Online-Partnervermittlung ist keine Ehevermittlung

Dating im Netz hat seinen Preis

Veröffentlicht: 18.06.2021 | Geschrieben von: Hanna Hillnhütter | Letzte Aktualisierung: 18.06.2021

Die Klägerin hatte sich bei einem Online-Portal zur Partnervermittlung angemeldet. Dabei wurde der Vertrag wie üblich auf die Dauer eines Jahres abgeschlossen. Der Jahresbeitrag betrug 265,68 Euro. Doch schon am nächsten Tag machte sie von ihrem Widerrufsrecht gebrauch. Die Beklagte bestätigte diesen Widerruf, forderte von der Klägerin jedoch trotzdem Wertersatz in Höhe von 199,26 Euro. Ein stolzer Preis dafür, dass die Klägerin gerade einmal einen Tag Zugriff zum Online-Portal hatte. In den Augen der Beklagten eine angemessene Summe, immerhin hat die Klägerin ein vom Algorithmus erstelltes Persönlichkeitsgutachten erhalten und hatte Zugriff auf Partnervorschläge. Eine ähnliche Rechnung hat das Dating-Portal Parship auch schon einmal vorgenommen.

Partnersuche im Wandel der Zeit

Die Klägerin war hingegen der Ansicht, sie schulde der Beklagten überhaupt kein Geld. Sie begründete ihre Auffassung damit, dass § 656 BGB auf einen Partnervermittlungsvertrag anwendbar sei. Der § 656 BGB sagt, dass bei einer Ehevermittlung keine Verbindlichkeit begründet wird, wenn der Lohn für die Gelegenheit versprochen wird. Eine analoge Anwendung von § 656 BGB auf eine Partnervermittlung hat der BGH 1990 tatsächlich einmal begründet (BGH Urteil vom 11. Juli 1990 Az.: IV ZR 160/89)

Da lag der Sachverhalt allerdings ein wenig anders als im vorliegenden Fall. Im Fall von 1990 wurden den Kunden bei Vertragsschluss lediglich die Kontaktdaten von Personen vermittelt. Der BGH begründete die Anwendung von § 656 BGB damals so, dass es sich um die Zusammenführung zweier Menschen handelt und es bei Beginn der Tätigkeit nicht absehbar sei, ob die Vermittlung zur Ehe oder einer außerehelichen Partnerschaft führt. Bei der Partnervermittlung bestehe ein schützenswertes Diskretionsbedürfnis des Kunden, genau wie bei der Ehevermittlung. Die Intimsphäre der Beteiligten solle geschützt werden. Eine Klagbarkeit wäre hier unzumutbar für die Beteiligten, so der BGH im Jahr 1990. 

Rund 30 Jahre später sieht der BGH die Sache nun etwas anders. Eine Online-Plattform zur Partnervermittlung lässt sich nicht mehr mit Ehevermittlungsverträgen vergleichen. Die erbrachte Leistung ist nicht das reine zur Verfügung stellen von Kontaktdaten. Hier liegt die Nutzung einer Online-Plattform im Fokus. Der Nutzer kann dann von sich aus entscheiden, zu welchen Personen er oder sie Kontakt aufnehmen möchte. 

1,46 Euro statt knapp 200 Euro

Knapp 200 Euro muss die Klägerin allerdings nicht zahlen, entschied der BGH in seinem Urteil (BGH Urteil vom 17.Juni 2021 III ZR 125/19). Der Wertersatz der bereits erbrachten Leistung berechnet sich nach § 357 Abs. 8 BGB lediglich nach der anteiligen Zeit, in denen die Klägerin die Plattform nutzen konnte. So wurde es im April dieses Jahres in einem ähnlichen Fall schon vom EuGH entschieden. Die Klägerin schuldet nun lediglich 1,46 Euro, wie unter anderem beck-aktuell, berichtete. 

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