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Dürfen Online-Händler Abmahnungen künftig schreddern?

Veröffentlicht: 16.09.2020 | Geschrieben von: Sandra May | Letzte Aktualisierung: 16.09.2020
Drei weise Affen mit Hand auf Ohren, Augen, Mund

Das Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs sieht vor, dass Abmahnungen in bestimmten Fällen für den Abgemahnten – im ersten Schritt – kostenlos werden. Die Frage, ob diese Abmahnungen denn jetzt überhaupt noch beachtet werden müssen, ist da natürlich naheliegend.

Zuerst: Welche Abmahnungen sollen kein Geld mehr kosten?

Der Entwurf soll es künftig vor allem Mitbewerbern schwerer machen, aus dem Institut der wettbewerbsrechtlichen Abmahnungen ein Geschäftsmodell zu machen. Außerdem sollen – vor allem Online-Händler – nicht wegen Verstöße gegen Kennzeichnungs- und Informationspflichten teuer abgemahnt werden. Daher soll bei solchen Verstößen künftig der sogenannte Anspruch auf Aufwendungsersatz entfallen. Das bedeutet Folgendes:

Abmahnungen heute: Fügt ein Online-Händler den OS-Link ohne eine entsprechende Verlinkung zur Online-Streitbeilegungsstelle der EU ein, kann ein Mitbewerber ihn abmahnen. Für diese Abmahnung darf er direkt einen Anwalt beauftragen. Die Kosten für diesen Anwalt (auch Abmahngebühren genannt) kann er direkt beim Abgemahnten in Rechnung stellen. Solche Abmahnungen können schnell zwischen 500 und 1.000 Euro kosten. 

Abmahnungen in Zukunft: Der gleiche Händler bekommt nun ebenfalls wieder eine Abmahnung von einem Anwalt. Diesmal allerdings ohne Gebührenrechnung. Da es sich bei dem OS-Link um eine Kennzeichnungs- und Informationspflicht handelt, darf der Abmahnende die Kosten für den Anwalt nicht mehr auf den Abgemahnten übertragen und muss sie selber tragen.

Das Gesetz lässt allerdings offen, welche Verstöße genau künftig „kostenlos“ sein sollen. Gemeint sind sehr wahrscheinlich Bagatellen, die so gesehen keinen Schaden verursachen. Wo die Grenze gezogen wird, müssen erst noch die Gerichte klären. Verbände hingegen dürfen wie bisher für ihre Abmahnungen eine Aufwandsentschädigung verlangen. 

Keine Kosten, keinen Ärger?

Ignoriert werden darf so eine kostenlose Abmahnung aber dennoch nicht. Wie bisher wird der Abmahner erwarten, dass der Abgemahnte innerhalb einer bestimmten Frist reagiert und eine Unterlassungserklärung abgibt. Wer diese Frist ohne eine Reaktion verstreichen lässt, riskiert ein noch teureres Verfahren. In so einem Fall kann sich der Konkurrent nämlich direkt an ein Gericht wenden und eine einstweilige Verfügung beantragen. Die Kosten für diese Verfügung muss der Abgemahnte tragen. Schließlich hat er es durch sein Schweigen erst so weit kommen lassen. 

Weitere Fragen und Antworten rund um das Thema „Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs“ gibt es hier im FAQ des Händlerbundes.

Über die Autorin

Sandra May
Sandra May Expertin für: IT- und Strafrecht

Sandra schreibt seit September 2018 als juristische Expertin für OnlinehändlerNews. Bereits im Studium spezialisierte sie sich auf den Bereich des Wettbewerbs- und Urheberrechts. Nach dem Abschluss ihres Referendariats wagte sie den eher unklassischen Sprung in den Journalismus. Juristische Sachverhalte anschaulich und für Laien verständlich zu erklären, ist genau ihr Ding.

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Kommentare  

#7 Klaus Klaus 2021-04-14 17:25
Na endlich passiert da einmal etwas, aber ich wette zu 100% das es nicht zur Genüge beschlossen wird.
Die größten Wirtschaftslobb yisten sitzen ja im Parlament.
Das Gesetz dazu wurde doch schon vor 5 Jahren zur Beratung ins Parlament eingereicht von der SPD.
Wurde aber von der CDU verhindert, nun ratet mal, wer von der Wirtschaft im Parlament abhängig ist?
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#6 Jörg Faß 2020-09-24 09:01
Ich erwarte das Gesetz mit Spannung. Ob es in die richtige Richtung geht oder ob Gesetze defacto abgeschafft wird sich zeigen.

