Gegen Lebensmittelverschwendung

HelloFresh will das Mindesthaltbarkeitsdatum abschaffen

Veröffentlicht: 29.06.2023 | Geschrieben von: Hanna Behn | Letzte Aktualisierung: 29.06.2023
Hello Fresh Logo auf Smartphone und Website im Hintergrund

Der Kochboxen-Anbieter HelloFresh ist der Überzeugung, dass eine neue Kennzeichnung zur Haltbarkeit von Lebensmitteln dabei helfen könnte, dass weniger Nahrung entsorgt wird. Statt des Verbrauchs- und Mindesthaltbarkeitsdatums sei es dem Unternehmen zufolge nun Zeit für ein neues System, das Lebensmittelverschwendung entgegenwirken solle. Für eine solch umfassende Veränderung braucht es jedoch regulatorische Maßnahmen auf EU-Ebene – und für diese macht sich das Unternehmen aktuell stark.

Um zu zeigen, dass auch die Bevölkerung dafür bereit sei, führte HelloFresh mit dem Marktforschungsunternehmen Kantar kürzlich eine Umfrage unter 7.500 Personen, darunter 1.500 aus Deutschland, durch. Demnach werfen 44 Prozent der Befragten hierzulande mindestens ein-  bis zweimal im Monat Essen weg, fast jede:r Achte folge dafür den Hinweisen auf der Verpackung. Vier von zehn Deutschen glauben nicht, dass das Mindesthaltbarkeitsdatum zu weniger Verschwendung beitrage, drei Viertel seien gar der Ansicht, das System sei veraltet – 87 Prozent wären für neue Lösungen offen. Über die Hälfte (57,3 Prozent) glaubt außerdem, dass viele Menschen nicht wissen, wie mit den Verzehrempfehlungen auf der Verpackung umzugehen sei, weshalb mehr Lebensmittel im Müll landen. Die Verantwortung dafür sehen knapp 50 Prozent der Befragten auch bei sich, mehr Aufklärung würde sechs von zehn Leuten helfen. 71 Prozent sehen die Politik in Teilen für eine Veränderung verantwortlich.

HelloFresh plädiert für Zeit-Temperatur-Indikator als neues System

Statt des Mindesthaltbarkeitsdatums ist aus Sicht von HelloFresh der sogenannte Zeit-Temperatur-Indikator eben diese Lösung. Ein Zeit-Temperatur-Indikator befindet sich direkt auf der Verpackung des jeweiligen Lebensmittels. Die intelligente Anzeige bzw. kleine Apparatur visualisiert die Haltbarkeit eines Produkts in Echtzeit, unter Berücksichtigung der Lager- oder Temperaturbedingungen.

Beispielbild für einen Zeit-Temperatur-Indikator von Keep-It | Bild: Keep-It Technologies / HelloFresh SE

Für einen Testlauf des Systems in der Praxis startete der Kochbox-Anbieter 2021 eine Kooperation mit der norwegischen Firma Keep-it Technologies. In einer gemeinsamen Studie mit dem Thünen-Institut im Rahmen einer Initiative des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) wurde die Haltbarkeitsanzeige von Keep-It mit 1.500 Kund:innen ausprobiert. Das Ergebnis: Die Anzeige sei von den Beteiligten intuitiv verstanden worden und es sei so möglich, 15 Prozent weniger Lebensmittel zu verschwenden.  

Neben Keep-It hat sich HelloFresh mit weiteren Unternehmen, Verbänden und wissenschaftlichen Institutionen zusammengeschlossen. Sie verfassten im Dezember letzten Jahres zunächst einen gemeinsamen Brief an den Vizepräsidenten der Europäischen Kommission, Frans Timmermans. Im Mai dieses Jahres kam die Gruppe erstmals für ein Treffen zusammen. In den nächsten Monaten wolle man nun durch Gespräche mit nationalen und EU-Politiker:innen mehr Aufmerksamkeit für das neue Modell schaffen, heißt es.  

Selbstverpflichtung zur Reduktion von Lebensmittelabfällen

„Unsere Studie zeigt, dass Fisch und Fleisch am häufigsten aufgrund der Empfehlung auf der Verpackung weggeworfen werden. Genau diese Produkte wären die ersten, für die wir den Zeit-Temperatur-Indikator einsetzen möchten, um unsere Kund:innen bei der Rettung von Lebensmitteln zu unterstützen“, führt Tilman Eichstädt, COO Upstream bei HelloFresh SE, aus. „Während die EU gerade an einer Neuerung zum Haltbarkeitsdatum arbeitet, können nationale politische Entscheidungsträger:innen mit lokalen Pilotprojekten, wie sie bereits in den Niederlanden angestoßen wurden, einen Wandel hin zu einer smarten Haltbarkeitsanzeige herbeiführen. Davon profitieren Kund:innen, der Planet und Unternehmen.“ 

Für HelloFresh stehe die Bekämpfung von Lebensmittelverschwendung weit oben in der eigenen Nachhaltigkeitsstrategie. Gerade erst habe man auch gemeinsam mit dem BMEL den „Pakt gegen Lebensmittelverschwendung“ unterschrieben – eine Zielvereinbarung, die das Unternehmen in Zusammenarbeit mit Einzelhändlern im Rahmen des Nationalen Dialogforums entwickelt hat. Die Unterzeichnenden legen fest, dass sie die Lebensmittelabfälle bis 2025 um 30 Prozent und bis 2030 um 50 Prozent reduzieren wollen.

Über die Autorin

Hanna Behn
Hanna Behn Expertin für: Usability

Hanna fand Anfang 2019 ins Team der OnlinehändlerNews. Sie war mehrere Jahre journalistisch im Bereich Versicherungen unterwegs, dann entdeckte sie als Redakteurin für Ratgeber- und Produkttexte die E-Commerce-Branche für sich. Als Design-Liebhaberin und Germanistin hat sie nutzerfreundlich gestaltete Online-Shops mit gutem Content besonders gern.

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Kommentare  

#1 SIEVERT, Kerstin 2023-06-30 10:40
Mir stellt sich die grundsätzliche Frage, ob dieser Technik-Gimmick tatsächlich ein sinnvoller Beitrag zur Lösung des Problems ist. Mal davon abgesehen, dass sich dieser Fühler nach Gebrauch vermutlich nicht in Wohlgefallen auflöst, sondern die Abfallmenge erhöht (Kleinvieh macht bekanntlich auch Mist), kostet er ganz sicher Geld. Müssen dann wieder alle für die Uninformierthei t einiger bezahlen? Meiner Meinung nach wäre es sinnvoller, Geld in die Aufklärung/Info rmation (und da ruhig in den Schulen anfangen) zu investieren. Und dafür zu sorgen, dass alle frischen Lebensmittel, bei denen eine Verpackung nicht zwingend nötig ist, lose und nach Gewicht verkauft werden. Dann kann man als Verbraucher die Menge Obst oder Gemüse kaufen, die man gerade benötigt und wird nicht gezwungen, größere Mengen zu nehmen, in der Hoffnung, dass man sie noch verbrauchen kann, bevor sie schlecht werden. Zusätzlich würde das bei den Produzenten den Druck verringern, möglichst Gleichförmiges (Gurken, Eisbergsalat, etc.) zu produzieren.
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