„nicht empfehlenswert”

Ein-Stern-Bewertung ohne Geschäftsbeziehung ungerechtfertigt

Veröffentlicht: 29.11.2022 | Geschrieben von: Yvonne Bachmann | Letzte Aktualisierung: 05.04.2023
Man gibt einen Stern auf Tablet

Die Meinungsfreiheit ist – als grundgesetzlich garantiertes Recht – eines der bedeutendsten Güter hierzulande. Die Äußerung von Meinungen ist nicht nur erlaubt, sondern sogar vom Grundgesetz garantiert. Vielmehr darf Kritik sogar pointiert, polemisch und überspitzt erfolgen. Negative Bewertungen gehören als legales Mittel daher mittlerweile zum Alltag, nicht nur im Online-Handel, sondern auch bei privaten und geschäftlichen Kontakten jeglicher Art. Doch bedauerlicherweise reizen viele Internetznutzer dieses Grundrecht bis aufs Äußerste aus. 

Vergabe eines Sternes von der Meinungsfreiheit gedeckt?!

Wenn es gar nichts Konkretes zu kritisieren gibt, beispielsweise, weil man die Arbeit seines Gegenübers überhaupt nicht beurteilen kann, kann eine negative Äußerung, die ansonsten von der Meinungsfreiheit geschützt würde, jedoch nicht mehr gerechtfertigt werden. So geschehen in einer Bewertung, die ein Rechtsanwalt bei Google My Business eingefangen hatte. Einen Stern bekam er mit dem Kommentar „nicht empfehlenswert” und „kritisch: Professionalität“. Nun weiß jeder, dass es eher nicht von Vorteil ist, sich mit einem Rechtsanwalt anzulegen, denn der ging wenig überraschend gegen diese Bewertung vor – und gewann.

Die Bewertung stammte nicht etwa von einem Mandanten des Rechtsanwaltes, sondern sie kam von jemanden, der in einem Prozess auf der Gegenseite stand und vom Mandanten des Rechtsanwaltes verklagt wurde. Nicht die beste Grundlage für eine objektive Bewertung also.

Bewertung ohne hinreichende Grundlage

Die Bewertung muss gelöscht werden, so dann auch der Tenor des Urteils, denn die Bewertung ist unter anderem ein Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb des Rechtsanwaltes gewesen (Urteil des OLG Stuttgart vom 31.08.2022, Az.: 4 U 17/22). Obwohl es sich um Meinungsäußerungen handelte, die grundsätzlich nur begrenzt angreifbar sind, hatte die Bewertung auch einen Tatsachenkern, der, wenn er unwahr ist, angreifbar ist. Und genau das brachte die Bewertung zu Fall.

Liest man das Feedback aus objektiver Sicht, geht man davon aus, dass der Bewertende mit der Leistung der Kanzlei in Kontakt gekommen ist, beispielsweise dort bereits eine Beratung erhalten hat. Keinesfalls sei jedoch ein früherer Prozessgegner in der Lage, Erfahrungen neutral und wertfrei zu teilen, so die Zusammenfassung. Die Meinungsäußerungsfreiheit findet daher ihre Grenze, da es für die Äußerung schlechthin keine tatsächlichen Bezugspunkte gibt.

Übrigens: Auch ein möglicher Verstoß gegen die Nutzungsbedingungen von Google können nur als Anhaltspunkt dienen, denn sie gelten hier in dem Fall nicht direkt zwischen dem Rechtsanwalt und dem Verfasser der Bewertung. Sie gaben ohnehin für den konkreten Fall keinen Aufschluss.

Über die Autorin

Yvonne Bachmann
Yvonne Bachmann Expertin für: IT-Recht

Yvonne ist schon seit Beginn ihrer juristischen Laufbahn mit Leib und Seele im IT-Recht unterwegs. Seit Anfang 2013 ist sie als Volljuristin beim Händlerbund tätig und berät dort hilfesuchende Online-Händler in Rechtsfragen rund um ihren Shop. Genausolange berichtet sie bei uns zu Rechtsthemen, welche die E-Commerce-Branche aufwirbeln. 

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