Bio-Zertifizierung für Online-Händler bald Geschichte?

Veröffentlicht: 22.04.2015 | Geschrieben von: Yvonne Bachmann | Letzte Aktualisierung: 22.04.2015

Der Online-Handel mit Bio- Produkten ist nicht so einfach, denn eine gesonderte Zertifizierung durch eine Öko-Kontrollstelle ist erforderlich, um die Bio-Produkte vertreiben zu dürfen. Diese strenge und vor allem kostenintensive Pflicht wackelt nun, denn eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes wird erwartet.

Bio Gemüse

(Bildquelle bio vegetables: filmfoto via Shutterstock)

Gesetzliche Ausnahme besteht nicht für den Online-Handel

Jeder Unternehmer, der ökologische/biologische Erzeugnisse erzeugt, aufbereitet, lagert, aus einem Drittland einführt oder in Verkehr bringt (oder die vorgenannten Tätigkeiten an Dritte vergeben hat), unterliegt Pflicht, seine Tätigkeit den zuständigen Behörden des Mitgliedsstaates, in dem diese Tätigkeit ausgeübt wird, zu melden sowie sein Unternehmen dem Kontrollsystem zu unterstellen.

Unternehmer unterliegen jedoch einer Befreiung von der Pflicht, sich dem Öko-Kontrollsystem zu unterstellen, wenn die Erzeugnisse direkt an den Endverbraucher oder –Nutzer verkauft werden und der Unternehmer die Erzeugnisse nicht selbst erzeugt, aufbereitet oder an einen anderen Ort als in Verbindung der Verkaufsstelle lagert.

Diese in Deutschland bestehende Ausnahme greift jedoch nicht für den Online-Handel. An der Voraussetzung „direkt“ fehlt es nämlich beim Online-Handel mit Bio-Lebensmitteln, da eine direkte Verkaufshandlung unter Anwesenheit der Endverbraucher, wie sie beispielsweise im Supermarkt gegeben ist, nicht vorhanden ist.

Im Ergebnis sind Internet-Händler und Abo-Lieferservice-Betreiber deshalb beim Verkauf von Bio-Erzeugnissen im Zusammenhang mit der Vermarktung über das Internet kontrollpflichtig.

Rechtsprechung mit klarer Tendenz zur Zertifizierungspflicht

Die Rechtsprechung hat sich dieser Auslegung in der Vergangenheit angeschlossen. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hat beispielsweise in einem Urteil (Urteil vom 30.09.2014, Az. 14 U 201/13) entschieden, dass Online-Händler, die Bio-Lebensmittel zum Verkauf anbieten, einem Kontrollsystem unterstehen müssen. Zuletzt hat das Landgericht München I diese Bio-Zertifizierungspflicht bestätigt (Urteil vom 03.03.2015, Az. 1 HK O 21563/14).

Entscheidung des Bundesgerichtshofes erwartet

Für Online-Händler bedeutet diese Zertifizierungspflicht einen klaren Nachteil gegenüber den Händlern, die ihre Bio-Erzeugnisse lediglich über ein Ladenlokal anbieten. Wer als Online-Händler die Kosten der Zertifizierung nicht aufbringen möchte oder kann, hat lediglich die Möglichkeit, die Produkte über das eigene Ladenlokal – soweit vorhanden – zu verkaufen, da hier eine Zertifizierung entbehrlich ist.

Nun soll der Bundesgerichtshof (Az. I ZR 243/14) auf Bestrebungen der Wettbewerbszentrale hin Klarheit schaffen und eine Grundsatzentscheidung zur Frage der Notwendigkeit einer Bio-Zertifizierung für Online-Händler treffen. Für Online-Händler soll die Entscheidung Rechtsklarheit bringen, ob bzw. unter welchen Voraussetzungen der Handel einer Bio-Zertifizierung durch eine Öko-Kontrollstelle bedarf.

Kommentare  

#1 Il Vino 2020-03-01 15:39
Es geht ja vor allem um die dopellt und dreifache Zertifizierung eines Produktes - in meinem Fall Biowein - und die damit verbundenen Kosten. Der Biowinzer in Italien ist zertifiziert, ein Verteiler (Großhändler) in Norditalien ist zertifiziert und der Einzelhändler in Deutschland der ein Produkt, das ohne weitere Bearbeitung verkauft wird also dreimal mit insgesamt ca 1 € Kosten pro Flasche, hinzukommt die Verpackungsentg eltverordnung mit weiteren Bürokratiekosten.
Ein riesiger Wettbewerbsnach teil mit großen Lokalhändlern und besonders gegenüber Händlern von konventionellem Wein und vor allem der bürokratische Aufwand.
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