Dreist oder berechtigt?

Kundin will wegen fehlendem Puzzleteil ihr Geld zurück

Veröffentlicht: 26.01.2024 | Geschrieben von: Sandra May | Letzte Aktualisierung: 31.01.2024
Blaues Puzzle mit fehlendem Teil
In unserer Reihe „Dreist oder berechtigt?“ nehmen wir Forderungen und Fragen von Verbraucher:innen, der Kundschaft und Beschäftigten unter die Lupe.

 

Diesmal geht es um ein Puzzle: Eine Kundin bestellt im Shop eines Händlers ein Puzzle mit 1.000 Teilen. Nach einiger Zeit meldet sie sich und behauptet, es würde ein Teil fehlen. Sie möchte das Puzzle gern zurückschicken und den Kaufpreis erstattet bekommen. Ein Foto oder Ähnliches schickt sie aber nicht. Der Händler zeigt sich zunächst verständnisvoll und erklärt der Kundin, dass sie Glück hat: Das Herstellerunternehmen des Puzzles ist eines der wenigen Unternehmen, welches auch einzelne Puzzleteile nachschickt. Dafür braucht er aber natürlich die Angabe, welches Teil konkret fehlt. Er meint, sie könne ihm entweder ein Foto schicken oder mittels eines Zählsystems, für welches er die Erklärung mit sendet, einfach die Nummer des fehlenden Teils schicken. Nun behauptet die Kundin, dass sie das Puzzle natürlich direkt wieder weggeräumt habe. So sehr sei ihr der Spaß vergangen! Sie fordert ihn noch einmal dazu auf, die Rückgabe zu akzeptieren. Zu Recht?

Grundsatz: Gewährleistungsrecht und Mitwirkungspflichten

Dass ein Produkt mal „eine Macke“ hat, kann passieren. Für solche Fälle gibt es das Gewährleistungsrecht, welches Personen, die etwas verkauft haben, in die Pflicht nimmt. In der Regel sind es auch die Verkäufer:innen, die für den dadurch entstehenden Aufwand, wie etwa zusätzliche Versandkosten, aufkommen müssen. Allerdings heißt das nicht, dass die Kundschaft - unabhängig von einer Verbrauchereigenschaft – nichts tun muss. Die Kundschaft trifft natürlich auch eine Mitwirkungspflicht. Das fängt schon bei der Beweislast an: So muss belegt werden, dass das Produkt auch tatsächlich den behaupteten Mangel hat. Bei der Beseitigung des Mangels muss außerdem beispielsweise durch das Bereitstellen des mangelhaften Produktes mitgewirkt werden. 

Fazit: Kundin muss schon mitdenken

Was aber bedeutet das für unseren Fall? Die Kundin muss erst mal das Fehlen des Teils beweisen. Eine einfache Behauptung reicht nicht aus. Sie kann also entweder ein Foto von dem fertigen Puzzle mit der Lücke schicken. Theoretisch kann sie auch einfach darlegen, dass sie nachgezählt hat. Sie hat aber beides nicht getan, sondern einfach die Behauptung in den Raum geworfen, sie hätte das Puzzle gelegt. 

Gehen wir aber wie der Händler davon aus, dass die Behauptung stimmt. Wie geht es weiter? Zunächst einmal hat die Kundin keinen Anspruch auf die Rückzahlung des Kaufpreises. Immerhin gilt der Vorrang der Nacherfüllung. Dem Händler muss also erst einmal die Möglichkeit der Mängelbeseitigung eingeräumt werden. Erst wenn er sich weigert oder die Nacherfüllung fehl schlägt, darf sie vom Kaufvertrag zurücktreten. 

Hier bot der Händler die Zusendung des fehlenden Teils, also eine Nachbesserung an. Dafür muss er aber wissen, welches Teil fehlt. Hier ist die Käuferin gefragt, die sich aber beharrlich weigert. Alles in allem macht sie sich dadurch eher unglaubwürdig. Wenn es wirklich so war, dass das Fehlen beim Puzzlen aufgefallen ist, hätte sie schlicht daran denken müssen, dass der Händler erstens das Recht zur Nacherfüllung hat und sie zweitens schon auch einen passenden Beleg zur Behauptung liefern muss. Etwas anderes wäre es natürlich gewesen, wenn sie glaubhaft erzählt hätte, sie hätte vor dem Puzzlen nachgezählt. Hat sie aber nicht. Entsprechend ist die Forderung dreist. 

