Oberlandesgericht Frankfurt

Kissen bedrucken: Existenzgründerin muss Urheberrecht selbst klären

Veröffentlicht: 22.06.2023 | Geschrieben von: Melvin Louis Dreyer | Letzte Aktualisierung: 22.06.2023
Leeres weiches Kissen mit Platz für Logo auf Sofa

Die Gründerin beauftragte ein Unternehmen mit der Bedruckung von Kissenhüllen mit Bildern der südkoreanischen Band BTS. Erst nach Leistung einer Anzahlung wies das Unternehmen die Auftraggeberin darauf hin, dass sie sicherstellen müsse, keine Urheberrechte zu verletzen. Daraufhin focht sie den Vertrag an: Sie sei getäuscht worden, da das Druckerei-Unternehmen nicht über die Urheberrechtsproblematik aufgeklärt habe. Das musste es auch nicht, sagt das OLG Frankfurt am Main (Beschluss v. 6.6.2023, Az. 4 W 13/23). 

Musste der Dienstleister über Urheberrechtsprobleme aufklären?

Ein Bild aus dem Internet herunterladen, auf einen Kissenbezug drucken lassen und verkaufen – das klingt für den einen oder die andere auf den ersten Blick nach einem machbaren Geschäftsmodell. Nicht unwahrscheinlich ist aber, dass das Prozedere früher oder später zu einem Lehrstück in Sachen Urheberrecht wird. 

Ganz ähnlich jedenfalls spielte sich der hier vorliegende Fall ab: Eine Rechtsanwaltsfachangestellte wollte sich mit dem Vertrieb bedruckter Kissenbezüge eine berufliche Existenz aufbauen. Dabei ging es um ganz konkrete Motive: Dargestellt werden sollten lebensgroß die Mitglieder der südkoreanischen Band BTS, auf Bezügen, die man dann über Pappaufsteller ziehen können sollte. Für knapp 20.000 Euro beauftragte die Gründerin ein Unternehmen, das auf das Bedrucken von Textilien spezialisiert war. Nach einer Anzahlung von 11.000 Euro wies dieses Unternehmen die Gründerin darauf hin, dass sie sicherstellen müsse, keine Urheberrechte zu verletzen. Möglicherweise gab es auch schon zu einem früheren Zeitpunkt einen Hinweis seitens des Unternehmens, dass sie über die nötigen Rechte an den Bildern verfügen müsse – allerdings blieb das streitig und war offenbar auch nicht weiter relevant für die Entscheidung. 

Der Unternehmerin war diese Rechtslage offenbar neu, jedenfalls kündigte sie den Vertrag mit der Druckerei daraufhin. Vor dem OLG Frankfurt fand sie sich nun wieder, da sie Prozesskostenhilfe verlangte: Nach einer Anfechtung des Vertrags wollte sie auf Rückzahlung der Anzahlung klagen. Wie die Pressemitteilung des Gerichts wiedergibt, fühlte sie sich durch das mit dem Druck betraute Unternehmen getäuscht. Es habe sie nicht über die Urheberrechtsproblematik aufgeklärt.

OLG Frankfurt spricht von „Allgemeinwissen“

So viel vorweg: Gänzlich leer ausgegangen ist die Gründerin nicht, das OLG sprach ihr immerhin teilweise Prozesskostenhilfe zu. Ihre Auffassung zur Aufklärungspflicht teilte es allerdings dennoch nicht.

Wie schon das mit der Sache zuvor befasste Landgericht lehnte das OLG eine Aufklärungspflicht seitens der Druckerei ab. „Es gehört zum Allgemeinwissen der breiten Bevölkerung, dass man nicht einfach ohne jede Rücksicht auf fremde Urheberrechte Bilder aus dem Internet – hier von der bereits intensiv kommerziell verwerteten ‚Boyband‘ BTS mit 41. Mio. Fans – herunterladen und dann selbst kommerziell verwerten darf“, heißt es in der Pressemitteilung des Gerichts. Jedenfalls habe zwischen den Streitparteien kein Wissensgefälle vorgelegen, zudem habe die Existenzgründerin als Unternehmerin gehandelt. Auch habe sie als Rechtsanwaltsfachangestellte „jedenfalls ein gewisses Grundverständnis für die Rechtsordnung“ gehabt, so die Mitteilung weiter. Eine Täuschung habe das Gericht daher abgelehnt, die Anfechtung der Gründerin sei insofern unbegründet. 

Existenzgründerin konnte Vertrag nicht anfechten, aber kündigen

Doch, wie schon angekündigt, war die Sache damit nicht völlig gegessen. Wie es weiter heißt, habe die Gründerin den Vertrag zwar nicht anfechten können, aber zumindest kündigen dürfen. In der Folge könnte ihr ein (teilweiser) Rückzahlungsanspruch zustehen. Wie hoch der ausfällt, das hänge dabei auch von der Höhe der Aufwendungen ab, die das mit dem Druck betraute Unternehmen durch die Kündigung eingespart hat. Konkret vorgetragen hatte es dazu bislang offenbar nicht. Und soweit es behaupte, gar keine Aufwendungen erspart zu haben, sei das „ungereimt“, so das Gericht. Denn Konfektion und Druck der Bezüge habe man sich so erspart. 

Möchte man seine Geschäftsidee auf urheberrechtlich geschützten Werken aufbauen oder solche zumindest nutzen, sei es für Marketing oder Produkte oder weiteres, ist es grundsätzlich ratsam, die Rechtslage zu prüfen oder prüfen zu lassen. Sich beispielsweise wie hier auf einen ausführenden Dienstleister zu verlassen, kann problematisch enden.

Schreiben Sie einen Kommentar

Newsletter
Abonnieren
Bleibe stets informiert mit unserem Newsletter.