Verfassungsbeschwerde gegen IHK-Pflichtmitgliedschaft abgewiesen

Veröffentlicht: 03.08.2017
imgAktualisierung: 03.08.2017
Geschrieben von: Tina Plewinski
Lesezeit: ca. 2 Min.
03.08.2017
img 03.08.2017
ca. 2 Min.
Zwei Händler hatten gegen die Pflicht zur Mitgliedschaft in den Industrie- und Handelskammern geklagt. Nun kam das Urteil.


Wer in Deutschland ein Gewerbe betreibt, ist in der Regel gesetzlich dazu verpflichtet, Mitglied in den Handwerks- bzw. Industrie- und Handelskammern zu werden – das betrifft sowohl Händler als auch Dienstleister oder Industriebetriebe. Diese Verpflichtung stieß in der Vergangenheit immer wieder auf Kritik. Zwei Unternehmen hatten dagegen eine Verfassungsbeschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht eingelegt. Die Entscheidung wurde nun verkündet (Aktenzeichen 1 BvR 2222/12 u.a.).

Bilder an der Wand mit IHK-Schriftzug
© Alexander Peskov – shutterstock.com / Tina Plewinski

Die IHK sieht sich als helfende Hand für Unternehmen

Als Körperschaften des öffentlichen Rechts haben sich die Kammern auf die Fahne geschrieben, Unternehmen zu fördern, Aus- und Weiterbildung anzustrengen oder auch Beratungen vorzunehmen, um die Gewerbetreibenden zu unterstützen.

Um diese Unterstützung auch zu gewährleisten, sind die Industrie- und Handelskammern auch auf den finanziellen Rückhalt, also die Beiträge ihrer Mitglieder, angewiesen. Doch gerade gegen diese Beiträge, die zwischen einem zwei- und fünfstelligen Bereich liegen können und laut Spiegel im Durchschnitt rund 190 Euro betragen sollen, begehren immer wieder Händler auf. Jüngst zogen zwei Unternehmen vor das Bundesverfassungsgericht und legten Verfassungsbeschwerde gegen die Pflicht zur IHK-Mitgliedschaft und die damit verbundene Zahlung der Beiträge ein.

Wer hat geklagt?

Im aktuellen Fall traten zwei Unternehmen als Kläger auf: ein Reiseanbieter aus Kassel sowie eine Firma aus Memmingen, die im Fahrzeugbereich tätig ist. Nach Angaben des Spiegels waren sie der Auffassung, dass „die regionalen Kammern angesichts der europäischen Einigung, globaler Märkte und weltweiter Krisen nicht mehr in der Lage“ seien, die Interessen der Unternehmen „angemessen zu vertreten“.

Richter weisen Klage zurück

Wie der Spiegel weiter schreibt, wurde die Verfassungsbeschwerde der beiden Unternehmen allerdings abgewiesen. Die Richter in Karlsruhe folgten den Urteilen anderer Gerichte aus der Vergangenheit und entschieden nun, dass die Beitragspflicht nicht zu beanstanden sei (Aktenzeichen 1 BvR 2222/12 u.a.). Im Rahmen des Verfahrens wurde „die Organisation in den Kammern einer neuen, umfangreichen Prüfung unterzogen. Erstmals ging es dabei auch um die demokratische Legitimation.“ Auch das Wahlverfahren sowie die internen Strukturen der Industrie- und Handelskammern wurden genau unter die Lupe genommen.

Grundsätzlich, argumentierte das Gericht, sei die Verpflichtung zur Mitgliedschaft in der Industrie- und Handelskammer zwar ein Eingriff in die geschützte allgemeine Handlungsfreiheit, dennoch sei dies gerechtfertigt, sofern „die Voraussetzungen dafür geschaffen werden, ein Gesamtinteresse zu ermitteln, das tatsächlich alle Betriebe und Unternehmen berücksichtigt“, zitiert der Spiegel. Sollten Unternehmen abweichende Interessen haben oder sich einem Interessenkonflikt ausgesetzt sehen, stünde ihnen die Vollversammlung zur Verfügung, um die bestehenden Probleme anzusprechen.

Tina Plewinski

Tina Plewinski

Expert/in für: Amazon

Veröffentlicht: 03.08.2017
img Letzte Aktualisierung: 03.08.2017
Lesezeit: ca. 2 Min.
Artikel weiterempfehlen
KOMMENTARE
10 Kommentare
Kommentar schreiben

Torsten
08.08.2017

Antworten

Trotz allen Ärgers über die IHK kann ich das Urteil nachvollziehen, denn Hamburg hat es ja vorgemacht: Man kann auch demokratisch "gegen die IHK vorgehen" und, wenn die Abschaffung der Pflichtmitglied schaft nicht möglich ist, die Beiträge "nullen" - und so das Beitragsärgerni s eingrenzen oder die IHK in ihrer Handlungsfähigk eit soweit einschränken, dass die Abschaffung nur noch eine Frage der Zeit ist.

Dafür muss man aber auch von seinem Wahlrecht, wie auch bei allen anderen Dingen, Gebrauch machen, statt immer nur zu Nörgeln! Gerade durch die ohnehin geringe Wahlbeteiligung bei den IHK Wahlen kann man hier wirklich was bewegen.

Nur so: www.die-kammer-sind-wir.de/ sowie www.bffk.de/.
Fragaria
05.08.2017

Antworten

IHK ist so ziemlich die sinnloseste Institution die ich kenne.

Beispiel: Ich wollte vor in paar Jahren Informationen zu einem Export. Antwort der IHK: Keine Ahnung, fragen Sie bei der Botschaft nach.