Ich hoffe ja weiterhin das Gesetzesverstöß e weiterhin abgemahnt wrden dürfen. Ich selbst hatte dieses Jahr 2 Abmahnung ausgesprochen, zuerst 105 Verstöße und 2 Monate später 294 Verstöße.
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#5 Sebastian 2020-09-20 13:22
Ich finde auch, dass es endlich mal in die richtige Richtung geht. Das ist positiv!

Und eine Aufwandentschäd igung bei Verbänden ist ja nur, wie der Name schon sagt, Entschädigung für den entstandenen Aufwand.
Diese Kosten sind sehr gering, im Gegensatz zu teuren Anwaltskosten.
Meist werden diese Kosten noch geteilt, weil die Verbände ja meist mehrere Händler gleichzeitig abmahnen.
Außerdem sind diese Kosten auf Anfrage nachzuweisen.

In unserem Freundes- und Bekanntenkreis ist aufgefallen, dass immer mehr Menschen in der heutigen Zeit alle Entscheidungen, Verordnungen und Gesetze nur noch als Angriff sehen, gegen den sie sich verteidigen müssen. Sie meckern nur noch rum, suchen andere Fehler, dramatisieren alles und weichen somit in ihren Kommentaren stark vom eigentlichen Thema ab. Und das schlimmste Übel dabei: sie glauben das sogar, was sie kundtun. Und dabei machen sie sich lächerlich.
Das sollte mann auch abmahnen können! :) :) :)

Danke Händlerbund, für Deine regelmäßigen Informationen! Ich bin darüber froh, auch wenn ein Thema mehrmals zur Sprache kommt. Manchmal überliest man etwas oder es kommt ein anderes wichtiges Detail dazu. Ich fühle mich gut informiert durch Euch!
Man muss ja nicht jedesmal seine Standpunkte kundtun, zumal auch häufig unqualifizierte r Frust dabei ist.
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#4 Markus 2020-09-17 08:38
Wenn man weiß, wie viele der Bundestagsleute selber Juristen etc. sind kann sich über die Ausgrenzung des schlimmsten Übels nicht wundern. Keine Krähe hackt der anderen ein Auge aus. Die Abzocke geht weiter...
Am Ende übernehmen nach und nach die China Händler die Geschäfte, die kümmert das alles nicht.
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#3 BrainBug 2020-09-16 18:40
"Verbände hingegen dürfen wie bisher für ihre Abmahnungen eine Aufwandsentschä digung verlangen."
Wie lächerlich ist das denn?
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#2 Online-Händler 2020-09-16 17:41
Das Gesetz geht in die richtige Richtung. Schade aber, dass das Gesetz die klassischen "Abmahnverbände " ausklammert. Diese Verbände akquirieren Ihre Mitglieder primär durch Abmahnungen bzw. die Schonung davor und machen damit richtig gute Umsätze und uns Online-Händlern das Leben extrem schwer. Unfair auch: Die Verbände selbst stehen in keinem Wettbewerbsverh ältnis und können somit faktisch nie selber abgemahnt werden.
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#1 Heidemann 2020-09-16 15:31
was man bei Euch auch mal abmahnen müsste:
das Ihr dasselbe Thema im Monat 5x aufrollt (manche noch öfter), und damit alle vielleicht schon stattgefundenen Diskussionen abschnürt.
wer dann noch Lust hat - fängt dann wieder von vorn an - Argumente für dies und das zu bringen.
speziell Abmahnungen - würde ich als Bundespräsident ,Oberkanzler und Philantrop verbieten !
...
seltsamerweise gibt es für Raub ,Totschlag und Mord Gesetze ohne Ende.
für die heutige Wegelagerei ,Raubrittertum und Piraterie in Form von Abmahnungen und (angeblichen "Schutz-Gesetze n") die nur darauf zielen ,aus den Fehlern anderer Kapital zu schlagen - arbeitet die Regierung anscheinend auf Hochtouren ,um den Schein zu erzeugen - das Sie etwas dagegen macht.Eigentlic h ist es sogar noch schlimmer - wer jetzt den Mut aufbringt, sich zu wehren - wird dann am Ende auf Deutsche Richter treffen ---- dann wohl besser Lotto spielen.
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