Fristen, Funktion und Folgen

7 Fakten zur Abmahnung im Arbeitsrecht

Veröffentlicht: 07.03.2023 | Geschrieben von: Sandra May | Letzte Aktualisierung: 14.03.2023
Geschäftsmann, der ein rotes Verkehrsdreieck-Warnschild vor seinem Kopf hält

Eine arbeitsrechtliche Abmahnung ist ein wichtiges Instrument für Arbeitgeber, um Verhaltensverstöße von Arbeitnehmern zu ahnden und gegebenenfalls weitere rechtliche Schritte einzuleiten. Doch was genau bedeutet eine Abmahnung und was müssen Führungskräfte beachten?

Fakt 1: Die Abmahnung ist ein Warnschuss

Die Abmahnung hat vor allem eine Funktion: Sie soll den Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin warnen. Daher gilt sie auch als Vorstufe zur Kündigung. Eine Abmahnung ergibt vor allem dann Sinn, wenn Führungskräfte mit dem Verhalten oder der Leistung des betreffenden Teammitgliedes nicht zufrieden sind.

Neben der Warnfunktion erfüllt die Abmahnung außerdem noch die Hinweis-und Dokumentationsfunktion.

Hinweisfunktion: In der arbeitsrechtlichen Abmahnung soll dem Arbeitnehmer deutlich gemacht werden, dass ein bestimmtes Verhalten, welches in der Abmahnung konkret benannt wird, nach Ansicht des Arbeitgebers als inakzeptabler Verstoß gegen seine Pflichten gilt.

Dokumentationsfunktion: Für die Abmahnung gibt es keine festgeschriebene Form. Sie kann also auch mündlich ausgesprochen werden. Allerdings wird sie in der Regel schriftlich verfasst und in der Personalakte des Arbeitnehmers abgelegt, um etwaige Nachweisschwierigkeiten oder Unklarheiten bezüglich ihres Inhalts von vornherein auszuschließen.

Fakt 2: Die Abmahnung ist nicht immer Voraussetzung für eine Kündigung

In der Regel soll die Abmahnung eine Warnung sein und stellt damit die Vorstufe zur Kündigung dar. Das sieht auch das Gesetz so: Im Absatz zwei des § 314 BGB ist die Abmahnung als Voraussetzung für eine Kündigung genannt. Allerdings muss die Abmahnung nicht in jedem Fall vor der Kündigung erfolgen. Es gibt auch Fälle, bei denen direkt die Kündigung ausgesprochen wird. Auf eine Abmahnung darf dann verzichtet werden, wenn eine Verhaltensänderung in der Zukunft nicht zu erwarten ist, oder bei schweren Vertragsverletzungen, bei denen dem Arbeitnehmer oder der Arbeitnehmerin bewusst sein muss, dass diese zur einer Kündigung führen kann. Eine direkte Kündigung darf außerdem dann ausgesprochen werden, wenn durch das Fehlverhalten das Vertrauensverhältnis zwischen den Arbeitsvertragsparteien so erschüttert worden ist, dass es auch durch den Warnschuss nicht wieder hergestellt werden kann. 

Fakt 3: Mit der Abmahnung wird (erst einmal) auf das Kündigungsrecht verzichtet

Ob eine Abmahnung ausgesprochen wird oder direkt eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses eingeleitet wird, muss gut bedacht werden. Wird ein Verhalten abgemahnt, so hat dies nämlich zur Folge, dass das arbeitgebende Unternehmen für dieses konkrete Verhalten auf das Recht zur Kündigung verzichtet. Wird beispielsweise eine Abmahnung wegen eines Diebstahls ausgesprochen, so kann das Unternehmen später nicht wegen dieses Diebstahls die Kündigung aussprechen. Eine Kündigung wäre dann möglich, wenn es trotz der Abmahnung zu weiteren widerrechtlichen Entwendungen kommt. 

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Fakt 4: Abmahnungen müssen unmittelbar erfolgen

Aber: Wie lange sollten sich Führungskräfte mit der Entscheidung Zeit lassen, ob ein Verhalten mit einer Abmahnung abgestraft wird? Im Gesetz gibt es dazu keine feste Frist. Das Bundesarbeitsgericht spricht lediglich von zeitnah, wobei sich hier als Faustregel eine Frist von 14 Tagen etabliert hat. 

