Telemedizin: Deutschland und seine Eintrittsbarrieren
In Deutschland existiert bis heute noch das Fernbehandlungsverbot, was besagt, dass Ärzte potenzielle Patienten nicht vor einem persönlichen Gespräch behandeln dürfen. Patienten müssen somit in erster Linie bei einem Arzt persönlich erscheinen und dabei einer Erstbehandlung unterzogen werden, bevor eine Fernbehandlung via Videosprechstunde möglich ist. Die Ferndiagnose ist damit noch eingeschränkt. Laut Franz Bartmann, Telemedizin-Experte der Ärztekammer, soll sich das jedoch in Zukunft ändern: „Der Vorstand der Bundesärztekammer wird den Delegierten des deutschen Ärztetags in Erfurt im Mai eine Öffnung des sogenannten Fernbehandlungsverbots vorschlagen.“
Falls der deutsche Ärztetag der Öffnung des Fernbehandlungsverbots zustimmt, könnten Unternehmen wie Doctor-on-Demand bald auch auf den deutschen Markt vordringen. Baden-Württemberg ist in dem Bereich der Telemedizin schon auf dem Vormarsch. Hier habe die Landesärztekammer bereits zwei Modellprojekte genehmigt, bei denen Ärzte unbekannte Patienten per Ferndiagnose behandeln dürfen. Beteiligt an dem Projekt ist das Münchner StartUp Teleclinic, welches mit einer gleichnamigen App über 200 Ärzte für eine Videoberatung vermittelt.
Wie relevant ist die Telemedizin für Deutschland?
Die Mehrheit der niedergelassen Ärzte, vor allem in ländlichen Gebieten, nähert sich dem Pensionsalter. Die Telemedizin könnte gegen den drohendenn Ärztemangel vorbeugen. Dennoch ist der deutsche Markt noch lange nicht mit dem der USA vergleichbar. Felix Schirman, Mediziner und Leiter des operativen Geschäfts beim Berliner StartUp Patientus, erklärt, dass amerikanische Patienten es anders als deutsche Patienten bereits gewohnt sind, für ärztliche Dienstleistungen zu zahlen. Demnach könnte sich die Telemedizin für den deutschen Raum als schwierig erweisen. „Ich glaube aber, dass die großen ausländischen Technologiekonzerne durchaus interessiert sind. Am Ende werden die Patienten buchstäblich mit dem Smartphone abstimmen“, so Schirmanns Einschätzung.
Schirmann gehe zwar davon aus, dass das Fernbehandlungsgesetz gelockert werde, dennoch wird es voraussichtlich keine reinen Online-Ärzte für den deutschen Markt geben. Die Arztbesuche werden also in ferner Zukunft nicht ersetzt. Das Angebot der Telemedizin würde demnach das Dienstleistungsangebot der Ärzte lediglich ergänzen. „Insgesamt ist damit zu rechnen, dass Patienten zunehmend auch ihren Arzt nach telemedizinischen Angeboten fragen“, meint Bayerns Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU).
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