Sanella wegen Mogelverpackung verurteilt

Weniger ist nicht immer mehr, sondern auch rechtswidrig

Veröffentlicht: 05.03.2024 | Geschrieben von: Sandra May | Letzte Aktualisierung: 05.03.2024
Ein Stück Magarine mit einem Buttermesser auf einem Holzbrett

Den Begriff der Mogelverpackungen kennt man vor allem von Negativpreisen, wie „der Mogelverpackung des Jahres“. Dabei werden Hersteller:innen dafür abgestraft, dass beispielsweise bei gleichbleibendem Preis plötzlich weniger drin ist. Allerdings kann so eine Mogelverpackung offenbar auch wettbewerbsrechtliche Folgen haben, stellte nun das Landgericht Hamburg (Urteil vom 13.02.2024, Aktenzeichen: 406 HKO 121/22) fest.

Gleiche Verpackung, weniger Inhalt 

Bei der Entscheidung ging es um den Margarinehersteller von Sanella. Bis vor Kurzem wurde sie in 500-Gramm-Packungen verkauft, nun in 400-Gramm-Packungen. Das Gewicht war korrekt angegeben, jedoch änderte sich sonst nichts am Aussehen. Die Verbraucherzentrale Hamburg mahnte den Hersteller wegen wettbewerbswidrigen Verhaltens ab. Zum einen sei das Beibehalten des Designs ohne einen Hinweis auf die neue Füllmenge irreführend; zum einen verstoße der Hersteller gegen das Mess- und Eichgesetz. Dieses verbietet in § 43 die Bereitstellung von Verpackungen, „wenn sie ihrer Gestaltung und Befüllung nach eine größere Füllmenge vortäuschen als in ihnen enthalten ist“.

Der Hersteller wollte die Abmahnung aber nicht akzeptieren: Auf dem Markt seien 500-Gramm-Packungen nicht das übliche Maß. Viel mehr gäbe es eine große Anzahl von Packungen mit unterschiedlichen Füllmengen. Auch ein Verstoß gegen das Mess- und Eichgesetz läge nicht vor. Die geringere Füllmenge habe sogar den Vorteil, dass kein Streichfett am Deckel der Verpackung beim Öffnen haften bleiben würde. 

Das Landgericht Hamburg musste über die Abmahnung entscheiden.

Irreführung von Verbraucher:innen

Das Gericht folgte der Ansicht der Verbraucherzentrale Hamburg: Die Veränderung der Füllmenge sei dazu geeignet, Verbraucher:innen in die Irre zu führen, obwohl das richtige Gewicht auf der Verpackung steht. Durch die identische Verpackung würden Verbraucher:innen regelmäßig davon ausgehen, „ein auch hinsichtlich der Füllmenge unverändertes Produkt zu erwerben und die geringere Füllmenge erst im Nachhinein bemerken“.

Eine Irreführung liegt insbesondere in den ersten drei Monaten vor: Hier wäre der Hersteller zu einem Hinweis oder eben einer anderen Verpackung verpflichtet gewesen. „Vorliegend ist der Vertrieb der hier streitigen 400 g-Packung ohne deutlich sichtbaren aufklärenden Hinweis über die geänderte Füllmenge jedenfalls für einen Zeitraum von 3 Monaten irreführend, wenn Sanella zuvor in einer bis auf die Füllmengenangabe identischen Produktverpackung in 500 g-Packungen vertrieben worden ist“, heißt es konkret im Urteil.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Fazit: Es bleibt ein komischer Beigeschmack

Nimmt man das Urteil, wie es ist, so bedeutet es für Hersteller:innen, dass diese nicht mal ebenso die Füllmengen ihrer Produkte ändern dürfen. Sie müssen entweder (zumindest für die ersten drei Monate) das Layout der Verpackung ändern, oder einen Hinweis anbringen. Das Gericht geht davon aus, dass Gewichtsangaben – zumindest bei gewohnten Verpackungen – nicht von Verbraucher:innen gelesen werden. Würden Verbraucher:innen allerdings ohnehin nicht auf die Füllmenge achten, so stellt sich natürlich die Frage, inwiefern diese für die Einzelperson überhaupt relevant ist und ob dann tatsächlich eine Irreführung vorliegt. Die Begründung klingt auf den ersten Blick zwar plausibel, aber so richtig überzeugen kann sie auf den zweiten Blick nicht. Entweder wird die Kundschaft von einer sich plötzlich veränderten Füllmenge getäuscht, oder aber die Menge ist egal, weil nicht auf den Aufdruck geachtet wird. Vielleicht wollte das Gericht auch einfach nur zum Ausdruck bringen, dass der Stammkundschaft die Änderung möglicherweise durchrutscht, da diese in der Regel nicht bei jedem Kauf das Gewicht checkt, sondern einfach davon ausgeht: „Wird schon passen!“

Es bleibt abzuwarten, ob der Sanella-Hersteller Rechtsmittel einlegt und wie der Fall von der nächsten Instanz bewertet wird. 

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Artikelbild: http://www.depositphotos.com

Über die Autorin

Sandra May
Sandra May Expertin für: IT- und Strafrecht

Sandra schreibt seit September 2018 als juristische Expertin für OnlinehändlerNews. Bereits im Studium spezialisierte sie sich auf den Bereich des Wettbewerbs- und Urheberrechts. Nach dem Abschluss ihres Referendariats wagte sie den eher unklassischen Sprung in den Journalismus. Juristische Sachverhalte anschaulich und für Laien verständlich zu erklären, ist genau ihr Ding.

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Kommentare  

#2 SIEVERT, Kerstin 2024-03-06 09:59
Nur weil Viele etwas machen, wird es dadurch nicht automatisch richtig oder rechtens. Interessant wäre in diesem Zusammenhang auch, ob die Geschäfte über die geänderte Inhaltsmenge informiert waren, denn die hätten die Grundpreisangab e ändern müssen - sonst droht gleich der nächste Ärger... .
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#1 Michaela Zang 2024-03-06 08:55
Das hat nicht nur Sanella so gemacht. Auch Rama und andere Hersteller haben die Verpackung von 500g auf 400g verkleinert. Das ist doch mittlerweile nichts neues mehr
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