Was kommt auf Händler zu?

Amazon: Klagen künftig auch außerhalb Luxemburgs?

Veröffentlicht: 07.08.2019 | Geschrieben von: Melvin Louis Dreyer | Letzte Aktualisierung: 22.06.2022
Straßenschild Luxemburg vor Wolken

Das Verfahren des Bundeskartellamtes hat Amazon zu einigen weltweiten Änderungen veranlasst (wir berichteten). Dabei geht es insgesamt um einen Punkt: Das Verhältnis zwischen dem Marktplatz und den dort aktiven Online-Händlern. 

In den geplanten Anpassungen finden sich auch neue Vereinbarungen zum Gerichtsstand und dem Recht, das gelten soll, wenn es um Streitigkeiten zwischen Amazon und einem Händler kommt. Für einen Händler kann das beides wichtig sein, wenn es zu Ärger kommt: Liegt dann der Gerichtsstand in einem anderen Land, weil dies vertraglich so vereinbart worden ist, muss man etwa dort sitzende Rechtsanwälte mit seinem Fall bemühen – und so steht hier die erste Komplikation, etwa durch sprachliche Hürden, im Weg, die auch durch ein finanzielles Risiko für klagende Händler begleitet wird.

Gerichtsstand: Luxemburg adé?

So liegt der Fall auch bisher beim Handel auf dem deutschen Ableger des Marktplatzes. Für die juristische Auseinandersetzung zwischen Amazon und einem Händler ist kein deutsches Gericht zuständig. Im Business Solution Vertrag vereinbaren Marktplatz und Marktplatz-Händler, die sich als gewerblich angemeldet haben, einen ausschließlichen Gerichtsstand. „Jede Streitigkeit, die sich auf irgendeine Art und Weise auf die Nutzung der Programme oder dieses Vertrags bezieht, wird vor den Gerichten in Luxemburg Stadt, Luxemburg verhandelt werden“, heißt es dabei. 

Gerade für kleinere Händler kann das mit einer Belastung, auch einer wirtschaftlichen, einhergehen, die schlussendlich womöglich auch daran hindert, überhaupt einen Prozess zu führen. Diese mögliche Behinderung der Rechtsdurchsetzung hat auch das Bundeskartellamt gesehen.

Die Änderungen im Vertrag (BSA), die ab dem 16. August 2019 gelten sollen, wird es daher zu einer wesentlichen Anpassung kommen: Auf den ausschließlichen Gerichtsstand verzichtet Amazon, auch in den Bedingungen für Zahlungsverkehr (APE). Die „Gerichte von Luxemburg Stadt“ finden sich noch immer wieder, nun allerdings unter dem Hinweis, dass es sich dabei um einen „nicht ausschließlichen Gerichtsstand“ handele. 

Damit können gerichtliche Verfahren in Luxemburg geführt werden, müssen aber nicht  mehr zwingend dort geführt werden. Klagt nun ein Händler gegen Amazon, kann sich die örtliche Zuständigkeit der Gerichte auch nach den allgemeinen gesetzlichen Bestimmungen richten. 

Regelung nach internationalem Zivilverfahrensrecht

„Mit dem Verzicht auf die Vereinbarung der ausschließlichen Zuständigkeit der Gerichte Luxemburgs wird die Möglichkeit für andere Gerichtsstände geöffnet, an denen eine Klage erhoben werden kann und zwischen denen der Kläger die Wahl hat. Hierzu gehören neben dem allgemeinen Gerichtsstand auch besondere Gerichtsstände wie etwa der Gerichtsstand des Erfüllungsortes, der unerlaubten Handlung oder der Niederlassung“, teilt uns ein Sprecher des Bundeskartellamts auf unsere Anfrage hin mit. 

Hier kommt es also auf das internationale Zivilverfahrensrecht an. Grundsätzlich gilt damit, dass Amazon dort verklagt werden muss, wo es seinen Sitz hat – womit man wohl wieder in Luxemburg wäre. Das entsprechende Gesetz sieht aber besondere Gerichtsstände vor. Wenn es nämlich um Ansprüche aus einem Vertrag oder um einen Vertrag selbst geht, darf auch ein Gericht des Ortes entscheiden, an dem die Verpflichtung zu erfüllen gewesen wäre oder erfüllt wurde (Erfüllungsort). Bei der Erbringung von Dienstleistung, und das ist hier das, was Amazon gegenüber Händlern macht, liegt dieser Ort dort, wo diese Dienstleistung hätte erbracht werden müssen oder erbracht wurde.

Wo dieser Ort nun zu suchen ist, darüber lässt sich streiten. Hier wird die Rechtsprechung zeigen müssen, wie die Lage schließlich zu beurteilen ist. Eine absolute Gewissheit, welches Gericht örtlich für die Streitigkeit zuständig ist, ergibt sich mit den Änderungen insofern leider nicht für Händler.

Luxemburgisches Recht weiter vorgesehen

Weiterhin bleiben wird es dabei, dass im Verhältnis zwischen Amazon und Händler luxemburgisches Recht Anwendung findet. Das schreiben die Nutzungsbedingungen, bzw. das BSA vor. Selbst dann, wenn also ein Gericht in Deutschland zuständig ist, müsste nach diesem ausländischen Recht entschieden werden – so besagen es auch der Fallbericht des Bundeskartellamts. Das ist nicht so unüblich wie es klingt: Im B2B-Bereich werden oft Rechtswahlklauseln vereinbart, und etwa auch bei grenzüberschreitenden familienrechtlichen Angelegenheiten kommt es öfter vor, dass ein Gericht das Recht eines anderen Staates anwenden muss. Für Händler entstehe hier so der Vorteil, dass zumindest keine luxemburgischen Rechtsanwälte beauftragt werden müssen, oder etwaige Schriftstücke übersetzt – so das Bundeskartellamt.

Die Annahmen in diesem Beitrag beruhen auf dem Kenntnisstand zum Zeitpunkt seiner Veröffentlichung. Die Änderungen im Business Solutions Agreement (BSA) und anderen Vereinbarungen sind lediglich angekündigt und noch nicht gültig oder bindend.

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