Artikelbild: http://www.depositphotos.com

Über die Autorin

Sandra May
Sandra May Expertin für: IT- und Strafrecht

Sandra schreibt seit September 2018 als juristische Expertin für OnlinehändlerNews. Bereits im Studium spezialisierte sie sich auf den Bereich des Wettbewerbs- und Urheberrechts. Nach dem Abschluss ihres Referendariats wagte sie den eher unklassischen Sprung in den Journalismus. Juristische Sachverhalte anschaulich und für Laien verständlich zu erklären, ist genau ihr Ding.

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Kommentare  

#14 lux 2024-02-05 10:47
@Schneewittchen

Dieser Kommentar trifft es m.M.n. am besten.
BTW: Warum gibt es hier noch immer keinen "Gefällt mit" Button. Wenn man mit einfachen Rückmeldungen/Z ustimmungen rechnen könnte, würde die Lebendigkeit der Seite deutlich ankurbeln.
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#13 Schneewittchen 2024-02-02 17:51
Spielerisch zum Erfolg:

Es liegt doch in der Natur eines Puzzles, bestimmte Teile zu suchen und zu finden.
Das Puzzle zu legen wird hier als unzumutbarer Aufwand/besonde re Anstrengung bezeichnet, es gehört doch aber zum Spiel. Dafür wurde es erfunden, genau deshalb kauft man es doch.

Ich denke, dass der Verkäufer der Käuferin bestimmt genug Zeit einräumt, um ein Foto einzureichen.
Er weiß ja jetzt bescheid. :)
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#12 Otto 2024-02-02 17:40
Rechtlich gesehen hat die Käuferin wohl keine Chance, den Kaufpreis zurück zu bekommen.
Das Gewährleistungs recht schützt eben nicht nur den Käufer, sondern sorgt für faires Handeln, wenn auch meist der Verkäufer den Kürzeren zieht.

Aber auch aus sozialer Sicht zeigt sich die Käuferin in diesem Fall von keiner guten Seite.
Natürlich kann ich ihre kurze Verärgerung verstehen. Jedoch kann diese nicht als Begründung genommen werden, um von einem Vertrag zurücktreten zu wollen.
Wenn dies zur Gewohnheit wird, würden eine Vielzahl von Verträgen platzen. Die Wirtschaft würden noch mehr leiden! Es reichen doch schon die vielen Widerrufe, die mittlerweile zum Volkssport geworden sind!

Ich stelle mir vor, großer Schrank wird gekauft & aufgebaut, ein wichtiges Brett fehlt: Kunde will Geld zurück, weil verärgert. Oder Waschmaschine wird geliefert, Einschubkasten ist von einem anderen Modell und passt nicht: Kunde will Geld zurück, weil verärgert.....

Ich dachte immer, Puzzeln wirkt sich positiv auf die Psyche aus und dient als Entspannung. (In diesem Fall wohl eher nicht.)
Meine Enkel puzzeln selbst als Jugendliche noch und haben viel Spaß daran. Da sie die Spiele mehrmals benutzen und immer wieder in die Schachteln legen, kommt es hin und wieder vor, dass ein oder zwei Teile fehlen, oder zu einem anderen Spiel gehören. Aber Lust am Puzzle hat noch keiner von ihnen verloren.

Ich glaube, die Käuferin hat gemerkt, dass Puzzeln kein Hobby für sie ist und will deshalb das Geld zurück.
Ansonsten hätte sie sich auf das erneute Finden & Legen der Puzzle-Teile gefreut, um dann das fast fertige Bild (mit Loch) zu fotografieren und das Foto dem Verkäufer zu schicken.
Mir kann keiner erzählen, dass man als Puzzlefan die Lust wegen eines fehlenden Teils verliert.
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#11 Susanne 2024-02-02 16:46
@Peter #4

"...In der Praxis würde ich als Verkäufer ein neues (und hoffentlich komplettes) Puzzles liefern und um Betrug zu vermeiden die Rücksendung des bemängelten Puzzles verlangen. Das wäre wohl der kleinste Schaden für alle...oder?"

Deshalb meine Bemerkung #7:

"Die Käuferin forderte gleich Geld zurück!
Damit hat sie doch zu verstehen gegeben, das sie zu diesem Zeitpunkt kein neues Puzzle wollte."

Hypothese nach Ihrer Aussage:
Sie würden ein neues Puzzle liefern, trotz, dass der Käuferin der Spaß vergangen war und sie ihr Geld zurück möchte.(Nichts anderes bedeutet ja letztendlich ihre Forderung nach Akzeptanz der Rückgabe.)


