Vorstoß in Bayern

Quellensteuer auf Online-Werbung – Rechtlich und tatsächlich kritisch

Veröffentlicht: 22.02.2019 | Geschrieben von: Sandra May | Letzte Aktualisierung: 22.02.2019
Personen berechnen Steuer am Tisch.

Für viel Aufsehen sorgte diese Woche das bekannt gewordene Vorgehen der bayerischen Finanzämter: Diese haben rückwirkend für die Jahre 2012 und 2013 die sogenannte Quellensteuer in Höhe von 15 Prozent verlangt. Diese Steuer berechnet sich danach, wieviel Unternehmen für ihre Werbung bei Google, Facebook und Co. bezahlt haben. Für viele war diese Forderung ein Schock: In manchen Fällen erreichen die Forderungen eine existenzbedrohende Höhe.

Rechtlicher Hintergrund

Hintergrund des Vorgehens ist weder ein neues Gesetz, noch eine neue Richtlinie: Die Finanzämter legen lediglich das bestehende Gesetz anders aus.

Konkret geht es um den Paragraphen im Einkommenssteuergesetz, der die beschränkte Steuerpflicht beispielsweise für ausländische Künstler regelt. Tritt an ein solcher Künstler in Deutschland auf, so sind sie nur für die Einkünfte steuerpflichtig, die einen besonderen Inlandsbezug haben.  Diese Steuer wird aber nicht vom Künstler bezahlt, sondern vom Veranstalter, der den Künstler bucht. Diese Steuer wird dann aber von der Gage, die wiederum der Künstler erhält, abgezogen.

Die bayerischen Finanzämter behandeln beispielsweise Google nun wie diese Künstler und die Unternehmen wie Veranstalter: Die Unternehmen sollen für die Einnahmen, die Google durch ihre Werbeplatzbuchung erhält, die Steuer abführen und diesen Wert dann bei dem Betrag, den sie Google zahlen müssten, abziehen.

Wie das allerdings in der Praxis – vor allem bei Zahlungen, die bereits vor Jahren getätigt wurde – passieren soll, ist praktisch kaum zu händeln (wir berichteten).

Lösung auf Bundesebene

Gleichzeitig mit dem Vorgehen in Bayern wurde bekannt, dass die Bundesregierung in diesem Bereichh die Erhebung einer Quellensteuer plane. Konkret geht es hier allerdings eher darum, dass die Finanzämter in Bayern eine Diskussion angestoßen haben. Im Moment scheint es so zu sein, dass die Finanzämter der Länder unterschiedliche Anwendungen des Einkommensteuergesetzes praktizieren. Wird davon berichtet, dass die Regierung eine Quellensteuer plane, so geht es dabei eher um die Klärung eines bundeseinheitlichen Auslegung, damit ein überraschender Vorstoß wie derzeit in Bayern eben nicht vorkommt.

Vom Bayerischen Staatsministerium der Finanzen und für Heimat hieß es dazu: „Die Frage, ob Online-Werbeumsätze ausländischer Unternehmen im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht nach geltendem Recht einem Quellensteuerabzug unterliegen, bedarf einer bundesweit einheitlichen Beantwortung bzw. Klärung. Bayern hat das Bundesministerium der Finanzen bereits um eine zeitnahe Erörterung der Thematik auf Bund-Länder-Ebene gebeten.”

Mittlerweile liegt uns auch ein Statement des Bundesfinanzministeriums vor: „Wir schauen uns diese Anwendungspraxis rechtlich gerade genau an und tauschen uns hierzu derzeit auch mit den Finanzverwaltungen der Länder aus.“

Rechtlich äußerst zweifelhafte Anwendung

Es ist allerdings schon jetzt zweifelhaft, ob die Auslegung der bayerischen Finanzämter so korrekt ist: Wie der Stellungnahme des Händlerbundes zu entnehmen ist, handelt es sich um eine sehr weite Auslegung. Hinzu kommt noch, dass nicht ersichtlich ist, wie eine solche neue Auslegung mit solchen Auswirkungen rückwirkend angewendet werden kann.

Hinzu kommt noch, dass die Folgen einer solchen Auslegung weder rechtlich noch praktisch sinnvoll wären: Firmen wie Google und Facebook haben ihren Firmensitz in Irland. Zwischen Irland und Deutschland besteht ein sogenanntes Doppelbesteuerungsabkommen. Einfach gesagt sollen diese Abkommen Firmen vor doppelter Besteuerung ihrer Einkommen schützen. Generiert Firma A mit Sitz in Irland Gewinne über eine Tätigkeit in Deutschland, so werden diese Einkommen in Irland versteuert. Eine nochmalige Besteuerung in Deutschland ist aufgrund des Doppelbesteuerungsabkommens nicht möglich und würde im Ergebnis dazu führen, dass Firmen sich ihre so zu viel gezahlten Steuern von dem einen oder anderen Land wieder zurück holen würden. Das Ergebnis eines solchen Konstruktes wäre ein absolut unökonomischer Verwaltungsaufwand, der nichts an der derzeitigen Situation ändern würde: Google und Co. müssen ihre Einkünfte nur einmal versteuern. Das tun sie; beispielsweise in Irland. Eine Besteuerung der Einnahmen durch die von Unternehmen gezahlten Werbeplätze auf die Weise, wie es Bayern jetzt praktiziert, ist nach unserer Meinung rechtlich nicht möglich.

Über die Autorin

Sandra May
Sandra May Expertin für: IT- und Strafrecht

Sandra schreibt seit September 2018 als juristische Expertin für OnlinehändlerNews. Bereits im Studium spezialisierte sie sich auf den Bereich des Wettbewerbs- und Urheberrechts. Nach dem Abschluss ihres Referendariats wagte sie den eher unklassischen Sprung in den Journalismus. Juristische Sachverhalte anschaulich und für Laien verständlich zu erklären, ist genau ihr Ding.

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