Dreist oder berechtigt?

Trotz Unterschrift: Kunde behauptet, Paket sei nicht angekommen

Veröffentlicht: 27.03.2024 | Geschrieben von: Sandra May | Letzte Aktualisierung: 27.03.2024
In einem Paketshop steht ein Verkäufer ratlos hinter dem Tresen. Ein Kunde hält ihm einen kleinen Zettel hin. Im Hintergrund sind Regale mit Paketen in verschiedenen Größen.
In unserer Reihe „Dreist oder berechtigt?“ nehmen wir Forderungen und Fragen von Verbraucher:innen, der Kundschaft und Beschäftigten unter die Lupe.

In dieser Woche geht es um einen Fall, der so manchem Versandunternehmen vertraut sein dürfte: Ein Kunde bestellt in einem Shop ein Produkt. Dieses wird als Paket losgeschickt und im Paketshop angegeben. Laut Sendungsverfolgung wurde es auch abgeholt. Die Abholung wurde mittels Unterschrift quittiert. Nun behauptet der Kunde aber, dass er das Paket nicht abholen konnte, da es nicht im Paketshop gewesen sei. Er fordert den Shopbetreiber zur Rückzahlung des Kaufpreises auf. Zu Recht?

Grundsatz: Wer den Beweis führen muss

Grundsätzlich muss die Partei die Tatsachen beweisen, die für sie günstig sind. Da beim B2C-Kaufvertrag das verkaufende Unternehmen das sogenannte Transportrisiko trägt, tritt die Vertragserfüllung erst dann ein, wenn die Ware tatsächlich zugestellt wurde. Behauptet die Kundschaft, die Ware sei nicht angekommen, so stellt sie also rechtlich gesehen die Vertragserfüllung infrage. Für den Verkäufer oder die Verkäuferin ist es natürlich günstig, wenn geliefert wurde, da dann der Vertrag erfüllt wäre und der Erfüllungsanspruch nicht mehr im Raum steht.

Wie aber soll beispielsweise eine Händlerin aus Bayern beweisen, dass ihr Produkt an den Kunden auf Usedom zugestellt wurde? Im Zweifel kann lediglich die Übergabe an das Versandunternehmen belegt werden. Es ist also knifflig.

Fazit: Im Zweifel für den Kunden?

Was bedeutet das nun für unseren Fall? Der Shop kann beim Versanddienstleister den Beleg anfordern und schauen, ob und wie die Abholung quittiert wurde. Allerdings ist so eine Unterschrift zuweilen nicht sehr aussagekräftig: Sie ist oft kaum lesbar. Auch auf den Umstand, dass bei der Abholung eigentlich der Personalausweis zum Abgleich vorgezeigt werden muss, dürfen sich Händler:innen nicht zu einhundert Prozent verlassen, denn: Auch im Paketshop kann es mal zu Fehlern kommen. Mit etwas Glück kann sich möglicherweise der Mitarbeitende noch an den Kunden erinnern, der sein Paket abholen wollte und enttäuscht feststellen musste, dass die Ware nicht mehr da ist. 

Im Zweifel muss man wohl auf die Ehrlichkeit des Kunden vertrauen. Dabei darf nicht vergessen werden: Auch dieser befindet sich in einer echten Zwickmühle, da er sehr genau weiß, dass er nicht belegen kann, dass er das Paket nicht bekommen hat. Laut den Beweisregeln muss er das aber auch nicht. Gehen wir also davon aus, dass der Kunde in diesem Fall ehrlich war, dann ist seine Forderung berechtigt. 

Über die Autorin

Sandra May
Sandra May Expertin für: IT- und Strafrecht

Sandra schreibt seit September 2018 als juristische Expertin für OnlinehändlerNews. Bereits im Studium spezialisierte sie sich auf den Bereich des Wettbewerbs- und Urheberrechts. Nach dem Abschluss ihres Referendariats wagte sie den eher unklassischen Sprung in den Journalismus. Juristische Sachverhalte anschaulich und für Laien verständlich zu erklären, ist genau ihr Ding.

