LG Göttingen

Netzstörung: Kundschaft hat Anspruch auf Entschädigung

Veröffentlicht: 28.09.2023 | Geschrieben von: Julia Petronis | Letzte Aktualisierung: 28.09.2023
Telekommunikationsmasten

Fällt das Handynetz aus, ist das für die Betroffenen sehr ärgerlich. Dauert die Störung über einen längeren Zeitraum wie etwa mehrere Monate an, haben Kund:innen sogar einen Anspruch auf Entschädigung. Das hat jüngst das Landgericht (LG) Göttingen (Urteil vom 01.09.2023, Az. 4 O 78/23) entschieden. Wenn die Kundschaft von zu Hause aus längerfristig nicht mit dem Handy telefonieren kann, ist der Mobilfunkanbieter verpflichtet, eine Entschädigung zu zahlen. Dieser Anspruch entfällt auch dann nicht, wenn die Kundschaft in anderen Funkzellen ungestört telefonieren kann oder aber zu Hause über das Internet telefonieren könnte, meldet LTO.

Entschädigung von über 2000 Euro zugesprochen

In dem vom LG Göttingen verhandelten Fall hatte ein Mann gegen einen Mobilfunkanbieter geklagt, bei dem er für sich, seine Frau und seine Tochter Mobilfunkverträge abgeschlossen hatte. Er behauptete eine mehrmonatige Netzstörung und forderte daraufhin insgesamt 7.500 Euro Schadensersatz vom Anbieter. Dass eine Netzstörung vorlag, wurde vom Anbieter zumindest nicht bestritten. Das LG gab dem klagenden Mann nun recht, sprach ihm allerdings nur eine Entschädigung in Höhe von 2.810 Euro zu. 

Die Höhe der Entschädigung wurde dabei nicht willkürlich gewählt, sondern beruht auf einer exakten Berechnung auf Grundlage des § 58 Absatz 3 Telekommunikationsgesetz (TKG). Demnach hat die Kundschaft für jede nicht umgehend behobene Störung, die zu einem „vollständigen Ausfall des Dienstes“ führt, einen Anspruch auf Entschädigung. Die Kundschaft darf die Störung aber nicht selbst verschuldet haben und ist darüber hinaus dazu verpflichtet, die Störung zu melden. Der Anbieter hat anschließend zwei Tage Zeit für die sogenannte „Entstörung“. Wird die Störung jedoch nicht beseitigt, gibt es für jeden Störungstag Geld: Für Tag drei und vier nach der Störungsmeldung sind das fünf Euro und für jeden weiteren Tag gibt es zehn Euro. 

Keine Gesamtheit der vertraglich geschuldeten Leistung

Das LG gab der Klage des Mannes für einen der Mobilfunkverträge für den Zeitraum des vollständigen Netzausfalls vom 25. März bis zum 31. Dezember 2022 statt. Das Argument des Anbieters, dass die Kundschaft auch an anderen Orten als zu Hause oder über das Internet hätte telefonieren können, ließ das Gericht nicht gelten. Schließlich sei das Wesen der Mobiltelefonie eben von jedem Ort, also auch von zu Hause aus, telefonieren zu können. Dass die Mobilfunkleistungen räumlich nicht auf die Wohnung beschränkt seien und der Dienst damit nicht vollständig ausgefallen war, erkannten die Richter ebenfalls nicht an. 

Wie das Gericht feststellte, sei der „Dienst“ im Sinne des TKG nicht gleichzusetzen mit der „Gesamtheit der vertraglich geschuldeten Leistungen“. Er sei vielmehr die „jeweilige einzelne Leistung, die vertraglich vereinbart ist, im Falle eines klassischen Mobilfunkvertrages also die Möglichkeit, im Mobilfunknetz Telefonate zu tätigen“. Der Anbieter musste sich dabei auch an seinem eigenen Angebot messen lassen. Schließlich konnten bei Abschluss des Vertrages Datenoptionen und Telefonie getrennt voneinander gebucht werden, was zeigt, dass es sich um verschiedene Dienste handelt.  

Treuwidriges Verhalten

Dass dem klagenden Mann nicht der gesamte eingeforderte Betrag zugesprochen wurde, lag an dem ihm vorgeworfenen treuwidrigen Verhalten: Zwei der drei Verträge habe er abgeschlossen, nachdem er bereits Kenntnis von der Störung erlangt hatte. Die Richter sahen darin ein widersprüchliches Verhalten und betonten, dass der Abschluss eines solchen Vertrages in Kenntnis der Störung dem Sinn und Zweck der Entschädigungsregelung entgegenstehe.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

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Über die Autorin

Julia Petronis
Julia Petronis Expertin für: IT- und Medien-Recht

Julia ist seit April 2021 als juristische Redakteurin bei uns tätig. Während ihres Studiums der Rechtswissenschaften in Leipzig konzentrierte sie sich vor allem auf das Medien- und IT-Recht, sowie das Wettbewerbs- und Urheberrecht – und kann dieses Wissen heute auch „in der echten Welt“ einsetzen.

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