„Dreist oder berechtigt“

Käufer will zu viel gelieferte Ware behalten

Veröffentlicht: 02.03.2023 | Geschrieben von: Sandra May | Letzte Aktualisierung: 02.03.2023
Mann trägt einen Stabel Kartons
In unserer neuen Reihe „Dreist oder berechtigt“ nehmen wir Forderungen und Fragen von Verbrauchern, Kunden und Arbeitnehmern unter die Lupe.

 

Einmal nicht richtig hingeschaut, schon landet ein Produkt zu viel im Versandkarton. So erging es auch einem unserer kleinen Händler in dieser Woche: Ein Kunde bestellte eine Dekoschale für rund 30 Euro; beim Packen passierte allerdings ein Fehler und es landeten zwei im Paket. Das Missgeschick fiel relativ schnell auf, denn der siegessichere Kunde bedankte sich in einer Rezension für die kostenlose Beigabe. 

Der Händler reagierte sofort und stellte den Kunden vor die Wahl: Er soll den zu viel gelieferten Teller entweder zurückschicken oder aber den Kaufpreis bezahlen. Der Kunde weigert sich allerdings vehement. Ist ja schließlich nicht sein Problem, oder etwa doch?

Grundsatz: Zu viel gelieferte Ware ist keine Schenkung

Was eine zu viel gelieferte Ware rechtlich konkret darstellt, ist nicht abschließend geklärt. Bei einem solchen Fehler könnte es sich, wie etwa bei der Lieferung von zu wenig Ware, um einen Mangel handeln. Eine gesetzliche Regelung dazu gibt es jedenfalls nicht.

Was aber sicher ist: Die zu viel gelieferte Ware ist keine Schenkung. Damit es eine Schenkung wird, muss der Schenker nämlich auch den Willen haben, jemandem etwas ohne Gegenleistung zu überlassen. Diese Voraussetzung ist aber gerade nicht erfüllt, wenn ein Produkt aus Versehen zu viel oder aufgrund eines EDV-Fehlers im Paket landet.

In so einem Fall bleibt das verkaufende Unternehmen Eigentümer und kann die Herausgabe der Sache verlangen. Zwar darf er dem Käufer die Versandkosten für die Retour nicht auferlegen, immerhin kann der Käufer noch weniger für die Situation; allerdings darf schon erwartet werden, dass der Kunde die Ware auf Verlangen auch wirklich zurücksendet und nicht etwa auf eine Abholung besteht. 

Fazit: Kunde darf Ware nicht für lau behalten

Für unseren Eingangsfall ist die Sache damit klar: Der Kunde liegt falsch. Er darf nicht einfach unterstellen, dass es sich bei der zu viel gelieferten Dekoschale um ein Werbegeschenk handelt. Insbesondere bei einem höheren Stückpreis hätte ihm von Anfang an klar sein müssen, dass es sich um ein Versehen handelt. Sein Wunsch, die Ware kostenlos einzubehalten, ist damit dreist und der Händler ist im Recht.

Über die Autorin

Sandra May
Sandra May Expertin für: IT- und Strafrecht

Sandra schreibt seit September 2018 als juristische Expertin für OnlinehändlerNews. Bereits im Studium spezialisierte sie sich auf den Bereich des Wettbewerbs- und Urheberrechts. Nach dem Abschluss ihres Referendariats wagte sie den eher unklassischen Sprung in den Journalismus. Juristische Sachverhalte anschaulich und für Laien verständlich zu erklären, ist genau ihr Ding.

Sie haben Fragen oder Anregungen?

Kontaktieren Sie Sandra May

Kommentare  

#1 Markus 2023-03-08 16:52
"Sein Wunsch, die Ware kostenlos einzubehalten, ist damit dreist und der Händler ist im Recht."
Ernsthaft? "Dreistigkeit des Wunsches" ist die rechtliche Dimension? Da hat sich das BGB seit meiner Ausbildung ja erheblich verändert.
Tatsächlich ist an diesem Vorgang nicht die juristische, sondern die gesellschaftlic he Dimension interessant. Diese Art der Mentalität ist weit verbreitet. Eine Auswirkung des Nanny-Staates.

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Antwort der Redaktion

Hallo Markus,

danke für deinen Hinweis.
Wunsch kann hier durchaus als Synonym für Forderung verstanden werden. Immerhin steht in der Schilderung des Sachverhaltes, dass sich der Kunde „vehement“ weigert.

Mit den besten Grüßen
die Redaktion
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