Beispiel: Förderungen. Auf der Website wurde mit Beratungen etc geworben (kostenlose Beratungen). Umfang der Beratung: "Es gibt Förderungen, schauen Sie im Förderkatalog (müssen Sie mal bei Google suchen) und wenden Sie sich an die KFW".

Das einzige was die IHK kann ist Geld einnehmen, Geld ausgeben und Verantwortung von sich weisen.

Einen Mehrwert bietet dieses Relikt des letzten Jahrundert nicht.

Das Geld das wir denen in den Rachen schieben, könnte sinnvoller genutzt werden.
Oliver
04.08.2017

Antworten

Ich habe mir gerne die Kommentare durchgelesen, komisch, keiner dabei, der sagt, die IHK ist wichtig und nützlich.....
Ja wir sind seit 21 Jahren selbstständig, ich kann mich nicht erinnern, das wir diese jemals gebraucht hätten, wofür auch ?
Da macht die GEZ ja noch mehr Sinn, da kann man wenigstens was für sehen im Fernsehen (auch wenn das Programm Geschmackssache ist :-)
IHK ist auch wieder mal ein Laden der völlig......... .ich lass die Worte lieber bevor es noch Stress gibt.
Ist schon echt finster das man zu etwas gezwungen und drangsaliert wird die IHK mit dem hart verdienten Geld zu unterstützen.
Da so etwas nicht freiwillig statt findet ist eine Schande.
Aber wahrscheinlich hätten die dann nur eine kleine Hand voll Mitglieder....
und mit wenig Mitgliedern kann sich keiner die Taschen voll machen !?
So ist das hier in unserem wunderschönen Land halt.....:-)))
Meld ein Gewerbe an, und der Spaß beginnt.
Tilo
04.08.2017

Antworten

War ja zu erwarten... bloß nichts am "bewährten" System ändern! In all den Jahren, in denen ich ZWANGSmitglied dieser IHK bin, hat diese noch nicht einmal auch nur einen Handschlag für mich getan. Ich "freue" mich aber, mit meinen Beiträgen den ganzen bürokratischen Wasserkopf dieser Institution auch weiterhin mitfinanzieren zu "dürfen". Mehr ist zu diesem Urteil nicht zu sagen. "Im Namen des Volkes".... wieder mal ein Witz!
Joachim
04.08.2017

Antworten

Auch wir, wie vermutlich 90% aller IHK Mitglieder brauchen die IHK nicht! Letztes Jahr eine neue GmbH & Co KG gegründet > 2 Rechtsformen > 2 Beiträge!! Kopfschütteln im Quadrat!!

Es müssten viel mehr Regionen solche Initiativen starten!!

www.die-kammer-sind-wir.de/
happyman
04.08.2017

Antworten

Um etwas am System der zwangfinanziert en Vereine zu ändern, sollte sich wohl jeder Selbstständige, Unternehmer ec. einmal die Mühe machen eine entsprechende Klage anzustreben. Vielleicht bekommt ja dann das ein oder andere Gericht die nötige Einsicht bevor es in dem Wust an Klagen erstickt. Wenn ich mich recht erinnere habe ich heute morgen im zwangsfinanzier ten ÖR gehört, dass jetzt auch in Deutschland Sammelklagen zugelassen werden.
happyman
04.08.2017

Antworten

Hier können wir dem Kommentar von Eikamp nur zustimmen. Auch wir haben die IHK niemals in Anspruch genommen und könnten auf deren Dasein gerne verzichten. Im übrigen frage ich mich gerade worauf das Gericht die Behauptung... „die Voraussetzungen dafür geschaffen werden, ein Gesamtinteresse zu ermitteln, das tatsächlich alle Betriebe und Unternehmen berücksichtigt“ ... überhaupt stützt. Hat das Selbige zuvor eine Befragung unter Selbstständigen und Gewerbetreibend en durchgeführt. Uns ist kaum ein Unternehmer bekannt der jemals IHK-Leistungen in Anspruch genommen hat. Und wer eine solche Leistung von der IHK benötigt könnte dafür ja auch gesondert etwas zahlen. Das Umlagezwangsver fahren der IHK ist mehr als fragwürdig.
Ulrich T.
04.08.2017

Antworten

Man zahlt für eine überflüssige Mitgliedschaft ohne Gegenleistung. Wenn man etwas braucht, kommt umgehend eine Rechnung. Es kostet nahezu alles zusätzlich. Und es wird ordentlich zugelangt. In diesem angeblich ja so freien Land kann man nicht wirklich viel frei wählen.....
Volker Schnabel
04.08.2017

Antworten

den Laden braucht keiner, ich hätte sie einmal gebraucht und da kam nichts......... .....die GEZ ist das gleiche das stimmt...Zwangs abgabe......... .....eines quasi Staatsbetriebes ...und der wird natürlich unterstützt und geschont ...... auch von den Gerichten...wei l Europa ist ja nun überall und die haben ja oft schon mehr zu sagen
E.Markwardt
04.08.2017

Antworten

Eine grundlegende Reformierung inkl. Anpassung der überflüssigen Pflichtmitglied schaft ist eigentlich lange überfällig. Die IHK steht den meisten kleinen Unternehmen eher im Weg und belastet diese nur finanziell ohne das auch nur der geringste Vorteil bestünde, es sind die unzähligen kleinen Unternehmen die diesen lächerlichen Verein tragen und bezahlen während nur die großen Unternehmen vorteile haben und vergleichsweise gut dastehen mit den Beiträgen. Das sich hier in absehbarer Zeit jedoch etwas ändern wird ist wohl eher zweifelhaft in unserem schönen deutschen Rechtssystem...