Landesarbeitsgericht Hamm

Mann als Sekretärin abgelehnt: Jura-Student bekommt keine Entschädigung

Veröffentlicht: 05.02.2024 | Geschrieben von: Hanna Hillnhütter | Letzte Aktualisierung: 05.02.2024
Hände mit Stift und Laptop

Das allgemeine Gleichbehandlungsgesetz soll vor Diskriminierung und Benachteiligung schützen. Ein Jura-Student sah darin allerdings eher eine Chance, das große Geld zu verdienen. So suchte er gezielt Stellenausschreibungen heraus, in denen eine Sekretärin gesucht wurde und bewarb sich. Sobald er keine Zusage bekam, klagte er wegen Diskriminierung und verlangte nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) eine Entschädigung. Das Landesarbeitsgericht Hamm erkannte sein Vorgehen allerdings und stufte es als rechtsmissbräuchlich ein. Seine Klage auf Entschädigung, wegen Diskriminierung, wurde daraufhin abgewiesen (Urteil vom 05.12.2023 - 6 Sa 896/23). 

Kein ernstes Interesse an der Stelle

Es lagen einige Anhaltspunkte dafür vor, dass sich der Kläger nicht mit ernsthaftem Interesse auf die zahlreichen Stellen beworben hat. Der Kläger hat sich im Laufe der Zeit auf verschiedene Stellen beworben, ging dabei allerdings immer ähnlich vor. In dem Fall, der vor dem LAG Hamm behandelt wurde, handelte es sich um eine Stelle, die 170 Kilometer vom eigentlichen Wohnort des Klägers entfernt liegt. Er gab in der Bewerbung an, dass er sich vorstellen könne, zum Arbeitsort hinzuzuziehen. Im Gerichtsverfahren kamen dabei allerdings Zweifel auf, ob dieses Vorhaben ernst gemeint war. Er konnte keine konkreten Informationen darüber geben, wo er hinziehen wolle oder ob er sich tatsächlich Wohnungen anschaute.

Natürlich muss kein konkreter Nachweis erfolgen, ob ein Umzug tatsächlich geplant ist, allerdings war es in diesem Fall ein Indiz von vielen, dass die Bewerbung auf die Stelle tatsächlich ernst gemeint war. Auch, dass der Bewerber eine Strecke von 170 km täglich pendeln wollen würde, klingt nicht glaubwürdig. 

Zudem fanden sich in der Bewerbung sowohl Schreibfehler als auch ein „wenig ansprechender Satzbau“, was Zweifel daran aufkommen ließ, dass der Kläger für die Stelle eines Sekretärs geeignet sei. 

Hinzu kommt, dass der Bewerber in der Stellenausschreibung nicht auf seine Qualifikation und Berufserfahrung eingegangen ist. Auch fehlten Unterlagen, wie ein Lebenslauf, ein Bewerbungsanschreiben oder Zeugnisse. Der Student ist auch nicht auf die konkreten Bedingungen der Bewerbung eingegangen. Das LAG zweifelte daher an der Ernsthaftigkeit der Bewerbung: Er soll eine Absage sogar provoziert haben wollen. 

Strategisches Vorgehen

Der Kläger führte bereits zahlreiche Verfahren und folgte dabei immer einem ähnlichen Vorgehen. Er hat sich mehrmals gezielt auf Stellen beworben, bei denen eine „Sekretärin“ gesucht wurde. Allein die Tatsache, sich auf mehrere Stellen zu bewerben, die eine ähnliche Ausschreibung haben, stellt noch keinen Rechtsmissbrauch dar. 

Hier hat das Gericht das Verhalten des Klägers allerdings als zielgerichtet und strategisch eingeschätzt. Vor allem, weil er sich deutschlandweit auf zahlreiche Stellen beworben hat und dabei immer das gleiche Anschreiben nutzte. In 15 Monaten hat er dabei mindestens 15 Gerichtsverfahren diesbezüglich geführt. 

Dabei sei auch aufgefallen, dass der Bewerber seine Bewerbungsschreiben immer weiter optimierte. Allerdings nicht mit dem Ziel, die Stelle zu bekommen, sondern er nutzte die gewonnenen Erkenntnisse aus den Gerichtsverfahren, wie ihm im bestenfalls eine Entschädigung zusteht. Das Arbeitsgericht Elmshorn hatte beispielsweise seine Klage abgelehnt, weil es eine einfache Chat-Nachricht ohne Anschrift und weitere Informationen nicht als ernsthafte Bewerbung angesehen hat. Daraufhin fügte der Kläger bei den nächsten Bewerbungen die fehlenden Informationen hinzu. 

Der Kläger konnte die Richter auch nicht davon überzeugen, dass er an einer der Stellen, auf die er sich beworben hatte, ernsthaftes Interesse hat, vor allem, weil diese in ganz Deutschland verteilt waren und er einem Studium in NRW nachgeht. 

Auch wenn die Anforderungen an einen Rechtsmissbrauch grundsätzlich ziemlich hoch liegen, war das Landesarbeitsgericht hier überzeugt davon, dass der Kläger gerade darauf abzielte, Entschädigung für eine vermeintliche Diskriminierung zu erhalten. 

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Artikelbild: http://www.depositphotos.com

Über die Autorin

Hanna Hillnhütter
Hanna Hillnhütter Expertin für: Verbraucherschutz- und Strafrecht

Hanna verschlug es 2012 für ihr Jurastudium vom Ruhrgebiet nach Leipzig. Neben dem Studium mit dem Schwerpunkt Strafrecht, spielte auch das Lesen und Schreiben eine große Rolle in ihrem Leben. Nach einem kurzen Ausflug in das Anwaltsleben, freut Hanna sich nun, ihre beiden Leidenschaften als Redakteurin verbinden zu können.

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