Wir wurden gefragt zum Plattform-Steuertransparenzgesetz

Wann ist man noch Privatverkäufer?

Veröffentlicht: 11.01.2023 | Geschrieben von: Sandra May | Letzte Aktualisierung: 12.01.2023

Aktuell sorgt eine neue Pflicht für Plattformbetreiber für reichlich Diskussionsstoff. Plattformen sind verpflichtet, Konten beim Finanzamt zu melden, die mehr als 2.000 Euro Umsatz im Jahr machen oder aber mehr als 30 Verkaufsaktivitäten vorweisen können. Dadurch soll gegen sogenannte Scheinprivate vorgegangen werden. Und jetzt? Bedeutet das, dass jeder, der mal seine Garage ordentlich entrümpelt, gleich steuerpflichtig wird? Wir haben uns angeschaut, wo die Grenze von rein privaten Verkäufen aufhört.  

EuGH: Nicht nur die Anzahl der Angebote ist entscheidend

Mit der Frage der Abgrenzung zwischen privater und gewerblicher Verkaufstätigkeit hat sich bereits der EuGH (Urt. v. 04.10.2018, Az. C-105/17) beschäftigt und festgestellt, dass es nicht allein auf die Anzahl der Verkäufe ankommt. In dem Fall ging es es um eine Anbieterin, die lediglich acht aktive Anzeigen online hatte. Damit liegt sie deutlich unter den 30 Verkaufsaktivitäten, die das Plattform-Steuertransparenzgesetz als Meldegrenze vorsieht. Scheint also so, als würde das Urteil erstmal nicht weiterhelfen. Allerdings traf der EuGH noch eine weitaus wichtigere Feststellung: Ob eine Person gewerblich handelt, muss an allen Umständen des Einzelfalls geprüft werden und eben nicht nur anhand eines Merkmals. Damit hat der EuGH das festgestellt, was der Spruchpraxis der deutschen Gerichte entspricht. Diese Spruchpraxis ist jetzt natürlich nicht gleich Geschichte. Es lohnt sich also, sich noch weitere Kriterien anzuschauen.

Planmäßiges Anbieten von Produkten

Laut Definition ist dann von einer gewerblichen Tätigkeit auszugehen, wenn ein selbstständiges und planmäßiges, auf Dauer angelegtes Anbieten von entgeltlichen Leistungen am Markt, vorliegt. 

Diese Voraussetzungen sind in jedem Fall dann erfüllt, wenn eine Person Waren ankauft oder annimmt, um diese dann weiterzuveräußern. Jemand, der beispielsweise Hausentrümpelungen durchführt und im Rahmen dieser Dienstleistung den Hausrat aufnimmt, sortiert und dann weiterverkauft. Auch eine hohe Anzahl von Verkäufen, sowie das Anbieten gleichartiger und/oder neuwertiger Ware kann für eine gewerbliche Tätigkeit sprechen. So wurde das Verkaufsverhalten einer Mutter, die in einem Monat gut 100 Kleidungsstücke ihrer Kinder verkauft hat, als gewerblich eingestuft. Maßgeblich war hier, dass sie auch überproportional viel Kleidung, die noch neu oder neuwertig war, angeboten hat. „Insbesondere der hohe Anteil von Neuwaren ist für Verkäufe aus dem Haushalt ungewöhnlich und spricht für eine gewerbliche Tätigkeit“, hieß es dazu im Urteil (LG Berlin, Urteil vom 05.09.2006 - 103 O 75/06).

Dahingegen sind einmalige „Peaks“, wie sie etwa entstehen, wenn Personen aufgrund einer Ausmist-Aktion viele Gegenstände aus ihrem Privathaushalt verkaufen, in der Regel nicht als gewerbliches Handeln einzustufen. 

Höhe der Einnahmen oft nicht ausschlaggebend

Was interessant ist. Die Höhe der Einnahmen spielt bei der Beurteilung oftmals gar keine große Rolle. Werden in Gerichtsurteilen Umsätze genannt, so heißt es meistens, dass das Verhalten aufgrund der Anzahl der Angebote trotz eines vergleichsweise geringen Umsatzes als gewerblich eingestuft werden muss. Die Gerichte scheinen daher eher darauf zu schauen, wie viele Transaktionen in einem bestimmten Zeitrahmen zustande kamen. Daneben ist auch noch relevant, wie die verkaufende Person auftritt: Eine professionelle Homepage, das Einbinden eigener AGB oder auch der Powersellerstatus bei Ebay können starke Indizien für das Vorliegen einer gewerblichen Verkaufstätigkeit sein.

Und nun?

Es scheint also, als würden die Grenzen aus dem Plattform-Steuertransparenzgesetz in ihrer starren Form nicht mit den von der Rechtsprechung entwickelten Indizien übereinstimmen. Die Festlegung starrer Grenzen ist aber auch nicht das Ziel des Gesetzes. Das legt lediglich fest, ab wann es gut wäre, dass das Finanzamt noch einmal genauer hinschaut, um so effektiver Personen auf die Schliche zu kommen, die Einnahmen erzielen, die eigentlich versteuert werden müssen.

Wer also einmalig sein gebrauchtes Auto für über 2.000 Euro verkauft oder seine Comicbuchsammlung mit über 30 Exemplaren auflöst, muss noch nicht befürchten, als Gewerbetreibender mit allen steuerlichen und rechtlichen Konsequenzen eingestuft zu werden. Es muss allerdings damit gerechnet werden, dass die Behörde nachhakt und eine Erklärung haben möchte. 

Sie wollen immer über die neuesten Entwicklungen im Online-Handel informiert sein? Mit unseren Newslettern erhalten Sie die wichtigsten Top-News und spannende Hintergründe direkt in Ihr E-Mail-Postfach – Jetzt abonnieren!
Newsletter
Abonnieren
Bleibe stets informiert mit unserem Newsletter.