Landgericht Frankenthal

Negative Bewertungen: Verfasser muss seine Aussagen beweisen

Veröffentlicht: 01.08.2023 | Geschrieben von: Yvonne Bachmann | Letzte Aktualisierung: 03.08.2023
Online-Bewertung

Vor allem die Anonymität des Internets verleitet viele Menschen schnell zu einer negativen Bewertung. Das können sowohl unkommentierte 1-Stern-Bewertungen sein, als auch unwahre oder gar beleidigende Aussagen. Zwar wird der Deckmantel der Meinungsfreiheit vielfach nicht zu einer Löschung führen. Händler:innen können jedoch dann gegen die unfaire Bewertung vorgehen, wenn sie unwahre Tatsachen beinhaltet, die der Verfasser oder die Verfasserin nicht beweisen kann.

Grundsatz: Meinungsfreiheit hat ihre Grenzen

Kundenbewertungen sind für potenzielle Kund:innen äußerst wichtig. Die Kehrseite der Medaille: Die meisten Online-Shops werden mit negativen Bewertungen der unzufriedenen Kundschaft konfrontiert. Zunächst einmal der Grundsatz: Die Abgabe von negativen Bewertungen ist erlaubt und Händlerinnen und Händler müssen sich somit negative Bewertungen gefallen lassen. Dies ist ein Ausfluss der Meinungsfreiheit, die jedem zusteht. Soweit die Bewertung unwahre Tatsachen enthält und/oder die Bewertung sogar eine sogenannte Schmähkritik enthält, also Kritik, die gezielt herabwürdigen soll (z.B. Beleidigungen), darf sie gelöscht werden.

Nun entbrennt oft die Frage, was ist Meinungsfreiheit und was ist Tatsachenbehauptung? Allein hier kann man sich schon trefflich streiten, denn auch zwischen den Zeilen muss gelesen werden. In einer Meinung kann zudem auch eine Tatsache versteckt sein. Das Landgericht Frankenthal stellte sich jedoch noch einer anderen Frage: Wer muss was beweisen?

Schlechte Bewertung in Online-Portal

Wer im Internet negative Tatsachen über ein Unternehmen veröffentlicht, muss beweisen, dass diese Behauptungen auch zutreffend sind. Gelingt der Beweis nicht, kann das rezensierte Unternehmen verlangen, dass die Bewertung gelöscht wird (Landgericht Frankenthal, Urteil vom 22.05.2023, Az.: 6 O 18/23). Stein des Anstoßes war die Bewertung eines Auftraggebers einer Umzugsfirma mit einem von fünf möglichen Sternen. Ein Möbelstück sei beim Transport beschädigt worden und es habe keine Schadensregulierung gegeben, so der Text der Bewertung. Der Inhaber des Umzugsunternehmens streitet die Beschädigung hingegen ab, und sieht in dem negativen Feedback schließlich eine Rufschädigung.

Wer muss Wahrheitsgehalt beweisen?

Das Gericht widmete sich auch in diesem Fall den altbewährten Grundsätze (s.o.): Jeder habe das Recht, seine Meinung (in einer Bewertung) frei zu äußern. Die im Streit stehende Behauptung, es sei ein Möbelstück beschädigt worden, sei jedoch eine Tatsachenbehauptung. Das müsse vom betroffenen Unternehmen nur hingenommen werden, wenn sie wahr sei. Dieser Beweis war dem Kunden jedoch nicht gelungen, weswegen das Gericht der Klage stattgegeben hat. 

In einem Fall, in der eine unrichtige Montageanleitung durch einen Kunden bemängelt wurde, lag die Beweislast nach Ansicht des Gerichts beispielsweise beim Unternehmen, was ihm schlussendlich nicht gelang.

