OVG Schleswig

Händlerin muss sich gegenüber Datenschutzbehörde nicht selbst belasten

Veröffentlicht: 22.07.2021 | Geschrieben von: Melvin Louis Dreyer | Letzte Aktualisierung: 22.07.2021
Datenschutz auf Schloss auf Tastatur

Vor dem Oberverwaltungsgericht Schleswig ging eine Online-Händlerin im Eilrechtsschutz kürzlich gegen ein Zwangsgeld in Höhe von 1.000 Euro vor: Es war ihr auferlegt worden, weil sie einige Fragen eines Auskunftsverlangens einer Datenschutzbehörde nicht beantwortet hatte. Vor Gericht erhielt sie teilweise Recht. Sie habe ein Auskunftsverweigerungsrecht und müsse sich nicht selbst belasten (OVG Schleswig, Beschluss v. 28.05.2021, Az. 4 MB 14/21).

Einen Freifahrtsschein, um das Auskunftsverlangen gar nicht zu beantworten, stellt die Entscheidung aber nicht dar. 

Der Fall: Von E-Mail-Werbung zur Post von der Datenschutzbehörde

Die Online-Händlerin betrieb einen Versandhandel für Kosmetikprodukte. Diesen bewarb sie auch per E-Mail-Marketing. Ab dem Jahr 2019 gingen bei der Datenschutzbehörde Mitteilungen von sieben verschiedenen Personen ein, in denen sie sich über Werbe-E-Mails der Händlerin beschwerten. Weder gäbe es eine Kundenbeziehung, noch hätten sie in diese Form der Datenverarbeitung eingewilligt. In Folge wandte sich die Behörde selbst an die Online-Händlerin und ordnete die Erteilung von Auskünften zu fünf Fragen zur Verarbeitung personenbezogener Daten an (aus dem Beschluss abgeleitet): 

  • Frage 1: Von welchen Verantwortlichen und Auftragsverarbeitern werden Daten erhoben und für Werbezwecke verarbeitet?
  • Frage 2: Welche personenbezogenen Daten werden dabei erhoben?
  • Frage 3: Technisch-organisatorische Maßnahmen und Verfahrensverzeichnis (Art. 24 und Art. 32 DSGVO)?
  • Frage 4: Wie viele Personen sind betroffen?
  • Frage 5: Wurden die Informationspflichten nach Art. 14 Abs. 1 und 2 DSGVO eingehalten?

Für den Fall, dass das Unternehmen die Fragen nicht fristgerecht beantworte, wurde im Bescheid je Frage ein Zwangsgeld in Höhe von 200 Euro angedroht. Gleichzeitig wurde es auf das gegebenenfalls bestehende Auskunftsverweigerungsrecht nach § 40 Abs. 4 S. 2 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) hingewiesen sowie auf die Pflicht, es der Behörde mitzuteilen, wenn es davon Gebrauch machen wolle. Dies tat das Unternehmen mit dem Verweis, sich nicht selbst belasten zu wollen, woraufhin die Behörde das Zwangsgeld in Höhe von 1.000 Euro verhängte. Dagegen ging die Händlerin gerichtlich vor. 

OVG Schleswig: Kein generelles Schweigerecht 

Das Oberverwaltungsgericht Schleswig gab ihr teilweise Recht. Um das Auskunftsverweigerungsrecht nach dem BDSG in Anspruch nehmen zu können, muss es sich um Fragen handeln, deren Beantwortung zur Gefahr einer strafgerichtlichen Verfolgung oder eines Ordnungswidrigkeitenverfahrens führen würde. Dazu muss die Möglichkeit, dass es zu solchen Konsequenzen kommt, auf dem Inhalt der Auskunft beruhen, etwa weil dadurch ein entsprechender Verdacht begründet oder gestützt wird. Ein generelles, umfassendes Schweigerecht gebe es nicht. Zusammengefasst konnte die Auskunft hier also nur verweigert werden, wenn die Gefahr einer rechtlichen Verfolgung ernsthaft möglich erscheint.

Zwangsgeld: Händlerin stand Auskunftsverweigerungsrecht nur teilweise zu

Hier standen zwar bestimmte DSGVO-Verstöße im Raum, die zu einem Ordnungsmittelverfahren führen könnten. Hinsichtlich der Fragen 1, 2 und 4 sah das Gericht aber nicht die Gefahr der Selbstbelastung. Die Benennung von Verantwortlichen und Auftragsverarbeitern, die Angabe der verarbeiteten Daten und die Zahl derjenigen, deren Daten verarbeitet wurden, würden noch keine Rückschlüsse darauf zulassen, ob es einen Verstoß gegen die Grundsätze der DSGVO gebe. Es wären weitere Umstände erforderlich, wie etwa das Fehlen einer notwendigen Einwilligung. Das bedeutet, dass das Unternehmen sich hinsichtlich dieser Fragen nach der Auffassung des OVG nicht auf das Auskunftsverweigerungsrecht berufen konnte.

Anderes gelte jedoch im Hinblick auf die Fragen 3 und 5: Durch die Beantwortung dieser Fragen könne sich die Händlerin tatsächlich dem Risiko einer Rechtsverfolgung aussetzen. Hier hätte für die Nichtbeantwortung der Fragen also kein Zwangsgeld verhängt werden dürfen.

Erhält ein Online-Händler ein solches Auskunftsverlangen, kann er sich demnach also nicht in jedem Fall auf sein Auskunftsverweigerungsrecht berufen. Bestehen Fragen oder Unsicherheiten, sollte idealerweise eine rechtliche Beratung erwogen werden – auch im Hinblick darauf, dass es sich meist nur um einen ersten Schritt der Behörde handelt. 

Schreiben Sie einen Kommentar

Newsletter
Abonnieren
Bleibe stets informiert mit unserem Newsletter.