Was ist aber, wenn ein bestimmtes Fehlverhalten erst spät ans Licht kommt? Da es keine gesetzliche Frist gibt, können Führungskräfte grundsätzlich auch noch Monate oder Jahre nach dem Ereignis eine Abmahnung aussprechen. Doch Vorsicht: Je länger das Ereignis zurückliegt, desto wahrscheinlicher ist es, dass das Recht zur Abmahnung verwirkt wurde. In einem eventuellen Gerichtsverfahren muss dann schon sehr gut begründet werden, warum die Abmahnung zum einen erst so spät erfolgt ist und zum anderen, warum ein so lang zurückliegendes Ereignis noch eine Abmahnung wert ist.

Zu einer Verwirkung kommt es außerdem dann, wenn der Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin bereits auf einem anderen Weg, sei es durch eine Ermahnung oder eine bloße Information, auf das Fehlverhalten aufmerksam gemacht wurde. Ist der Pflichtverstoß bereits Gegenstand von Gesprächen oder Schriftverkehr geworden, dürfen sich Beschäftigte darauf verlassen, dass wegen desselben Verstoßes nicht noch eine Abmahnung oben draufgesetzt wird.

Fakt 5: Abmahnungen müssen verhältnismäßig sein (Ermahnung)

Wie bei allen arbeitsrechtlichen Maßnahmen muss sich eine Abmahnung an dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientieren. Sie muss geeignet, aber auch erforderlich sein, um das Fehlverhalten abzustrafen. 

Führungskräfte sollten daher prüfen, ob nicht auch eine Ermahnung zum gewünschten Ergebnis führen kann: Die Ermahnung ist sozusagen die kleine, nettere Schwester der Abmahnung. Mit der Ermahnung bringt die Führungskraft – insbesondere wenn sie schriftlich erfolgt – ihr Missfallen zum Ausdruck, ohne gleich mit einer Abmahnung ins Haus zu fallen. Anders als die Abmahnung hat die Ermahnung rechtlich erst einmal keine Relevanz. Insbesondere bei eher unerheblichen Verstößen bietet sich die Ermahnung als milderes Mittel zur Abmahnung an.

Fakt 6: Abmahnungen sollten schriftlich erfolgen und begründet werden

Die Abmahnung ist zwar an keine Form gebunden, sollte aber dennoch schriftlich erfolgen. So kommt es später nicht zu Beweisschwierigkeiten. Außerdem haben so beide Vertragsparteien etwas in der Hand. Immerhin kann es auch für den Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin wichtig sein, später nachweisen zu können, dass ein bestimmtes Fehlverhalten bereits abgemahnt wurde. Wegen des gleichen Fehlverhaltens darf dann nämlich in der Regel keine Kündigung ausgesprochen werden.

Außerdem sollte in der Abmahnung der Grund konkret benannt werden und als Pflichtverletzung gerügt werden. Der oder die Betroffene sollte dazu aufgefordert werden, sich künftig vertragstreu zu verhalten. Um der Abmahnung Nachdruck zu verleihen, sollte außerdem auf die weiteren arbeitsrechtlichen Konsequenzen hingewiesen werden, sollte das abgemahnte Verhalten wiederholt werden.

Fakt 7: Wer Abmahnung sagt, muss auch Kündigung sagen

Führungskräfte sollten sich bewusst sein, dass eine Abmahnung eine ernste Sache ist. Sie sollten sich bewusst machen, dass ein wiederholtes Fehlverhalten nach einer Abmahnung auch tatsächlich eine Kündigung zur Folge hat. Wird ein wiederholtes Fehlverhalten erneut lediglich mit einer Abmahnung abgestraft, kann dies zu einer Entwertung der Warnfunktion führen. Im Zweifel kann eine danach ausgesprochene Kündigung für rechtswidrig erklärt werden. 

Über die Autorin

Sandra May
Sandra May Expertin für: IT- und Strafrecht

Sandra schreibt seit September 2018 als juristische Expertin für OnlinehändlerNews. Bereits im Studium spezialisierte sie sich auf den Bereich des Wettbewerbs- und Urheberrechts. Nach dem Abschluss ihres Referendariats wagte sie den eher unklassischen Sprung in den Journalismus. Juristische Sachverhalte anschaulich und für Laien verständlich zu erklären, ist genau ihr Ding.

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