer wird wie immer, an den Endverbraucher weitergegeben. Es bezahlt der Bürger. Naja der hat auch den Müll verursacht, nicht Mc Donalds. Nur, dann muss es für jedes Unternehmen gelten, das Essensverpackun gen im Umlauf bringt, da es sonst zu einer Wettbewerbsverz errung kommt. Dann fahren die Kunden nämlich zum nächsten McDonalds ausserhalb Tübingen weil es dort viel billiger ist und die Filiale in Tübingen kann dicht machen. Jobs sind dort dann weg und auch die Gewerbesteuer Einnahmen sind dann auch weg. Und nicht nur die, sondern auch an der Verpackungssteu er verdient man dann ja auch nix mehr. Aber dafür ist die Stadt etwas sauberer. Sehen aber dann weniger Leute, weil die sitzen im McDonalds ausserhalb Tübingens. Zudem wie soll die Steuer das Müllproblem lösen? Die Leute werden ja nur weil das Essen dann dort teurer ist, die Verpackung zu Hause in eine Vitrine stellen und wenigstens mitnehmen oder Vorort im Mülleimer entsorgen. Es wird wird dann wie üblich entsorgt. Und wenn sich für eine Mehrwegverpacku ng entschieden wird, die ist teurer und müsste mit Pfand gehandelt werden. Ob dies die Kunden akzeptieren bleibt abzuwarten.
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#3 Stephan Mair 2023-05-31 15:21
Sie haben ja so recht Hr. Heber. Es ist wirklich nur für die Umwelt. Jetzt weiß ich es besser, danke.
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#2 Martin Heber 2023-05-31 14:32
Ich würde gern erfahren, was Herrn Mair dazu bewegt, der Umwelthilfe solch haltlose Vorwürfe zu unterstellen. Arbeitet er in der Müllwirtschaft? Mag er es auch sonst nicht sauber und ordentlich? Soll vielmehr es ein Recht auf öffentliche Zumüllung und Zerstörung unseres Planeten geben? Man kann angesichts des dürftigen Kommentarinhalt s nur spekulieren. Sicher soll die Problematik dann vom hier gezeigten "gesunden Menschenverstan d" gelöst werden, anstatt dass Politik und Verwaltung das gesellschaftlic he Zusammenleben demokratisch regeln.
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#1 Stephan Mair 2023-05-30 16:12
Der Fantasie im Steuereintreibe n sind keine Grenzen gesetzt. Wäre man in der Politik nur überall so ambitioniert unterwegs...

Die Deutsche "Umwelt" Hilfe kann da nur Lachen, ganz klar, kommt man doch dem großflächigen Ziel, den Konsumenten und den Bürger zu verarmen, wieder ein Stück näher.
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