Abgesagte Events

Kein Recht auf Rückzahlung des Ticketpreises

Veröffentlicht: 01.06.2021 | Geschrieben von: Yvonne Bachmann | Letzte Aktualisierung: 01.06.2021
Gestrichener Termin im Kalender

Trotz sinkender Inzidenzwerte ist an einen sorgenfreien Sommer auf einem Festival noch nicht zu denken. Viele Konzerte und andere Veranstaltungen können immer noch nicht wie geplant stattfinden oder wurden auf unbestimmte Zeit verschoben. Es ist daher verständlich, dass Kunden diese Ungewissheit nicht hinnehmen wollen und zunächst ihr Geld für eine bereits gezahlte Einttrittskarte erstattet haben möchten.

Was für ein Theater: Gutscheingesetz verfassungswidrig?!

Die Veranstalter werden durch ein seit Mai 2020 gültiges Gesetz berechtigt, den Inhabern der Eintrittskarten statt der Erstattung des Eintrittspreises einen Gutschein zu übergeben. Der Gutschein kann dann entweder für eine Nachholveranstaltung oder eine gleichwertige Veranstaltung eingelöst werden. Erst, wenn der Gutschein nicht bis zum 31. Dezember 2021 eingelöst wird, erfolgt die Auszahlung des Geldes. Viele Kunden wehren sich gegen diese Ungerechtigkeit und bleiben hartnäckig. Auch von vielen Gerichten erhalten sie Rückendeckung. Unter anderem leitete das Amtsgericht Bremen eine Anfrage an den Europäischen Gerichtshof zur Frage der Zulässigkeit des Gesetzes. Das Amtsgericht Frankfurt beispielsweise ist sogar von der Verfassungswidrigkeit der Gutscheinlösung überzeugt.

Der Wind dreht sich

Das Amtsgericht Bayreuth beharrt jedoch auf dem offiziell immer noch gültigen Gutscheingesetz. Das Gericht betont zudem noch einmal, dass es die Gutscheinlösung nicht für verfassungswidrig hält. Durch die COVID-19-Pandemie sollen besonders stark betroffene Wirtschaftszweige wie die Eventbranche vor existenzbedrohenden Liquiditätsabflüssen und damit vor Insolvenzen geschützt werden und das Gutscheingesetz stehe somit vorrangig vor den Rechten der einzelnen Kunden (Urteil vom 11.05.2021, Aktenzeichen: 102 C 191/21). 

Auch das Amtsgericht Essen sieht das so und legt lang und breit dar, dass es von der Verfassungsmäßigkeit der Gutscheinlösung überzeugt ist. Etwas später gab es Verstärkung aus München, denn auch das dortige Amtsgericht hat in einem Fall einer wegen Corona abgesagten Theaterveranstaltung das Recht nicht dem klagenden Kunden zugesprochen (Urteil vom 29.09.2020, Aktenzeichen: 154 C 6021/20).

An wen muss der Kunde sich wenden?

Besonders oft diskutiert wurde in den letzten Monaten das Verhältnis des Käufers gegenüber dem eigentlichen Veranstalter und der zwischengeschalteten Ticketagenturen und Vorverkaufsstellen wie Eventim, denn hier bestehen in der Praxis die häufigsten Hürden. Ausschlaggebend ist die Antwort dafür, an wen die Kunden sich wegen ihrer Gutscheins (oder ihrer Rückerstattung) wenden müssen.

Das Amtsgericht Brandenburg setzte sich erst im Mai mit dem Thema auseinander: Der Vertragsabschluss hinsichtlich der Veranstaltungs-Tickets finde in der Regel gerade nicht unmittelbar zwischen Kunden und Veranstalter, sondern über Vorverkaufsstellen oder eine Vorverkaufsinternetplattform statt. In diesen Fällen tritt eine Vorverkaufsinternetplattform wie Eventim im Verhältnis zum Kunden lediglich als Vertreterin des Veranstalters auf, so dass dieser eigentliche Kaufvertrag für die Karten (und alle entsprechenden Rechte daraus) unmittelbar zwischen dem Kunden und dem Veranstalter geschlossen wird. So gesehen, ist die Vorverkaufsstelle nicht der richtige Ansprechpartner, wenn es um den Gutschein oder die Erstattung geht. Eine Klage gegen diesen hatte das Gericht deshalb einfach abgewiesen (Aktenzeichen: 31 C 131/20, Urteil vom 18.05.2021).

Allerdings gibt es dazu auch andere Stimmen: Der Ticketzwischenhändler muss sehr wohl dafür einstehen, dass die Teilnahme an der Veranstaltung bis zum avisierten Veranstaltungsbeginn faktisch durchsetzbar ist und nicht wieder entfällt. Ansonsten liegt ein Mangel vor und der Kunde kann sich an ihn wegen Ersatzansprüchen wenden.

Über die Autorin

Yvonne Bachmann
Yvonne Bachmann Expertin für: IT-Recht

Yvonne ist schon seit Beginn ihrer juristischen Laufbahn mit Leib und Seele im IT-Recht unterwegs. Seit Anfang 2013 ist sie als Volljuristin beim Händlerbund tätig und berät dort hilfesuchende Online-Händler in Rechtsfragen rund um ihren Shop. Genausolange berichtet sie bei uns zu Rechtsthemen, welche die E-Commerce-Branche aufwirbeln. 

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Kommentare  

#1 Peter 2021-06-03 06:36
Was für ein Wirrwarr !!!
So kann Rechtsprechung auch aussehen.
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