Landgericht Hamburg

Markenverletzung: Händler musste auch englischsprachige Amazonseite prüfen

Veröffentlicht: 02.08.2023 | Geschrieben von: Melvin Louis Dreyer | Letzte Aktualisierung: 02.08.2023
Personen unterschreiben Verträge

Wer sich zur Unterlassung wettbewerbsrechtlich oder markenrechtlich relevanter Handlungen verpflichtet, der sollte stets auch Acht darauf geben, das in der nötigen Reichweite zu tun. Was aber diese Reichweite ist, darum geht es immer mal wieder vor Gericht, so auch in diesem Fall. Die Beklagte, ein niederländisches Bekleidungsunternehmen, betreibt unter anderem auf Amazon einen Shop. Sie war von der Klägerin wegen der Benutzung ihrer Marke abgemahnt worden und hatte letztlich auch eine entsprechende Unterlassungserklärung abgegeben. Wenige Monate später dann sollte das beklagte Unternehmen nicht nur erneut eine Unterlassungserklärung gegenüber der Klägerin abgeben, sondern auch eine Vertragsstrafe in Höhe von 3.000 Euro zahlen. Der Grund: Die Beklagte habe das Zeichen auch nach Abgabe der ersten Unterlassungserklärung weiterverwendet – ebenfalls auf Amazon, allerdings in der englischsprachigen Version. Beide Aufforderungen lehnte die Beklagte ab, die Parteien fanden sich vor dem Landgericht Hamburg wieder (Urteil v. 11.5.2023, Az. 327 O 188/22).

LG Hamburg: Überprüfung englischsprachigen Angebots ohne Probleme möglich

Inwiefern es tatsächlich zu dem erneuten Verstoß gekommen sei, das war zwischen den Parteien durchaus streitig. Letztlich konnte das Gericht zu seiner Überzeugung allerdings feststellen, dass es die Produktdetailseite, auf welcher es zu dem erneuten Verstoß gekommen sein soll, auch wirklich gab, und folgte damit der Klägerin. 

Auch in einer anderen relevanten Frage stellte sich das Gericht nicht auf Seiten der beklagten Händlerin: Diese hatte nämlich eingewendet, für das konkrete Produktangebot in englischer Sprache auf Amazon nicht verantwortlich zu sein. Sie stelle die Angebote auf amazon.de nur in deutscher Sprache ein, wobei die Übersetzungen durch Amazon selbst und automatisch vorgenommen werden würden. 

Das sei, so hat die Beklagte im Verfahren gesagt, wohl anhand eines veralteten deutschen Datensatzes passiert, da die diesen nach Abgabe der Unterlassungsverpflichtungserklärung geändert habe. 

Nach Auffassung des Gerichts ist das aber nicht gänzlich entscheidend, zumal es die Übersetzung der Artikelbezeichnung selbst für unwahrscheinlich hält. Selbst dann, wenn Amazon die Übersetzung vornehme, sei die Beklagte im Nachgang der Unterlassungserklärung dazu verpflichtet, auch die englischsprachige Version des Angebots zu prüfen und sicherzustellen, dass das Zeichen dort nicht verwendet wird. Das sei ihr auch ohne größeren Aufwand möglich gewesen. 

Geltend gemachte Vertragsstrafe sei zu hoch

Auch zur geltend gemachten Vertragsstrafe äußert sich das Gericht. Die hatte die Klägerin auf 3.000 Euro festgelegt – das Gericht äußerte allerdings Einwände. 

Gewählt hatten die Parteien in der Unterlassungsvereinbarung die Festlegung der Höhe per sogenanntem Hamburger Brauch. Dabei wird die Höhe der Vertragsstrafe nicht unmittelbar in der Unterlassungsvereinbarung konkret bestimmt, sondern im Fall der Fälle durch den Gläubiger nach billigem Ermessen festgelegt. Das Ergebnis ist dann auf Wunsch des Schuldners aber durch ein Gericht auf seine Angemessenheit hin überprüfbar. 

Diese Angemessenheit hängt dann von den Umständen des jeweiligen Einzelfalls ab. Insbesondere entscheidend sind:

  • Art und Ausmaß des Verstoßes
  • Bekanntheit der Klagemarke
  • Größe und Bekanntheit der beteiligten Unternehmen
  • Marktstärke der beteiligten Unternehmen

Hier stellte das Gericht fest, dass es sich um einen Erstverstoß einer durchschnittlich kennzeichnungskräftigen Marke handelte, die auch nicht übermäßig bekannt sein dürfte. 3.000 Euro seien dafür zu viel, meinten die Richter. Sie hielten stattdessen einen Betrag von 1.500 Euro für angemessen. 

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