Der EuGH urteilt zu den Beweisregeln im Bereich des Verbrauchsgüterkaufs

Veröffentlicht: 08.06.2015 | Geschrieben von: Yvonne Bachmann | Letzte Aktualisierung: 08.06.2015

Der EuGH hat sich vergangene Woche in einem Vorabentscheidungsverfahren zur Frage der Beweislast der Verbraucher im Falle eines aufgetretenen Mangels geäußert (Urteil vom 04.06.2015, Rs. C-497/13). Im Wege eines Vorabentscheidungsersuchens können die Gerichte der Mitgliedstaaten dem Gerichtshof in einem Rechtsstreit Fragen zur Auslegung des Unionsrechts vorlegen.

EU Paragraph

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Wer muss was beweisen?

Ein niederländisches Gericht rief den EuGH an, um zu wissen, wie die Beweislastverteilung nach Auftreten eines Mangels funktioniert und welche Umstände der Verbraucher beweisen muss. Der EuGH führt dazu aus: Wer wegen eines Defektes vom Kaufvertrag zurücktreten will, kann sich auf die Vermutung berufen, dass Vertragswidrigkeiten (wie der Verkauf einer defekten Ware), die binnen sechs Monaten nach der Lieferung des Gutes offenbar werden, bereits zum Zeitpunkt der Lieferung bestanden. Dies gilt auch dann, wenn sie sich erst nach der Lieferung des Gutes herausgestellt haben.

Verbraucher muss zwei Voraussetzungen erfüllen

Um diese Beweiserleichterung in Anspruch nehmen zu können, muss der Verbraucher das Vorliegen der folgenden zwei Tatsachen nachweisen:

Erstens muss der Verbraucher vortragen und den Beweis erbringen, dass das verkaufte Gut nicht vertragsgemäß ist, weil es zum Beispiel nicht die im Kaufvertrag vereinbarten Eigenschaften aufweist oder sich nicht für den Gebrauch eignet, der von einem derartigen Gut gewöhnlich erwartet wird. Er muss weder ihren Grund noch den Umstand beweisen, dass sie dem Verkäufer zuzurechnen ist.

Zweitens muss der Verbraucher beweisen, dass die Vertragswidrigkeit binnen sechs Monaten nach der Lieferung des Gutes offenbar geworden ist, also sich ihr Vorliegen tatsächlich herausgestellt hat.

Es ist dann also Sache des Unternehmers, gegebenenfalls den Beweis zu erbringen, dass die Vertragswidrigkeit zum Zeitpunkt der Lieferung des Gutes noch nicht vorlag, indem er beweist, dass sie ihren Grund oder Ursprung in einem Handeln oder Unterlassen nach dieser Lieferung hat.

Fazit

Wer wegen eines Defektes an der Kaufsache zurücktreten will, muss in den ersten sechs Monaten nur beweisen, dass überhaupt ein Defekt vorliegt. Nicht zu beweisen hat der Verbraucher, dass der Mangel schon bei der Lieferung bestand. Mit der neuen Entscheidung des EuGH dürfte auch die deutsche Rechtsprechung auf den Kopf gestellt werden. Bislang wendete der Bundesgerichtshof die (deutsche) Vermutungsregelung teilweise an.

Exkurs: Das Rücktrittsrecht

Weist die Kaufsache einen Defekt auf, kann der Käufer von seinem sog. Gewährleistungsrecht Gebrauch machen. Der Käufer hat dabei die Wahl zwischen der Mangelbeseitigung (z.B. im Wege der Reparatur) oder der Neulieferung eines mangelfreien Produktes. In vielen Fällen sind Kunden nicht an einer Nachlieferung oder Reparatur interessiert, sondern pochen sofort auf die Rückzahlung ihres Geldes. Dafür hat das Gesetz jedoch strenge Voraussetzungen aufgestellt. Wann überhaupt ein Fall vorliegt, der zum Rücktritt berechtigt, erfahren Online-Händler in einem Artikel zum Rücktrittsrecht.

 

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