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Startet die Gewährleistungsfrist bei der Nacherfüllung von vorn?

Veröffentlicht: 14.03.2023 | Geschrieben von: Sandra May | Letzte Aktualisierung: 14.03.2023
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Das Gewährleistungsrecht ist wohl direkt nach dem Widerrufsrecht eines der wichtigsten Rechtskonstrukte beim Abschließen von Kaufverträgen. Dabei können insbesondere Detailfragen sehr spannend für die Praxis sein. Eine dieser Fragen beschäftigt sich mit der übrigen Dauer der Gewährleistungsfrist nach erfolgter Nacherfüllung.

Ausgangspunkt: Nacherfüllung bei Sachmangel

Der Ausgangspunkt dieser Frage ist das Gewährleistungsrecht bei Sachmängeln. Im Standardfall haben Käufer und Käuferinnen die Möglichkeit, bis zu zwei Jahre nach dem Kauf noch Ansprüche wegen Sachmängeln geltend zu machen. Bei der Nacherfüllung wird entweder der Mangel durch eine Reparatur beseitigt, oder aber ein neues Produkt geliefert. Die Frage ist nun, ob mit der Nacherfüllung erneut die Gewährleistungsfrist zu laufen beginnt oder nicht.

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Ob die Gewährleistungsfrist von neuem beginnt, ist im Gesetz geregelt. Da es sich bei dieser Frist um eine Verjährungsfrist handelt, findet sich die entsprechende Regelung in den Vorschriften zur Verjährung. Nach § 212 BGB beginnt eine Verjährungsfrist erneut zu laufen, wenn das verkaufende Unternehmen den Gewährleistungsanspruch anerkennt.

Obwohl „Anerkennung“ erst einmal sehr förmlich klingt, ist damit nichts anderes gemeint, als dass der Händler oder die Händlerin die Nacherfüllung ausdrücklich auf Grund des Gewährleistungsrechts vornimmt. Formulierungen, wie etwa „im Rahmen der Gewährleistung liefern wir Ihnen ein neues Produkt“ stellen ein ausdrückliches Anerkenntnis des Gewährleistungsanspruchs dar.

Das hat zur Folge, dass mit der Nacherfüllung die Gewährleistungsfrist von zwei Jahren wieder von vorn beginnt zu laufen. 

Anerkenntnis geschickt umgehen

Natürlich ist der Neustart der Gewährleistungsfrist aus unternehmerischer Sicht nicht unbedingt wünschenswert. Es kann in der Praxis also sinnvoll sein, bei der Mängelbeseitigung eben nicht zu sagen, dass dies im Rahmen der Gewährleistung passiert. Allerdings sollte hier beachtet werden, dass im Einzelfall auch ohne ausdrückliche Erwähnung des Gewährleistungsrechts ein Anerkenntnis vorliegen kann. Das kann beispielsweise dann der Fall sein, wenn die Verkäuferschaft aus Sicht der Kundschaft nicht nur aus Kulanz, sondern in dem Bewusstsein handelt, dass die gesetzliche Pflicht zur Nacherfüllung besteht (BGH, Urteil vom 5.10.2005, Aktenzeichen: VIII ZR 16/05). 

In der Praxis kann es daher ratsam sein, ausdrücklich zu schreiben, dass man den Austausch oder die Reparatur aus Kulanz vornehmen werde. Besteht neben der gesetzlichen Gewährleistung noch eine Garantie, kann auch diese als Grundlage für die Leistung herangezogen werden. 

Über die Autorin

Sandra May
Sandra May Expertin für: IT- und Strafrecht

Sandra schreibt seit September 2018 als juristische Expertin für OnlinehändlerNews. Bereits im Studium spezialisierte sie sich auf den Bereich des Wettbewerbs- und Urheberrechts. Nach dem Abschluss ihres Referendariats wagte sie den eher unklassischen Sprung in den Journalismus. Juristische Sachverhalte anschaulich und für Laien verständlich zu erklären, ist genau ihr Ding.

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Kommentare  

#3 buh80 2023-09-14 13:27
Mich würde interessieren, wofür die Gewährleistungs frist von vorn beginnt. Bei meinem Staubsauger wurde im Rahmen der gesetzlichen Gewährleistungs frist - unter Anerkennung - ein Austausch von Teilen vorgenommen. Jetzt funktioniert ein anderes Teil am Staubsauger nicht. Gilt die von vorn gestartete Gewährleistungs frist nur für das ausgetauschte Teil oder den gesamten Sauger? Damals wurde die Bodendüse getauscht und jetzt lädt der Staubsauger gar nicht mehr. Das heisst, dass die Bodendüse allein nicht funktionieren würde. Vielen Dank für die Antwort.


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Antwort der Redaktion:

Hallo buh80,

die Gewährleistungs frist gilt grundsätzlich für das gesamte Produkt, welche nachgebessert wurden.


Viele Grüße und alles Gute

die Redaktion
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#2 Rolandd Bär 2023-03-15 18:01
Es könnte ja auch mal was einfach formuliert werden.
Ein Gesetz sollte einfach, eindeutig, logisch und verständlich sein.
Das durch Wortspielereine die Garantie/Gewähr leistung neu startet ist unlogisch, unfair ...
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#1 Udo Auchter 2023-03-15 14:53
Hallo, greift die oben beschriebene Regelung nur Geschäfte mit Verbrauchern oder generell ? In den vielen Jahren Tätigkeit als Vorsitzender des Daihatsu-Händle rverbandes mit diversen Rechtsstreiten mit dem Importeur ( bis hin zum BGH und dem Europäischen Gerichtshof ) - teilweise in Verbindung mit dem ZDK - bestand eigentlich immer Einigkeit darüber, dass bei Sachmängeln IMMER als Starttermin der Tag der Lieferung oder des Einbaus des beanstandeten Teiles gesehen wird. Aus der oben beschriebenen Vorgehensweise kann m.E. eine ewige Mangelhaftung abgeleitet werden. Beispiel Teil ist nach 23 Monaten defekt, Kunde hat nach obiger Beschreibung auf das als Ersatz gelieferte Teil wieder 24 Monate, geht dieses Teil dann nach 22 Monaten defekt, sollen wieder 24 Monate greifen ? Das hätte in diesem Beispiel
einen Gewährleistungs zeitraum von 69 Monaten zur Folge !

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Antwort der Redaktion

Hallo,

grundsätzlich handelt es sich bei den Verjährungsvors chriften um allgemeine Regeln, die sowohl für B2B, als auch für B2C gelten.
Im internationalen Privatrecht können möglicherweise andere Regeln gelten. Auch sind im B2B-Bereich durchaus abweichende Vertragsbedingu ngen möglich.

Mit den besten Grüßen
de Redaktion
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