Wir wurden gefragt

Darf ich meine alte Unterlassungserklärung vom Ido nun schreddern?

Veröffentlicht: 13.06.2023 | Geschrieben von: Sandra May | Letzte Aktualisierung: 13.06.2023
Hand, die Papier in die Shredder legt

Durch das Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs hat unter anderem der Ido Verein seine Abmahnlegitimation verloren. Hintergrund ist die Liste der qualifizierten Wirtschaftsverbände: Nur Vereine, die auf dieser Liste stehen, dürfen wettbewerbsrechtliche Abmahnungen aussprechen. Da es der Ido nicht auf die Liste geschafft hat, darf er nicht mehr abmahnen. Was er allerdings weiterhin fleißig eintreibt, sind Vertragsstrafen. Aber: Darf er das eigentlich? Was sagt die Rechtsprechung dazu?

Die bindende Wirkung von Unterlassungserklärungen

Schauen wir uns erst einmal an, was eine Unterlassungserklärung ist: Bei einer wettbewerbsrechtlichen Abmahnung geht es darum, Verstöße gegen das Wettbewerbsrecht zu verfolgen. Durch Abmahnungen werden Unterlassungsansprüche geltend gemacht. Dabei lautet der Grundsatz: Wer schon einmal eine Regel gebrochen hat, wird es wieder tun. Daher ist eine Abmahnung immer auch mit der Abgabe einer Unterlassungserklärung verknüpft. Mit der Unterlassungserklärung wird in der Regel versprochen, den begangenen Verstoß nicht noch einmal zu wiederholen. Vom Bruch der Unterlassungserklärung soll eine vereinbarte Vertragsstrafe abhalten.

Bei der Unterlassungserklärung handelt es sich de facto um einen bindenden Vertrag – mit zeitlich unbegrenzter Wirkung in die Zukunft. Daher spricht der Ido zwar keine Abmahnungen mehr aus, fordert aber Vertragsstrafen ein, sollte gegen „alte“ Unterlassungserklärungen verstoßen worden sein.

Aus der Rechtsprechung: Ido darf keine Ordnungsgelder beantragen

Aber: Darf der Ido das? Erst kürzlich hat sich das OLG Hamm (Beschluss vom 15.05.2023, Az.: 4 W 32/22) damit beschäftigt, ob der Ido weiterhin Ordnungsgelder beantragen darf und festgestellt, dass der Verein das nicht darf. Allerdings sind Ordnungsmittel und Vertragsstrafen zwei vollkommen unterschiedliche Sachen. Wie der Weg zur Vertragsstrafe ist, wurde soeben erklärt. Bei einem Ordnungsgeld gibt es aber bereits eine andere Ausgangssituation: Nicht jede Person, die eine Abmahnung erhält, akzeptiert diese auch. Und das aus gutem Grund. Besteht der Ido aber auf seinen Unterlassungsanspruch und kommt es zu keiner Einigung mit der abgemahnten Person, kann es sein, dass das Verfahren vor Gericht landet. Sieht das Gericht ebenfalls einen Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht und erkennt die Abmahnung als legitim an, ergeht ein Unterlassungstitel (als Urteil oder im Wege einer einstweiligen Verfügung). Die Partei wird also per Gericht zur Unterlassung verpflichtet. Wird nun gegen die Gerichtsentscheidung verstoßen, kann der Ido die Verhängung eines Ordnungsgeldes beantragen. 

Genau das soll laut OLG Hamm durch den Wegfall der Abmahnbefugnis nicht mehr gehen. Gegen den Beschluss hat der Ido allerdings Rechtsmittel eingelegt.

Fazit: Noch keine Rechtsprechung zu Vertragsstrafen

Zur Geltendmachung von Vertragsstrafen hat das OLG Hamm allerdings nichts gesagt. Für den Fall spielt diese Frage einfach keine Rolle. Aktuell gibt es also noch keine Rechtsprechung zu dem Thema. Das Urteil lässt sich auch nicht ohne Weiteres auf Unterlassungserklärungen übertragen: Während bei Ordnungsgeldern eine Entscheidung eines Gerichts die Grundlage bietet, stellt eine Unterlassungserklärung eine außergerichtliche Einigung zwischen zwei Parteien dar. 

Über die Autorin

Sandra May
Sandra May Expertin für: IT- und Strafrecht

Sandra schreibt seit September 2018 als juristische Expertin für OnlinehändlerNews. Bereits im Studium spezialisierte sie sich auf den Bereich des Wettbewerbs- und Urheberrechts. Nach dem Abschluss ihres Referendariats wagte sie den eher unklassischen Sprung in den Journalismus. Juristische Sachverhalte anschaulich und für Laien verständlich zu erklären, ist genau ihr Ding.

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