Recht auf Vergessenwerden

Google muss nicht nach der Wahrheit forschen

Veröffentlicht: 24.05.2023 | Geschrieben von: Sandra May | Letzte Aktualisierung: 30.05.2023
Nutzer hat Google auf Notebook geöffnet

Das Recht auf Vergessenwerden verankert den Anspruch, dass nicht jede Information für immer abrufbar sein muss. Getreu dem Motto „Irgendwann ist auch einmal gut“ haben Personen einen Anspruch auf Löschung, sofern das öffentliche Interesse das eigene an der Löschung nicht überwiegt.

In einem aktuellen Fall hat sich der Bundesgerichtshof (Urteil vom 23.05.2023, Az. VI ZR 476/18) mit der Frage beschäftigt, welche Pflichten das Unternehmen Google hat, wenn es um einen solchen Anspruch geht.

Betroffene müssen Unwahrheit belegen

Ausgangspunkt des ganzen Falles war der Streit eines Paares aus der Finanzdienstleistungsbranche mit Google. Das Paar wollte, dass Links zu kritischen Artikeln nicht mehr in der Google-Suche auftauchen. 

Das Unternehmen stellte sich aber quer: Immerhin könne es nicht wissen, ob die in den Artikeln wiedergegebenen Inhalte wahr oder falsch seien. Auf Spurensuche müsse sich Google jedenfalls nicht begeben. Dem stimmte auch der Bundesgerichtshof laut Zeit zu: Sollen Suchergebnisse gelöscht werden, müssen die Betroffenen die Gründe für ihren Rechtsanspruch darlegen und vor allem belegen. Eigene Nachforschungen müssen Suchmaschinenbetreiber jedenfalls nicht anstellen. Sollte Betroffenen der Nachweis gelingen, dass Angaben falsch sind, müssen Links zu beanstandenden Inhalten aus den Suchergebnissen entfernt werden. 

Urteil im Einklang mit EuGH-Entscheidung

Der Fall hatte bereits eine kleine Reise hinter sich gebracht: Das Paar wollte Google dazu zwingen, dass bei der Eingabe der Namen bestimmte, kritische Artikel nicht mehr angezeigt werden. Dabei ging es um Inhalte, die eine US-amerikanische Internetseite über das Anlagemodell des Paares veröffentlichte. Der Vorwurf lautete, dass die Seite gezielt negative Berichte veröffentlichte, um das Paar erpressbar zu machen. Zunächst versuchte das Paar, Google im Jahr 2018 vor dem OLG Köln zur Löschung der Suchergebnisse zu zwingen. Damit hatte es aber keinen Erfolg. Die Texte durften größtenteils weiter angezeigt werden. Danach ging es weiter zum BGH, der den Fall erst einmal dem EuGH vorlegte. Der EuGH entschied, dass die Beweislast zur Falschheit von Suchergebnissen bei den Betroffenen liegt. Diesen Grundsatz hat der BGH nun in seiner Entscheidung umgesetzt. 

Was ist eigentlich mit Thumbnails?

Ebenfalls interessant an dem Fall waren die Thumbnails, also die kleinen Bilder, die neben Suchergebnissen ohne jeglichen Kontext angezeigt werden. Hier wurde das Paar mal im Cabrio, mal im Hubschrauber gezeigt. Diese Bilder sollten ein Beleg dafür sein, dass die „Initiatoren und Hintermänner“ des Analysemodells in Luxus schwelgen würden. Auch diese Bilder sollten nach dem Willen des Paares entfernt werden. Hier hat Google allerdings laut der Wirtschaftswoche argumentiert, dass die Bilder lediglich dann entfernt werden müssen, wenn die dahinter liegenden Links zu Inhalten führen, die wiederum nicht in den Suchergebnissen angezeigt werden dürften. Mit dieser Argumentation konnte sich Google laut LTO aber nicht durchsetzen. Für sich genommen seien die Bilder nicht aussagekräftig. Dies gelte, obwohl man mit einem Klick auf die Bilder zu entsprechenden Texten komme, die möglicherweise einen Kontext erläuterten. Für das Anzeigen solcher Vorschaubilder gebe es schlicht keinen Rechtfertigungsgrund, weswegen das Recht am eigenen Bild überwiege.

Über die Autorin

Sandra May
Sandra May Expertin für: IT- und Strafrecht

Sandra schreibt seit September 2018 als juristische Expertin für OnlinehändlerNews. Bereits im Studium spezialisierte sie sich auf den Bereich des Wettbewerbs- und Urheberrechts. Nach dem Abschluss ihres Referendariats wagte sie den eher unklassischen Sprung in den Journalismus. Juristische Sachverhalte anschaulich und für Laien verständlich zu erklären, ist genau ihr Ding.

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Kommentare  

#1 anja 2023-05-26 14:58
der text enthält einen schreibfehler. "erläuterten" heißt es richtig.

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Antwort der Redaktion

Vielen Dank für den Hinweis. Wir haben den Text geändert.
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