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Bewertungen spielen im Online-Handel eine große Rolle und gute Bewertungen sind Gold wert. Aber auch negative Bewertungen können konstruktives Feedback für Händler bedeuten. Ist eine Bewertung allerdings irrational und falsch, kann sie geschäftsschädigend sein und andere Käufer abschrecken. Händler müssen solche Bewertungen aber nicht einfach hinnehmen: Mit seinem Service „Bewertungen löschen – powered by DEIN GUTER RUF“ bietet der Händlerbund eine bequeme Lösung für betroffene Händler.

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Über die Autorin

Yvonne Bachmann
Yvonne Bachmann Expertin für: IT-Recht

Yvonne ist schon seit Beginn ihrer juristischen Laufbahn mit Leib und Seele im IT-Recht unterwegs. Seit Anfang 2013 ist sie als Volljuristin beim Händlerbund tätig und berät dort hilfesuchende Online-Händler in Rechtsfragen rund um ihren Shop. Genausolange berichtet sie bei uns zu Rechtsthemen, welche die E-Commerce-Branche aufwirbeln. 

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Kommentare  

#8 Susanne 2023-08-07 11:07
Auch wenn in vielen Fällen der Weg zur Löschung aus zeit- & wirtschaftliche n Gründen nicht gegangen wird, finde ich dieses Urteil als ein richtiges & wichtiges Zeichen.

Eine Frage noch zur Redaktion: Wer zahlt denn die zusätzlichen Kosten (Gericht, Anwalt) im Falle der Löschung?

___________________________

Antwort der Redaktion

Hallo Susanne,

bei einem Gerichtsprozess werden die Kosten in der Regel der unterlegenden Partei auferlegt.

Mit den besten Grüßen
die Redaktion
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#7 Stephan 2023-08-07 10:14
zu #1:
Redaktion: "unkommentierte n 1-Stern-Bewertu ng [...] beinhaltet zumindest die Tatsache, dass ein Bewertender mit dem Unternehmen zu tun hatte."

Das ist leider nur Theorie, denn wie will man beweisen, dass der Bewertende NICHTS mit dem Unternehmen zu tun hatte?

Wir hatten Fälle, in denen Kunden alle Bewertungen im Umkreis von 20km gegeben hatten, unser Unternehmen als einziger 'Ausreißer' aber bis zu 700km entfernt ist. Die Kunden hatten sogar Klarnamen, die NICHT bei unseren Kunden zu finden waren.
Aber natürlich könnten die Bewertenden ja vergeblich versucht haben, uns telefonisch zu erreichen.

So wurde die Löschung der unkommentierten 1-Stern-Bewertu ngen von google abgelehnt.

Vielleicht wäre es ja eine Anregung (auch für den Gesetzgeber), wenn man bei Bewertungen von 1 / 2 von 5 grundsätzlich einen Text schreiben muss. Weicht man dann dieser Texteingabe sogar noch aus (z.B. mit "123"), enthält die Bewertung nachweislich keine Tatsache.

______________________________________

Antwort der Redaktion

Hallo Stephan,

da hast du natürlich Recht. Im Dienstleistungs gewerbe sieht das alles etwas anders aus. Da kann tatsächlich schon ein „Ich erreiche das Unternehmen einfach nicht“ zu einer Ein-Sterne-Bewe rtung führen. Man könnte natürlich mit Aufwand einfach den entsprechenden Verbindungsnach weis anfordern, aber hier haben wir natürlich wieder die Frage nach dem Kosten-Nutzen-Verhältnis.

Mit den besten Grüßen
die Redaktion
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#6 Natalia 2023-08-06 12:00
Vor zwei Jahren haben wir beschlossen, alle Bewertungssiege l abzuschaffen und seitdem hat sich unsere Situation drastisch verbessert.

Mit dieser Maßnahme haben wir uns von Erpressern, Neidern, Hassern und Kunden, die mit sich selbst unzufrieden sind, effektiv distanziert.

