Abmahnungen von Amazons „voraussichtlicher“ Versanddauer

Veröffentlicht: 27.07.2016 | Geschrieben von: Yvonne Bachmann | Letzte Aktualisierung: 23.06.2022

Der Gesetzgeber hat für den Online-Handel, neben zahlreichen anderen, die gesetzliche Pflicht vorgesehen, dem Kunden einen Termin zu nennen, bis wann er mit der Lieferung der bestellten Produkte rechnen kann. Natürlich bringt die Angabe dem Kunden wenig, wenn sich der Händler mit „Weichmachern“ eine spätere Lieferung vorbehält. Die von Amazon verwendete voraussichtliche Lieferzeitangabe kann für Amazon-Händler zum Problem werden.

Amazon logo: Weiß auf Schwarz

360b / Shutterstock.com

Abmahngründe

In den letzten Tagen wurden uns Abmahnungen vorgelegt, die die bei Amazon dargestellte Versanddauer zum Gegenstand haben. Es geht konkret um die Angabe

„Voraussichtliche Versanddauer 1 - 3 Tage“

bzw.

„Voraussichtliche Versanddauer 1 - 3 Tage“ für Österreich.

Diese Art der Versandzeitangabe sei unzulässig, weil der Händler mit der Angabe „voraussichtlich“ die Nennung einer exakten Frist vermeidet. Damit können bei einer Überschreitung der voraussichtlichen Versandzeit Schadensersatzansprüche wegen verspäteter Lieferung umgangen werden. Werden die Versandzeitangaben mit dem Zusatz „voraussichtlich“ relativiert, könne der Kunde nicht selbst zuverlässig einschätzen, wann die Ware eintreffen muss und wann bereits Schadensersatzansprüche wegen verspäteter Lieferung denkbar sind.

Wer mahnt ab?

Rechtsanwaltlich vertreten lässt sich die Abmahnerin bei ihren Abmahnungen durch Rechtsanwalt Volker Fehrensen aus Göttingen. Die Abgemahnten werden auf die Rechtsverletzung hingewiesen und zur Abgabe einer strafbewährten Unterlassungserklärung aufgefordert. Dabei wird, ausgehend von einem Streitwert von 15.000 Euro, eine Rechtsanwaltsgebühr in Höhe von 1029,35 Euro gefordert.

Wie gehe ich mit einer solchen Abmahnung um?

Die Abmahnungen sind relativ kostspielig und sollten daher ganz vermieden werden. Wer noch nicht von einer Abmahnung betroffen ist, sollte daher unbedingt prüfen, ob in seinen Amazon-Angeboten die Angabe „Voraussichtliche Versanddauer“ erscheint.

Haben Sie bereits eine Abmahnung wegen einer unzureichenden Versandzeitangabe erhalten, gilt: Unterschreiben Sie auf keinen Fall ohne weitere Überprüfung die mitgesendete Unterlassungserklärung, sondern lassen sich zunächst rechtsanwaltlich beraten. Im schlimmsten Fall kann Sie die Unterzeichnung ihren Amazon-Shop kosten, weil kein oder nur begrenzter Einfluss auf die Darstellung bei Amazon besteht.

Die Abmahner berufen sich in der Abmahnung unter anderem auf ein Urteil des Oberlandesgerichts Bremen, über welches wir hier berichtet haben. Zu bedenken ist hierbei, inwieweit das Urteil noch Bestand hat. Das Oberlandesgericht München hat sich hinsichtlich der Angabe einer „ca.“-Lieferzeit zwischenzeitlich anders positioniert. Zudem wurde bei der Prüfung der Abmahnung festgestellt, dass die Abmahnerin selbst einen Amazon-Shop betreibt…

Die alles entscheidende Frage nach einer solchen Abmahnung auf Amazon ist nun, ob und wenn ja, wie Händler Einfluss auf die Angabe „Voraussichtliche Versanddauer“ nehmen können. Die von den Abmahnungen betroffenen Amazon-Händler haben uns hinsichtlich des Zusatzes mitgeteilt, dass es folgende Lösung gäbe: Bei den Versandeinstellungen haben Amazon-Händler die Möglichkeit, ihr gewähltes Versandmodell zu ändern. Wird dort der Standardversand (1-3 Tage) ausgewählt, soll sich die Angabe „Voraussichtliche Versanddauer“ ändern in „Standardversand“. Bitte beachten Sie, dass die Änderung bei Amazon erst zeitverzögert sichtbar ist. Problematisch ist diese Lösung jedoch für alle, die keinen Standardversand anbieten können oder wollen, beispielsweise weil die Produkte eine längere Lieferzeit haben. Offensichtlich haben auch gar nicht alle Händler diese Möglichkeit zur Verfügung stehen.

Fazit

Wie so oft haben Online-Händler auf Plattformen keinen oder nur einen beschränkten Einfluss auf die bereitgestellten Informationen und Darstellungen. Nichtsdestotrotz bleibt es bei einer Abmahngefahr, denn Online-Händler sind laut der Rechtsprechung verantwortlich für alle Angebote und Funktionen auf der Seite Ihres Shops, unabhängig davon, ob sie aktiv von Ihnen eingestellt oder ohne Ihr Zutun von der Plattform eingefügt werden.

Online-Händler sollten sich damit nicht abfinden, und den Plattformbetreiber weiterhin aktiv zu einer praxisgerechten Lösung bzw. Handlungsanweisung drängen. Wer Einfluss nehmen kann, sollte weiterhin auf Weichmacher wie „ca.“, „in der Regel“ oder „voraussichtlich“ verzichten.

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