Kolumne

The show must go on? Kein Ende beim Abmahn-Wahnsinn!

Veröffentlicht: 02.04.2020 | Geschrieben von: Yvonne Bachmann | Letzte Aktualisierung: 16.12.2020
Teuflischer Anwalt

Die Nummer gegen Anwaltskummer?! 

Erst kürzlich stieß ich auf einen Beitrag zu einer Berufsgruppe, die im ganzen Corona-Trubel offenbar kein Gehör findet. Die arme Zunft der Anwälte kann nämlich derzeit nicht mit dem Porsche zum Nobel-Italiener oder in den Golfclub fahren, sondern hat ebenfalls mit aufgezwungener Quarantäne, abgesagten Gerichtsverhandlungen oder ausbleibenden Mandanten zu kämpfen. 

Nun mag man meinen, dass die Worte „Kreativität” und „Anwalt” in einem Satz unmöglich sind, doch Not macht bekanntlich erfinderisch und die ersten klugen Köpfe haben dieses SEO (Search Engine Optimization, dt.: Suchmaschinenoptimierung) für sich entdeckt. Googelt man die Worte „Anwalt” und „Corona” wird man unweigerlich auf die ersten findigen Rechtsanwälte stoßen. Die Corona-Anwälte beraten zu allen Themen der Stunde – seien es die Fragezeichen beim Thema Kurzarbeit, die Reise, die nun ins Wasser gefallen ist oder das saftige Bußgeld, weil man das Grillfest im Stadtpark doch lieber hätte lassen sollen. 

Und täglich grüßt das Murmeltier...

Wenn man nicht Chuck Norris heißt, hat man der aktuellen Situation nicht viel entgegenzusetzen. Die Sorgen und Nöte der Menschen sind groß und es ist gut, dass in solchen nie dagewesenen Zeiten einer den Durchblick behält, sagt, wo’s langgeht und die wirren Allgemeinverfügungen von „Juristisch” ins Deutsche übersetzt.

Aber müssen Herr Sandhage oder das Team vom Ido Verband wirklich von Montag bis Freitag Abmahnungen wegen eines fehlenden OS-Links versenden? Dieser unsägliche Link interessiert momentan wirklich kein Schwein. Dennoch quilt unser Abmahn-Postfach über mit fehlenden Grundpreisen, falschen Lieferzeitangaben oder der Werbung mit einem versicherten Versand.

Abmahnindustrie zwingt Corona-Courage in die Knie

Zudem wird im Internet eine Welle der Panik verbreitet, die der engagierten Hobbyschneiderin schlaflose Nächte beschwert, weil sie zehn selbstgenähte Atemmasken an die Arztpraxis um die Ecke spenden will, ohne jemals etwas von einer Textilkennzeichnung gehört zu haben. Wirkliche Aufklärung zum Verkauf von Atemschutzmasken findet man nur selten. Dann bleiben die Masken lieber ungenäht. Die Zivilcourage vieler Menschen wird so leider wieder im Keim erstickt.

Shame on you!

Ja, ja, ich weiß. Die Leasingrate für den Porsche und die Putzfrau und das Weinabo muss ja irgendwie bezahlt werden. Aber da sowohl Kanzleien als auch Gerichte ihre Türen für unbestimmte Zeit verriegelt haben, ist die Zeit im Homeoffice auch anders zu nutzen. Ich hätte da auch einen Vorschlag: Herr Sandhage und seine Kollegen könnten sich doch mal auf die Suche nach den echten schwarzen Schafen in der Coronakrise machen. Damit meine ich nicht die, die ein Komma in der Widerrufsbelehrung vergessen haben. Da wird wohl jeder mitgehen: Wer sich an den Nöten der Menschen in der Coronakrise bereichert, gehört bestraft – und außerdem mal auf den Beichtstuhl. 

Fake-Shops, die zu Mondpreisen lebenswichtige Medikamente, Desinfektionsprodukte oder Atemmasken verhökern und dann mit dem Geld von dannen ziehen, sollten mal ein nicht so nettes Schreiben bekommen. Und erst recht diejenigen, die die Desinfektionsmittel selbst zusammen panschen und/oder Effekte aus dem Märchenbuch aufzählen, bei denen jeder Corona-Erreger nur müde lächeln kann. Hach, was wäre das für ein schönes Szenario, wenn man sich dann als Anwalt am Morgen mal wieder mit einem guten Gefühl im Spiegel betrachten könnte. Da zwitschern die Vögel doch gleich viel lauter...

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