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Kommentare  

#5 Drago 2024-04-04 14:34
Genau, die Schlampigkeit und ausbleibende Vertragserfüllu ng des Transporteurs wie DHL usw. die ist primär verantwortlich. Denn wenn deren Fahrer den Perso verlangen würden und auf deren albernen Geräten eine Unterschrift vernünftig gelistet werden könnte (was aber rechtswirksam technisch nicht gehen kann, da keine Druckkräfte wie bei einem analogen Stift möglich sind) und oft ein Nachbar, Ehemann usw. annimmt und die Fahrer keine Zeit für sonen Flickflack haben ...

Sekundär ist es aber die Verlogenheit von den ganzen Assikunden und den Rücklieferfetis chisten, die zur Begutachtung der Jeans und Anprobe alles ohne eigene Kosten zurücksenden wollen. So kommt es ja auch dass der Handel im Westen sich sowas überhaupt leisten kann und die Asiaten mit Hungerlöhnen für ein mehr oder minder gutes Produkt abgespeist werden, EK 1 Euro, VK 20 Euro, 10 Euro für Werbung, Versand zum Endverbraucher, 5 Euro für Rücksendungen und der Rest für Steuern.

Kackprinzip.

Und unsere Politiker machen mal wieder nichts. warum? Weil sie zu doof sind. Und die Juristen trotteln willführig hinterher, reissen alles hinter sich ein, was Sitte, Anstand und Logik gebietet und kassieren dafür noch nen Haufen Geld im vergleich zum Plebejer, der alles wieder auszubaden hat mit erhöhten Preisen.
Tut mir leid, aber man darf die Schuldigen nicht oft genug anprangern und so hart rannehmen, wie sie es mit anderen machen.

Da lobe ich Menschen wie Schubert (s.o.), der ne pfiffige Lösung parat hat.
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#4 Schubert 2024-04-04 08:34
Bei uns sind ca. 90 % aller Beschwerden Betrug. Es wird immer behauptet das Paket sei nicht angekommen. Wir prüfen dann die GPS Daten des Zustellers und können dann dem Kunden mitteilen ob der Fahrer vor Ort war. Fast immer ruft dann der Kunde an und teilt mit, dass das Paket gefunden wurde. So gehts also auch ...
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#3 Egal 2024-03-28 16:18
Also wenn ich alle Verbraucherrech te kombiniere, komme ich zu einem eindeutigen Ergebnis! Schluß, Ende, Aus! Auf diesen Bericht bezogen, kann ein Händler faktisch nie nachweisen das er seinen Vertrag erfüllt hat! Der Käufer kann ja offensichtlich IMMER behaupten das er eine Sendung nicht erhalten hat. Und dabei kann er sich ja auch noch alle Zeit der Welt lassen, auch wenn er sich entschließt die Sendung erst in ein paar Monaten aufzumachen. Fazit: Online-Handel ist wie Russisches Roulette! Hoffen das der Kunde ehrlich ist, wenn nicht ist der Händler immer der Dumme! Warum also tun wir das noch?
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#2 ebay Kritiker 2024-03-28 08:30
Mir ist es tatsächlich schon als Empfänger passiert, dass der Absender darauf hingewiesen hat, dass das Paket zugestellt sei. Unterschrift sollte mein Vorname sein.
Tatsächlich war an dem Tag und zu der Uhrzeit niemand anwesend. Am nächsten Tag stand der Fahrer vor der Tür und drückte mir kommentarlos das Paket in die Hand.
Manche Fahrer unter eledendem Zeitdruck greifen offenbar zu solchen Mitteln, wenn sie ihr Pensum nicht schaffen.
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#1 Sylvia 2024-03-28 08:21
Eine Unterschrift sagt ist nicht zwangsläuftig der Beweis, dass der Kunde das Paket tatsächlich erhalten hat. Mir ist es selbst schon passiert, dass der Fahrer das Paket einfach draußen auf das Fensterbrett gestellt hat und selbst in meinem Namen unterschrieben hat. Quasi Urkundenfälschu ng. Der Vorfall wurde von der Polizei aufgenommen.
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