Wir wurden gefragt

Gibt es ein Widerrufsrecht für Produkte mit geringer Nachfrage?

Veröffentlicht: 06.09.2023 | Geschrieben von: Sandra May | Letzte Aktualisierung: 06.09.2023
Geschäftsmann auf unscharfem Hintergrund, der handgezeichnete Fragezeichen in der Hand hält

Hin und wieder kommt es vor, dass sich die Kundschaft an ein Unternehmen wendet, weil das Wunschprodukt nicht im Online-Shop gelistet ist. Kennt das Unternehmen einen entsprechenden Zulieferer, so kommt es auch vor, dass der Kundenwunsch erfüllt wird. Aber: Was ist mit dem Widerrufsrecht? Immerhin kann der Händler die retournierte Ware in vielen Fällen nicht einfach so an den Zulieferer zurückgeben. Ein Weiterverkauf ist zwar möglich, aber auch hier muss sich erst einmal jemand finden, der ein Produkt mit kaum vorhandener Nachfrage will. Entsprechend stellt sich die Frage, ob in solchen Fällen ein Widerrufsrecht ausgeschlossen werden kann.

Ausschluss in fest definierten Fällen

Das Gesetz sieht tatsächlich vor, dass das Widerrufsrecht in bestimmten Fällen ausgeschlossen werden kann. Da es sich um Ausnahmen handelt, ist der Rahmen entsprechend streng. Beispielsweise kann ein Widerruf bei verderblicher Ware ausgeschlossen werden. Eine weitere Ausnahme besteht für nach Kundenwünschen gefertigte Ware. Nun könnte man auf den Gedanken kommen, dass der beschriebene Fall unter diese Ausnahme fällt: Immerhin wurde extra für die Kundschaft ein Produkt beschafft, was sonst nicht nachgefragt wurde.

Mit dieser Argumentation hat mal allerdings keinen Erfolg: Die Ausnahme meint tatsächlich individuell gefertigte Ware. Produkte, die quasi von der Stange kommen, sind damit per Definition schon mal nicht gemeint. Andere Ausnahmen passen ebenfalls nicht.

Risiken mit einkalkulieren

Damit kann in dem beschriebenen Fall das Widerrufsrecht nicht ausgeschlossen werden. Dass es sich um eine Sonderbestellung handelt und das Produkt keine weitere Nachfrage hat, ist irrelevant. Unternehmen müssen daher das Risiko des Widerrufs beim B2C-Kauf mit einkalkulieren – oder den Kundenwunsch höflich ablehnen.

Über die Autorin

Sandra May
Sandra May Expertin für: IT- und Strafrecht

Sandra schreibt seit September 2018 als juristische Expertin für OnlinehändlerNews. Bereits im Studium spezialisierte sie sich auf den Bereich des Wettbewerbs- und Urheberrechts. Nach dem Abschluss ihres Referendariats wagte sie den eher unklassischen Sprung in den Journalismus. Juristische Sachverhalte anschaulich und für Laien verständlich zu erklären, ist genau ihr Ding.

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Kommentare  

#2 peter 2023-09-07 12:12
Liebe Redaktion,

vielen Dank für Ihre schnelle Antwort.
In meiner oben stehenden Frage meinte ich mit "Angebot" NICHT die Artikelbeschrei bung im online-Shop.
Statt dessen: Wenn ein Kunde z.B per Mail anfragt, ob wir den Artikel XY vom Hersteller Z organisieren können.
Dann bekommt er ein Angebot (mit Preis und Lieferzeit und Hinweis darauf, dass es kein Widerrufsrecht gibt, weil der Artikel nicht im Programm ist) und der Kunde schreibt zurück, dass er damit einverstanden ist.
Dann wird der Artikel 1x für diesen Kunden geordert und versandt.

Sie schreiben ja: der "Ausschluss des Widerrufsrechts ist wirklich nur in den gesetzlichen Grenzen erlaubt"
Das Gesetz erlaubt ja genau den Ausschluss des Widerrufrechts bei "Waren, die nicht vorgefertigt sind und für deren Herstellung eine individuelle Auswahl oder Bestimmung durch den Verbraucher maßgeblich" ist.

Wie kann der oben geschilderte Fall keine "individuelle Auswahl" sein...?

Freu mich auf Ihre Antwort.
Danke.
Schöne Grüße!
Peter

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Antwort der Redaktion

Hallo Peter,

wir hatten deine Frage genauso verstanden. Wenn ein Produkt extra bestellt wurde, heißt das ja nicht, dass es extra nach Kundenwünschen angefertigt wurde. Entsprechend ist eine Sonderbestellun g für ein Produkt von der Stange schon per Definition kein individuelles Produkt. Ausschlaggebend es Kriterium ist die Frage, ob das Produkt nach einem Wiederruf weiterverkauft werden kann.

Mit der Ausnahme sind Fälle gemeint, in denen Produkte nach der Bestellung gefertigt wurden, wobei persönlich-indi viduelle Entscheidungen des Kunden eingeflossen sind. Unterm Strich muss es sich bei dem Produkt um ein Unikat handeln, was sich eben nicht für den Weiterverkauf eignet.

Entsprechend kann auch in dem geschilderten Fall das Widerrufsrecht nicht ausgeschlossen werden. Das gilt auch dann, wenn ein individuelles Angebot erstellt wurde und der Kunde schriftlich dem Ausschluss zustimmt.

Mit den besten Grüßen
die Redaktion
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#1 peter 2023-09-06 16:11
Hallo Frau May,

wie sieht es denn aus, wenn der Kunde vor dem Kauf (z.B. in einem Angebot) darauf hingewiesen wird, dass es kein Widerrufsrecht auf diesen extra bestellten/gefe rtigten Artikel gibt?
Also nicht nur in den AGB, sondern explizit im Angebot und der Kunde sich einverstanden erklärt?

Danke.
Grüße!
Peter

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Antwort der Redaktion

Hallo Peter,

der Ausschluss des Widerrufsrechts ist wirklich nur in den gesetzlichen Grenzen erlaubt. Die Kundschaft kann nicht individuell auf ihren Widerruf verzichten. Entsprechend wäre diese Lösung sogar ein Abmahngrund.

Mit den besten Grüßen
die Redaktion
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