Schaden für den Verkäufer:
-er muss 2x Versandkosten zusätzlich zahlen
-er hat ein benutztes Puzzlespiel, welches selbst nach Vervollständigu ng sich nicht mehr in einem 1A-Zustand befindet

Schaden für die Käuferin:
-sie hat ein Puzzle, welches sie nicht mehr möchte

Aber vielleicht bekommt die Käuferin nach Ihrer "Belehrung" plötzlich wieder Lust auf das Puzzle. Dann hätte NUR der Verkäufer einen verhältnismäßig hohen Schaden.
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#10 Peter 2024-02-02 12:37
@Susanne

"Die Käuferin forderte gleich Geld zurück!
Damit hat sie doch zu verstehen gegeben, das sie zu diesem Zeitpunkt kein neues Puzzle wollte."

Vielleicht kennt Sie sich aber auch in der Welt der Juristen nicht so aus, ist verärgert und will daher einfach ihr Geld zurück. Das ist doch eine normale Reaktion. Falls die Widerrufsfrist abgelaufen ist, wird sie darüber belehrt und dann gibt es ein komplett neues Puzzle.

Ich halte das nicht für einen "Beweis", dass die Kundin hier dreist handeln würde.
Schließlich ist der Aufwand, um zu ermitteln welches Teil konkret fehlt, tatsächlich enorm hoch.
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#9 Schneewittchen 2024-02-01 14:42
@ HM

Du kannst den juristischen Experten vom Händlerbund glauben oder Dich irgendeiner Meinung aus dem Netz anschließen. :)
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#8 Otto 2024-02-01 14:20
Wir haben ähnliche Fälle, jedoch "gottseidank" nicht mit Puzzlespielen.

Sinngemäß kommen bei uns solche Nachrichten wie: Geld zurück / Artikel unvollständig oder funktioniert nicht!

Obwohl das nicht nachvollziehbar ist, entschuldige ich mich und schicke sofort einen Retoure-Aufkleb er.
Die meisten Artikel werden dann aber (komischerweise ) doch nicht zurück geschickt. :)
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#7 Susanne 2024-02-01 14:10
@Peter

Die Käuferin forderte gleich Geld zurück!
Damit hat sie doch zu verstehen gegeben, das sie zu diesem Zeitpunkt kein neues Puzzle wollte.
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#6 lux 2024-01-31 22:57
@Daniel

Der Verkäufer kann sich auf §439 BGB Abs 4. berufen und die vom Käufer gewählte Art der Nacherfüllung verweigern, weil sie nur mit unverhältnismäß igen Kosten möglich ist.

Ein fehlendes Teil von z.B. 1000 nachzusenden, kostet lediglich einfaches Briefporto und der Verkäufer kann sich auf das Nutzen eines vorrätigen Reserveteilspen derpuzzels für solche Ersatzzwecke berufen, so dass die Kosten für das Teil nur verschwindend gering sind, so dass die Forderung nach einer Rücknahme und Erstattung des Verkaufspreises (inkl. Versandkosten) in grobem Missverhältnis stünde und somit, einfach nachvollziehbar , ablehnnbar ist.

...
Die Darlegung allein ist nicht ausreichend, die Darlegung muß schon glaubwürdig sein, wie du ja selbst schreibst. Daran fehlte es im aufgezeigten Beispiel aber.
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#5 Otto 2024-01-31 20:00
# Daniel

Ja, der Käufer hat Wahlrecht zwischen Mangelbeseitigu ng oder Lieferung einer mangelfreien Sache.
Im vorliegenden Fall wollte die Käuferin jedoch beides nicht.

Sie wollte Geld zurück (quasi vom vertrag zurück treten) Das ist aber auf Grund der hervorragenden Reaktion des Verkäufers nicht möglich.

Dass ein Teil fehlte, wurde doch gar nicht angezweifelt, daher ist die Aussage "die glaubwürdige Darlegung ist ausreichend" für mich hier nicht nachvollziehbar .

Denn diese "glaubwürdige Darlegung" reicht bei einem bestimmten Puzzleteil eben nicht aus, um genau das fehlende Puzzleteil rauszufinden und nachzuliefern.
Aber genau das (Recht auf Nacherfüllung) ist zum Schutz der Verkäufer im Gesetz vorgesehen.
(siehe dazu §437 Nr.2 & §§ 440, 323, 326)
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