Dreist oder berechtigt?

Kundin verlangt Widerrufsrecht für selbst zusammengestellten Kunstdruck

Veröffentlicht: 13.01.2023 | Geschrieben von: Sandra May | Letzte Aktualisierung: 13.01.2023
Modernes skandinavisches Wohnzimmerinnere mit schwarzem Posterrahmen
In unserer neuen Reihe „Dreist oder berechtigt“ nehmen wir Forderungen und Fragen von Verbrauchern, Kunden und Arbeitnehmern unter die Lupe.

 

Wieder hat uns ein Leser von einem Konflikt mit einer Kundin berichtet: Diesmal ging es um einen Kunstdruck. Bei dem Händler konnte die Kundin aus einer Reihe von Motiven ein Motiv in einer beliebigen Größe auf Leinwand, Papier oder Acryl drucken lassen. Als sie das Produkt erhielt, war sie unzufrieden und erklärte per E-Mail ihren Widerruf. Der Händler lehnte diesen ab, da es sich um ein individuelles Produkt handeln würde. Die Kundin behaart aber weiterhin auf den Widerruf und möchte auch ein Retourenlabel. Zu Recht?

Grundsatz: Nicht jeder Kundenwunsch ist eine Individualisierung

Im Alltag nehmen wir das Wort „individuell“ schnell in den Mund. Rein rechtlich gesehen ist aber nicht jedes „individuell zusammengestellte Produkt“ auch tatsächlich eine Individualisierung. Wo also beginnt die für das Widerrufsrecht relevante Individualisierung?

Schauen wir uns mal an, worum es überhaupt geht: Es geht im Kern darum, die Unternehmen davor zu schützen, ein Produkt zurücknehmen zu müssen, welches aufgrund einer Individualisierung nicht weiter verkäuflich ist. 

Das ist beispielsweise dann der Fall, wenn Familienfotos auf Kissen gedruckt wurden oder Namen auf Kinderbodys. Sobald es also um etwas Persönliches geht, greift also in aller Regel der Ausschluss des Widerrufsrechts. Das gilt auch für Kleidungsstücke, die anhand der Maße einer Person gefertigt wurden; nicht jedoch, wenn die Kundschaft einfach nur aus vorkonfektionierten Größen auswählt und das Kleidungsstück dann in die Herstellung geht. 

Fazit: Widerruf muss akzeptiert werden

Kommen wir zurück zum Fall: Die Kundin hat sich ein Bild aus dem Katalog des Händlers ausgesucht und dieses in einer frei wählbaren Größe auf Leinwand drucken lassen. Dabei handelt es sich um keine echte Individualisierung. Der Händler kann das Bild nämlich als fertiges Produkt in seinem Shop weiterverkaufen. Hätte die Kundin stattdessen ein Familienfoto drucken lassen, sähe die Sache schon ganz anders aus. 

 

Die Forderung der Kundin ist in diesem Fall also nicht dreist, sondern berechtigt. Lediglich die Forderung nach einem Retourenlabel könnte als dreist bezeichnet werden. Diesen Anspruch gibt es nämlich nicht.

Über die Autorin

Sandra May
Sandra May Expertin für: IT- und Strafrecht

Sandra schreibt seit September 2018 als juristische Expertin für OnlinehändlerNews. Bereits im Studium spezialisierte sie sich auf den Bereich des Wettbewerbs- und Urheberrechts. Nach dem Abschluss ihres Referendariats wagte sie den eher unklassischen Sprung in den Journalismus. Juristische Sachverhalte anschaulich und für Laien verständlich zu erklären, ist genau ihr Ding.

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