Kommentar zur Urheberrechtsreform

Danke Axel Voss, die Quittung gibt’s zur Europawahl

Veröffentlicht: 26.03.2019 | Geschrieben von: Christoph Pech | Letzte Aktualisierung: 26.03.2019
#Axelsurft-Tweets

348 Ja-Stimmen, 274 Nein-Stimmen – die Urheberrechtsreform kommt. Auch wenn man nach Strohhalmen greifen und Katarina Barley auf ihre Tweets festnageln kann. Wir allen wissen, dass es nun so kommen wird. Dass Uploadfilter bald keine furchtbare Zukunftsvision, sondern wahrscheinlich furchtbare Realität sind. Seit Jahren warnt die Netzgemeinde vor den weltfremden Paragraphen in diesem Reformvorschlag, noch am Wochenende gingen 100.000 Menschen auf die Straße, um der Politik zu sagen, was mit dieser Reform schief läuft. Im Mai zur EU-Wahl werden die, die dieses Paket nun durchgeboxt haben, hoffentlich erfahren, was es heißt, lauten Protest zu ignorieren, als Manipulation und Kinderei abzutun.

Axel Voss, Retter dieses Internets

Axel Voss, die Speerspitze des Urheberrechts, gab noch vergangene Woche in einem Vice-Interview preis, dass er keine Ahnung vom Internet hat und trotzdem hat er dafür gesorgt, dass das Internet, wie wir es kennen, sich möglicherweise bald zum Schlechteren verändert. Dieser Mann hat Memes-Rubriken bei Google erfunden. Dieser Mann wirft YouTube vor, sein „Geschäftsmodell auf Diebstahl“ aufgebaut zu haben. Dieser Mann erklärt, dass die Proteste gegen seine Reform von Plattformen gesteuerte Kampagnen sind. Dieser Mann, der sich dafür feiert, Online-Kultur massiv beschränken zu wollen, beantwortet Interview-Fragen mit: „Ich weiß das nicht mehr so im Detail, das ist alles so rasant und schnelllebig.“

Das muss man sich mal vorstellen. Eine derartige Beratungsresistenz und Kritikunfähigkeit muss man sich ja auch erstmal trauen. Noch erschreckender ist eigentlich die dann doch viel zu große Mehrheit für die Reform. Denn nachweislich haben es Voss und Freunde geschafft, sehr viele Abgeordnete von ihrem schwammigen Vorschlag zu überzeugen. Julia Reda, als lauteste Proteststimme im EU-Parlament, mag zwar auch Verfahrenstricksereien anführen, am Ende stehen aber die vielen Ja-Stimmen. Böse Zungen mögen hier an Lobbyismus hinter den Kulissen denken, aber ich bin ja nicht böse.

Entscheidende EU-Wahl

Die Hoffnung ist nun nicht die Abstimmung im EU-Rat im April, sondern die Europawahl am 26. Mai. Denn wenn die vergangenen Wochen und Monate trotz der Niederlage eines gezeigt haben, dann, dass man jungen Leuten heutzutage keine Politikverdrossenheit mehr vorwerfen kann. Das Engagement für die Proteste war beachtlich. Nicht nur die #Bots haben Flagge gezeigt, man muss sich nur die #FridaysforFuture-Proteste anschauen. Junge Menschen politisieren sich und das ist eine gute Sache. Und sie politisieren sich nicht nur für Memes und Gifs und das ist eine noch viel bessere Sache. Den lauten Worten müssen am 26. Mai Taten folgen. Wir alle haben es in der Hand, der EVP, beziehungsweise der CDU, zu zeigen, was wir von ihrer rückwärtsgewandten Europapolitik halten. Die gute, die hoffnungsvolle Nachricht aus der heutigen Abstimmung muss lauten: Die CDU hat spätestens jetzt eine ganze Generation als Wählerschaft verloren.

Über den Autor

Christoph Pech
Christoph Pech Experte für: Digital Tech

Christoph ist seit 2016 Teil des OHN-Teams. In einem früheren Leben hat er Technik getestet und hat sich deswegen nicht zweimal bitten lassen, als es um die Verantwortung der Digital-Tech-Sparte ging. Digitale Politik, Augmented Reality und smarte KIs sind seine Themen, ganz besonders, wenn Amazon, Ebay, Otto und Co. diese auch noch zu E-Commerce-Themen machen. Darüber hinaus kümmert sich Christoph um den Youtube-Kanal.

