Am Ziel vorbei

Bringt die SPD die Cannabis-Legalisierung zum Stillstand?

Veröffentlicht: 18.01.2024 | Geschrieben von: Sandra May | Letzte Aktualisierung: 05.04.2024
Cannabisblatt auf Hanfsamen

Sie gilt als eines der Prestige-Projekte der Ampelkoalition: die Legalisierung von Cannabis. Von Anfang an waren die Meinungen dazu gespalten, umgesetzt werden soll sie aber trotzdem. Erst im Dezember war die Freude bei den Befürwortern groß, denn die Koalitionsfraktionen hatten sich auf eine abschließende Fassung des Cannabisgesetzes (CanG) geeinigt. Zu Beginn von 2024 sollte das Gesetz dann im Bundestag beschlossen werden. Nun bröckelt die Zustimmung aber erneut. Diesmal von Seiten der SPD.

JuMiKo-Vorsitzende: „Überarbeitung notwendig“

Die Vorsitzende der Justizministerkonferenz, Kathrin Wahlmann (SPD), sprach sich nun gegenüber der LTO für eine Überarbeitung des Cannabisgesetzes aus. Sie findet sogar klare Worte und sagt, dass sie im Prinzip nichts von der Freigabe halte. Das von Lauterbach (SPD) erklärte Ziel – nämlich die Stärkung des Jugend- und Gesundheitsschutzes durch eine Legalisierung – überzeuge sie nicht. 

Auch die geplante legale Besitzmenge von maximal 50 Gramm überzeugt sie nicht: „Ich warne davor, zu suggerieren, dass Cannabis ungefährlich ist, nur weil der Besitz in bestimmten Mengen voraussichtlich straflos wird. Aus meiner langjährigen Erfahrung als Strafrichterin weiß ich sehr genau, dass Cannabis-Konsum – je nach Vordisposition und Umfang des Konsums – gerade bei jungen Konsumentinnen und Konsumenten erhebliche Schäden im Gehirn verursachen kann.“

Bergen Cannabis Clubs ein Missbrauchspotential?

Hochkritisch sieht sie auch die nicht-kommerziellen Anbauvereinigungen. Interessierte sollen sich in Vereinen, sogenannten Cannabis Clubs, um einen gemeinschaftlichen Anbau kümmern dürfen. Eine Abgabe von Cannabis an Mitglieder soll unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt sein. Ein Konsum innerhalb der Clubs ist allerdings nicht gestattet. Es muss ein Abstand von einhundert Metern eingehalten werden. „Ich halte es für schwierig, ehrenamtlichen Vereinsvorsitzenden die Verantwortung zu übertragen, den Anbau und die Abgabe zu organisieren, zu dokumentieren und sicherzustellen, dass kein Missbrauch betrieben wird“, wird Wahlmann weiter zitiert.

Wer soll es kontrollieren?

Bereits von mehreren Seiten wurde außerdem hinterfragt, wer die Einhaltung des CanG überhaupt kontrollieren soll. So sollen Privatpersonen zu Hause maximal drei weibliche Cannabispflanzen anbauen dürfen. „Wer soll denn kontrollieren, ob pro Person nur drei Pflanzen gezüchtet werden? Wie wird der Kinder- und Jugendschutz gewahrt, wenn die Eltern Cannabispflanzen ziehen? Wie ist die Rechtslage, wenn man seine drei Cannabispflanzen urlaubsbedingt dem Kumpel zur Pflege gibt, der selbst schon drei Cannabispflanzen hat?“ 

Hier kann man möglicherweise die Gegenfrage stellen, wer denn kontrolliert, ob der Schrank mit den alkoholischen Getränken ausreichend vor den Kindern gesichert ist. 

Ein weiterer, viel diskutierter Punkt ist die angestrebte Entlastung der Justiz. Hier sagt Wahlmann, dass keine Entlastung eintreten werde. Die Fälle, die dann legal seien, würden schon jetzt für keinen großen Aufwand sorgen. „Bereits heute wird ein Großteil dieser Fälle eingestellt“, meint sie außerdem. Dass Verfahren eingestellt werden ändere aber erst mal nichts daran, dass überhaupt gegen eine Person ermittelt wurde. Allein so eine Ermittlung kann als belastend empfunden werden. Dass ein „Großteil dieser Fälle“ eingestellt werde, ist rein rechtlich nicht damit gleichzusetzen, dass gar nicht erst ermittelt wird, weil sich schon gar kein Anfangsverdacht ergibt.

Und weiter?

Mit ihrer Kritik steht Kathrin Wahlmann nicht alleine da. Auch aus anderen Teilen der SPD regten sich Kritiker:innen. Auf Abgeordnetenwatch fand Nezahat Baradari (SPD), Mitglied im Gesundheitsausschuss, ebenfalls klare Worte gegen die Legalisierung: „Zum jetzigen Zeitpunkt kann ich weder als Berichterstatterin für Kinder- und Jugendgesundheit noch als Fachärztin für Kinder- und Jugendgesundheit diesem Gesetzesentwurf zustimmen, da Cannabis das Gehirn allein bis zum 25. Lebensjahr noch deutlich schädigt.“

Nichtsdestotrotz soll der Widerstand in den eigenen Reihen nichts an der geplanten Legalisierung ändern: Die Aussage von Anfang Dezember, das Cannabis-Gesetz würde „zeitnah im nächsten Jahr“ beschlossen, habe Bestand. 

Artikelbild: http://www.depositphotos.com

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