Fristlose Kündigung

Datenschutz vs. Überwachung: Gericht urteilt zu Arbeitszeitbetrug

Veröffentlicht: 22.03.2024 | Geschrieben von: Yvonne Bachmann | Letzte Aktualisierung: 25.03.2024
Geschäftsmann sitzt am Schreibtisch und hat Augen auf Brille geklebt

In einem Fall, den jüngst das Arbeitsgericht Bremen-Bremerhaven (Urteile vom 14. Dezember 2023, Az.: 2 Ca 2206/23 und 2 Ca 2207/23, Volltext liegt noch nicht vor) zu entscheiden hatte, wurden die Kündigungsklagen zweier Angestellter verhandelt. Die beiden Servicemitarbeiter wurden der latenten Faulheit beschuldigt. Die dazugehörige Entscheidung wirft ein Schlaglicht auf die Herausforderungen, die sich in der modernen Arbeitswelt ergeben, in der der Ruf nach einer perfekten Work-Life-Balance immer lauter wird, jedoch mit einer knallharten Leistungsüberwachung kollidiert.

Leistung unter der Lupe

Die beiden Angestellten, die für das Bürgertelefon der Stadt Bremen tätig waren, sahen sich mit dem Vorwurf konfrontiert, ihre Arbeitspflichten erheblich vernachlässigt zu haben – ein Umstand, der durch die Auswertung ihrer Telefoniezeiten über einen bestimmten Zeitraum hinweg festgestellt wurde. Interessanterweise hatte der Personalrat dieser Auswertung im Vorfeld zugestimmt, obwohl eine Dienstvereinbarung solche Maßnahmen zur Leistungs- und Verhaltenskontrolle eigentlich untersagt. Auch die Betroffenen wussten nichts.

Die Arbeitgeber argumentieren dennoch offiziell, dass die geleisteten Telefoniezeiten laut der Auswertung der Überwachungsmaßnahmen weit unter den erwarteten 60 Prozent der planmäßigen Zeit lagen, was eine vorsätzliche Vernachlässigung der Arbeitspflicht nahelegt. Das Gericht bestätigte das und die fristlosen Kündigungen waren somit rechtmäßig. Die Kläger leisteten an einzelnen Tagen Telefoniezeiten zwischen 30 und 35 Prozent bzw. zwischen 16 und 33 Prozent statt der verlangten 60 Prozent. Eine triftige Erklärung für diese Zahlen lieferten sie nicht.

Klatsche für Arbeitnehmer- und Datenschutz

Dabei wurde auch die Frage aufgeworfen, ob die Daten rechtens erhoben wurden, doch letztendlich spielte dies für die Entscheidung eine untergeordnete Rolle. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts seien Daten, die vorsätzlich vertragswidriges Verhalten des Arbeitnehmers belegen sollen, selbst dann verwertbar, wenn die Gewinnung der Daten nicht vollständig im Einklang mit den Vorgaben des Datenschutzrechts steht, heißt es in der Pressemitteilung.

Fazit für Angestellte und Arbeitgebende

Dieser Fall unterstreicht, dass die Leistungsüberwachung trotz Datenschutzbedenken ein legitimes Werkzeug für Unternehmen bleiben kann, sofern sie „halbwegs“ im Einklang mit den geltenden Gesetzen und Vereinbarungen durchgeführt wird. Allerdings sollten beide Seiten ihre Erwartungen klar kommunizieren und sich bei Problemen austauschen. Wer im Büro oder im Homeoffice sitzt und tagein, tagaus aus dem Fenster schaut, hat nichts gewonnen. Demgegenüber müssen sich auch Unternehmen bewusst sein, dass sie mit Überwachungsmaßnahmen das ohnehin rare Personal über alle Berge jagt. Alles in allem ist das Thema eine Frage der Balance zwischen effektiver Leistungsüberwachung und dem Respekt vor der Privatsphäre der Angestellten.

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Artikelbild: http://www.depositphotos.com

Über die Autorin

Yvonne Bachmann
Yvonne Bachmann Expertin für: IT-Recht

Yvonne ist schon seit Beginn ihrer juristischen Laufbahn mit Leib und Seele im IT-Recht unterwegs. Seit Anfang 2013 ist sie als Volljuristin beim Händlerbund tätig und berät dort hilfesuchende Online-Händler in Rechtsfragen rund um ihren Shop. Genausolange berichtet sie bei uns zu Rechtsthemen, welche die E-Commerce-Branche aufwirbeln. 

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Kommentare  

#2 JK 2024-03-26 09:29
Nach dem Skandalurteil des Landesarbeitsge richts in Nürnberg (Urteil vom 29. November 2022, Aktenzeichen: 1 Sa 250/22) eine absolut positive Überraschung.
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#1 Stefan Schuster 2024-03-25 08:13
Das Urteil ist richtig und wichtig. Nicht nur im Sinne des Arbeitgebers, sondern auch für die Kollegen und alle anderen im Betrieb. Denn die müssen die Faulheit der beiden kompensieren. Wir hatten innerhalb von zwei Jahren einige Burnout Fälle, weil sich die eine Hälfte der Firma tot gearbeitete hat, während die andere Hälfte die Füße hochgelegt hat. Und PS: Gespräche beim Chef diesbezügich sind natürlich auf taube Ohren gestoßen.
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