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Kommentare  

#15 Die Redaktion 2019-04-04 13:25
Sehr geehrter Herr Klostermann,

Zunächst einmal vielen Dank für Ihre fundierte Kritik. Ich möchte an dieser Stelle zunächst noch einmal klarstellen, dass ich nicht gegen die Reform des EU-Urheberrecht s bin, genauso wenig wie der Händlerbund insgesamt. Diese ist längst überfällig. Und natürlich muss alles dafür getan werden, dass Urheber für ihre Erzeugnisse gerecht vergütet werden und dass diese nicht unrechtmäßig von Dritten verwendet oder verfremdet werden. Daran ist schließlich auch uns in der Redaktion der OnlinehändlerNe ws gelegen.

Meine Kritik, unter anderem im Kommentar, auf den Sie anspielen, richtet sich auch nicht gegen die Reformierung eines überholten Gesetzes, sondern gegen die kurzsichtigen und unklar formulierten Artikel 15 und 17, die im Grundsatz zwar richtig, in der letzten Konsequenz aus meiner Sicht aber kontraproduktiv sind. Die OnlinehändlerNe ws befassen sich durchaus differenziert mit der Thematik, ganz aktuell etwa zum Thema Leistungsschutz recht in diesem Artikel: onlinehaendler-news.de/.../...

Freundliche Grüße,
Christoph Pech,
Redaktion OnlinehändlerNe ws
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#14 V. E. Klostermann 2019-04-04 13:20
Sehr geehrte Damen und Herren,

mit Befremden haben wir Ihren Kommentar zur EU-Urheberrecht sreform gelesen. Unser Verlag ist Mitglied bei Ihnen, weil wir Ihr Engagement und Ihre Dienste schätzen. Dazu gehören aber nach meiner Meinung keine politischen Äußerungen, die nur einen Teil der Meinung Ihrer Mitglieder wiedergeben können.

Wir sind durch einen Hinweis des Börsenvereins für den deutschen Buchhandel auf den Händlerbund aufmerksam gemacht worden, und ich nehme an, dass auch zahlreiche andere Verlage zu Ihren Mitgliedern zählen. Die nach langem Ringen endlich erstrittene Urheberrechtsre form ist für uns von existenzieller Bedeutung, wurde uns doch durch Versäumnisse der Gesetzgebung die Beteiligung an den Erlösen der von uns gemeinsam mit den Autoren gegründeten Verwertungsgese llschaften durch europäische Rechtssprechung versagt. Schlimmer noch, wir mussten die Ausschüttungen einiger Jahre sogar zurückgeben, was gerade für die kleineren Verlage eine schwere Belastung war.

Wir sind froh, dass das europäische Parlament den Weg für die nationalen Gesetzgeber wieder freigemacht hat zur Beteiligung der Verlage an den Ausschüttungen der Verwertungsgese llschaften. Der 26. März war für uns ein glücklicher Tag, und wir sind dankbar für die Zähigkeit von Herrn Voss.

Es grüßt Sie freundlich
Vittorio E. Klostermann
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#13 niniveh 2019-03-30 12:48
Die EU, und jetzt im folgenden Schritt die Mitgliedsstaate n, versucht zu ordnen, das finde ich grundsätzlich vernünftig und ist die Aufgabe von Politik. Wenn nicht so viele das Netz als rechtsfreie Spielwiese betrachtet hätten, wäre das ja auch kein Problem. Die Emotionalität, die aus den Kommentaren und der gesamten Diskussion spricht, deutet für mich eher darauf hin, dass hier die kostenlose Nutzung der Kreativität und der Ideen von anderen im Zentrum des Interesses steht. Das ist nicht nur unfair, sondern verteilt auch das Geld im Internet auf unsolidarische Weise.
Im Übrigen: Das Internet wird nicht abgeschaltet und die Meinungsfreihei t auch nicht - s. die hier veröffentlichte n Kommentare...
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#12 Jothade 2019-03-30 12:15
Der Satz "Die Quittung gibt's zur Europawahl" ist gefährliche Munition, lieber Herr Pech und andere Journalisten: diese Aussage zu Herrn Voss ist auch meiner Meinung nach völlig richtig!
Allerdings werden das nicht alle verstehen und meinen dann, in einer "Protestwahl" europafeindlich e "Blaumännel mit tiefbraunem Futter" nach Brüssel schicken zu müssen.

