Kompetenznetzwerk gegen Hass im Netz

Drohungen und Hetze bringen die Diskussionskultur im Internet ins Wanken

Veröffentlicht: 14.02.2024 | Geschrieben von: Christoph Pech | Letzte Aktualisierung: 14.02.2024
Teenager mit Smartphone

Die Hälfte der Deutschen hält aus Angst vor den erwartbaren Reaktionen ihre Meinung über politische Themen im Online-Diskurs zurück. Zu diesem Ergebnis kommt die Studie „Lauter Hass – leiser Rückzug“, die das Kompetenznetzwerk gegen Hass im Netz in Auftrag gegeben hat. Die Studie wurde am Dienstag von Bundesfamilienministerin Lisa Paus in Berlin vorgestellt. Bei der repräsentativen Befragung haben mehr als 3.000 Personen teilgenommen. Es handele sich um die umfangreichste Erhebung zu den Folgen von Hass im Netz seit 2019.

Die Hauptgründe für die Zurückhaltung bei Online-Diskussionen sind Angst vor negativen Reaktionen und die Sorge vor persönlichen Angriffen. Eigene Beiträge werden bewusst vorsichtig formuliert oder gar nicht erst abgesetzt, aus Angst vor Hass, Hetze und Drohungen. 82 Prozent der Befragten befürchten, dass Hass im Netz die Vielfalt im Internet gefährde. 49 Prozent wurden selbst schon im Internet beleidigt. Außerdem stimmen die meisten Menschen (89 Prozent) zu, dass Hass im Netz in den vergangenen Jahren zugenommen hat. „Die Strategie der Einschüchterung funktioniert: Hass, Gewalt und Lügen sorgen dafür, dass Menschen sich aus dem öffentlichen Diskurs im Netz zurückziehen. So schaffen es Rechtsextreme, ihre Narrative in die Mitte der Gesellschaft zu tragen“, erklärt Anna-Lena von Hodenberg, Geschäftsführerin der an der Studie beteiligten Organisation HateAid. Die Politik müsse handeln, um die Demokratie auch im Internet zu schützen.

 

Frauen und Menschen mit Migrationshintergrund besonders betroffen

Besonders häufig betroffen von grenzüberschreitenden Inhalten sind Frauen (30 Prozent), Menschen mit (sichtbarem) Migrationshintergrund (30 Prozent), sowie homosexuelle (28 Prozent) oder bisexuelle (36 Prozent) Menschen. 42 Prozent der jungen Frauen geben zudem an, schonmal ungefragt Nacktfotos erhalten zu haben. „Vor allem junge Frauen erleben Hass im Netz, häufig in Form von sexuellen Belästigungen. Wir laufen Gefahr, dass eine ganze Generation dies als Normalität begreift – das muss sich ändern“, fordert Hanna Gleiß von Das Nettz. Die Organisation ist an der Studie beteiligt.

„Ob toxische Kommentare, Drohungen, beängstigende Kampagnen: Hass im Netz ist allgegenwärtig. Viele Menschen sind davon abgestoßen oder eingeschüchtert, halten sich zurück oder schweigen. Das gibt denen Raum, die laut und aggressiv sind. Es bedroht unsere Demokratie. Wir können gemeinsam etwas dagegen unternehmen“, so Paus. Die Studienautor:innen fordern besseren Schutz von Betroffenen, etwa durch die konsequente Anwendung bestehender Gesetze und die zeitnahe Umsetzung des Digital Services Acts in deutsches Recht. Zudem sollten Social-Media-Plattformen stärker in die Verantwortungen genommen werden – auch finanziell. Außerdem brauche es eine Stärkung von Medienkompetenz und politischer Bildung.

Artikelbild: http://www.depositphotos.com

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