Wenn ein Kunde mit der erhaltenen Ware dennoch unzufrieden ist, gewähren wir ihm ohne Umstände eine Geld-zurück-Gar antie.
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#5 Roland Bär 2023-08-03 15:21
wir hatten u. a.
Negative Bewertungen:
original versiegelte Ware vom zertifizierten Händler
Original Produkt- Kommentar schlecht - nicht was angeblich schlecht
Keine Kommunikation mit Käufer- angeblich unfreundlicher Verkäufer
Ware angeblich nicht angekommen - wurde aber fristgerecht geliefert

etc....

Keine Chance auf Löschung bei Amazon
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#4 Dirk 2023-08-03 11:31
das Löschen ist das Eine, dann sucht er sich eine andere Ecke im Internet um Unwahrheiten zu verbreiten.
Die Frage ist wie halte ich Ihn davon ab. Bis ich das entdecke, wenn überhaupt , haben das ja etliche Leute gelesen und kaufen vielleicht woanders.
Habe folgenden Kommentar bekommen:"Den Shop kann man nicht empfehlen. Habe Strafanzeige gestellt" Letzteres ist gelogen
Sollte ich hier eine Anzeige wegen übler Nachrede machen?
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#3 Frank 2023-08-02 15:39
Interessant zu wissen wäre inwieweit ein Markplatzbetrei ber in die Haftung genommen werden kann, der keinen Nachweis des Kunden bekommt. Kann man den Marktplatzbetre iber zur Prüfung schlechter Bewertungen zwingen, bzw. in zur Löschung auffordern?
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#2 Roland Bär 2023-08-02 15:08
solche unbewiesenen Behauptungen werden von Amazon auf Verkäufer Antrag nicht gelöscht.
Der Bund als Händlervertrete r sollte eine Musterklagen gegen Amazon führen.
Weitere Klagen sollte der Bund gegen:
- willkürliche Produktsperrungen
- willkürliche Regeln für die Buy-box
Amazon first in der Buy-box, bzw. zum Teil willkürliche Buy-box Empfehlung.
Die besten Angebote werden besonders auf Handys oft schwersichtbar gemach.
Damit zahlt der Kunde überhöhte Preise.
Keine Korrektur von falschen Produktmerkmale n wird umgesetzt (melden Sie Fehler - welch eine Verarschung)
- lebenswichtige Emails - betreffs Konto werden auf englisch gesendet- von Amazon Deutschland sind nicht im Sellerportal nachlesbar sondern werden exklusiv an die Emailadresse gesendet mitunter mit fragwürdigen Link der automatisch unter Pishing Verdacht steht und deshalb nicht öffnet sondern gelöscht wird.
Amazon sind offensichtlich deutsche MA zu teuer.
Dann völlig ahnungslose - zu keiner Entscheidung berechtigte - Hotlines mit schlechtem Deutsch.

etc.

Tut was!!! , wenn schon die Regierung nichts unternimmt.

Das Kartellamt und DIHK schrieben mir mal wir sammeln weitere Indizien für Missbrauch von A.

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Antwort der Redaktion

Hallo Roland,
wie wir schon mehrfach erklärt haben, ist so eine Sammelklage oder Musterfestellun gsklage in Deutschland von Unternehmen nicht möglich.

Beste Grüße
die Redaktion
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#1 Stephan 2023-08-02 14:44
dieser Punkt wurde nicht aufgegriffen:
"unkommentierte 1-Stern-Bewertu ngen"

unter welchen Voraussetzungen kann hier eine Bewertung gelöscht werden?

oder gilt hier: da die Bewertung nicht begründet ist, kann man eine Tatsache auch nicht beweisen / widerlegen. Man muss dies also dulden (man könne es ja kommentieren :-/)
_____________

Hallo Stephan,

zu einer unkommentierten 1-Stern-Bewertu ng haben wir schon einmal berichtet: Auch diese Bewertung beinhaltet zumindest die Tatsache, dass ein Bewertender mit dem Unternehmen zu tun hatte. Ist dem nicht so, kann die Bewertung wegen Unwahrheit gelöscht werden.

Viele Grüße
Die Redaktion
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