1932 gab es schon einmal eine verheerende "Protestwahl", nach der dann kein Protest ohne KZ mehr möglich war...
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#11 Matze 2019-03-30 11:23
es ist traurig zu sehen, dass Artikelschreibe r sich politisch engagieren und versuchen, dies klar in ihrem Job rüber zu bringen. Das gehört sich nicht, auch wenn es nachvollziehbar ist und doch nicht wenige so denken. Für mich ist das ganze nur ne Katastrophe und Bevormundung hatte ich (gerade politisch) in meinem Leben viel. Dabei ist das System echt egal, man ist halt nur das Volk. Was wir denken und wollen, interessiert eh keinen Entscheider. Also: warum dann noch wählen gehen ? Ferkel sind niedlich, werden aber aber sehr schnell grösser und ändern sich nicht.
Und dabei ist es echt egal ob es rosa Schweinchen sind, schwarze oder in der SulE sich gefärbt haben. Wo ist da der Ausweg ?
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#10 Angelika Thaler-Jung 2019-03-29 09:49
Diebstahl ist immer noch Diebstahl ! Und der "Datenklau" von geistigem Eigentum ist ebenfalls Diebstahl. Nur weil wir noch keine wirklich guten Techniken haben, sprich Upload-Filter etc, die das unterscheiden können, kann eine CDU Partei nicht die Türen für noch mehr Datenklau öffnen. Ich bin völlig unpolitisch, aber die Politik, egal welche Partei, ist dafür da die Bürger zu schützen und mit dieser Entscheidung wurde geistiges Eigentum geschützt, welches genauso schützenswert ist wie der Mercedes vor dem Haus. Das verstehen sicher auch junge Menschen.
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#9 Angelika Thaler-Jung 2019-03-29 09:43
Diebstahl ist immer noch Diebstahl ! Und der "Datenklau" von geistigem Eigentum ist ebenfalls Diebstahl. Nur weil wir noch keine wirklich guten Techniken haben, sprich Upload-Filter etc, die das unterscheiden können, kann eine CDU Partei nicht die Türen für noch mehr Datenklau öffnen. Ich bin völlig unpolitisch, aber die Politik, egal welche Partei, ist dafür da die Bürger zu schützen und mit dieser Entscheidung wurde geistiges Eigentum geschützt, welches genauso schützenswert ist wie der Mercedes vor dem Haus. Das verstehen sicher auch junge Menschen.
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#8 Fred Feuerstein 2019-03-27 17:07
Nicht nur junge Leute protestieren hiergegen, ich bin jenseits der 50 und finde es ebenfalls schlecht, wie sich eine Urheberrechtslo bby aus Verlagen, Gema usw. durchgesetzt hat.

Als am Donnerstag Wikipedia zum Protest und zur Kontaktaufnahme mit EU Politikern aufgerufen hat, habe ich versucht die bayrischen CSU-Europaabgeo rdneten, u.a. den bayrischen EU-Kommissionsp räsidenten-Kand itaten Manfred Weber via deren EU-Mail-Adresse n zu kontaktieren. Fast alle Mailadresen von CSU-Abgeordnete n waren abgeschalten! Bei anderen Parteien hingegen gingen die Mailadressen. So sieht die Bürgernähe der Unionsparteien aus.
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#7 Markus Finke 2019-03-27 09:59
Ich glaube nicht das hier der richtige Platz für private politische Meinungen ist.
P.S. Ich bin dem Grundsatz nach Ihrer Meining aber das hier ist kein politischer Blog.
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#6 Jens 2019-03-27 09:32
sorry - ich kann über die EU nur noch kaputt lachen - leider spreche ich dieser nahezu jedwede Entscheidungsko mpetenz ab - siehe auch DSGVO. Da sitzen Leute, die vom realen Leben keine Ahnung haben und oben alles so lange kaputt reden bis unten nur noch Unsinn rauskommt. Ich hoffe sehr auf eine Abrechnung am 26.Mai - wobei auch dort hat man nur die Wahl zwischen "Dumm und Dümmer"
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