„Freundlicher Betrug“

Betrug mit gutem Gewissen: So tricksen Kunden Online-Shops aus

Veröffentlicht: 29.04.2024 | Geschrieben von: Christoph Pech | Letzte Aktualisierung: 03.05.2024
Online-Shopping

Dass die Kundschaft betrügerisch vorgehen kann, ist für Online-Händler:innen nicht neu. Dass es aber durchaus verbreitet ist, den Online-Shop an der Nase herumzuführen und dass sich das schlechte Gewissen dabei in Grenzen hält, überrascht dann doch. Eine umfangreiche Studie des Unternehmens Ravelin setzt sich mit dem sogenannten „freundlichen Betrug“ auseinander. Ravelin nennt die Ergebnisse „alarmierend“, denn diese Art des Betrugs ist offenbar weit verbreitet.

40 Prozent der befragten Personen geben an, im vergangenen Jahr Online-Shops betrogen oder zumindest deren Gutmütigkeit ausgenutzt zu haben. 36 Prozent würden es in der Zukunft tun. Schlechtes Gewissen? Pustekuchen! Fast die Hälfte (45 Prozent) findet es sogar legitim, Vorteile aus bestimmten Schlupflöchern zu ziehen. „Das gilt nicht nur für die technisch versierten Verbraucher, sondern für alle“, sagt Ravelin-CEO Martin Sweeney.

Was ist freundlicher Betrug?

Aber was fällt denn eigentlich unter den Oberbegriff „freundlicher Betrug“? Gemeint sind damit Betrugsarten, die von Kund:innen mit ihrer echten Identität vorgenommen werden. Es geht hier also nicht um gefälschte Kreditkartendaten oder von Kriminellen gekaperte Accounts, sondern um die Möglichkeiten, die Kund:innen nutzen, um sich Vorteile zu verschaffen. In den meisten Fällen geht es dabei letztlich um die Täuschung der Online-Händler:innen, zum Beispiel mit Retourenbetrug.

Diese Arten sind verbreitet – und nicht legal!

Im Folgenden klären wir die wichtigsten Arten des „freundlichen Betrugs“ und warum man es als Kund:in trotzdem nicht machen sollte:

  • Eine der beliebtesten Arten des freundlichen Betrugs ist eine betrügerische Rückbuchung, also: Die Kund:innen fordern eine Rückzahlung für eine Sendung an, die angeblich nicht angekommen ist (obwohl sie angekommen ist) oder für eine Sendung, die verspätet doch noch ankommt und nicht zurückgeschickt wird. Zehn Prozent der Befragten geben an, dies in den letzten zwölf Monaten getan zu haben. Das ist natürlich nicht erlaubt: Wer fälschlicherweise eine Rückbuchung durchgeführt hat oder auf Nachfrage darüber lügt, ob ein Paket angekommen ist, macht sich strafbar.
  • Ebenfalls weit verbreitet ist die Nutzung mehrerer Accounts, um z. B. mehrfach von Gutscheinen zu profitieren. Das erklärt die juristische Kollegin Sandra May: „Werden Neukundenrabatte angeboten, gelten diese auch nur für Neukund:innen. Bekommt der Online-Shop mit, dass jemand mehrere Accounts erstellt, um von den ‚Neukundenrabatten‘ zu profitieren, so kann er diese Rabatte verwehren. Schließlich handelt es sich hier um eine Täuschung.“
  • Viele Befragte der Studie kauften etwa mit der Absicht, es nach Gebrauch wieder zurückzuschicken. Aber: Online-Shops sind keine Leihhäuser! „Hat man von vornherein nicht die Absicht, etwas zu behalten, dann ist die Ausübung des Widerrufsrechts rechtsmissbräuchlich“, so May. 
  • Ein Zehntel der Befragten kaufte bewusst mehr Produkte als benötigt wurden, um zum Beispiel die Schwelle für die kostenlose Lieferung oder Retoure zu erreichen und schickte die ungewollten Produkte dann kostenlos wieder zurück. Sandra May sagt dazu ganz klar: „Wer einfach nur mehr bestellt, um einen bestimmten Wert zu überschreiten und vorher schon weiß, dass er diese Produkte zurückschicken wird, handelt rechtsmissbräuchlich. Als Händler hätte man hier das Recht, den Widerruf abzulehnen.“ Dies könne zudem unter den Verdacht der arglistigen Täuschung fallen. Allerdings haben es Händler:innen hier schwer: Den Missbrauch können sie nur schwer nachweisen.

Kund:innen sollten sich bewusst sein, dass sie mit diesem Verhalten den Online-Shops schaden. Und tatsächlich geben in der Ravelin-Umfrage 16 Prozent der Menschen, die aufgehört haben, zu betrügen, an, dass sie einsehen, dass es sich um kriminelles Verhalten handelt. Mehr als ein Drittel (37 Prozent) hat sogar aufgehört, weil es dem Online-Shop gegenüber nicht fair ist. Händler:innen sollten auf der anderen Seite stets im Auge behalten, ob Kund:innen besonders viel retournieren oder häufig Rückbuchungen anfordern. 

Artikelbild: http://www.depositphotos.com

Über den Autor

Christoph Pech
Christoph Pech Experte für: Digital Tech

Christoph ist seit 2016 Teil des OHN-Teams. In einem früheren Leben hat er Technik getestet und hat sich deswegen nicht zweimal bitten lassen, als es um die Verantwortung der Digital-Tech-Sparte ging. Digitale Politik, Augmented Reality und smarte KIs sind seine Themen, ganz besonders, wenn Amazon, Ebay, Otto und Co. diese auch noch zu E-Commerce-Themen machen. Darüber hinaus kümmert sich Christoph um den Youtube-Kanal.

Sie haben Fragen oder Anregungen?

Kontaktieren Sie Christoph Pech

Kommentare  

#8 Joerg Lindner 2024-05-06 10:40
Und genau aus dem Grund lesen wir z.B. bei unseren Messgeräten die Anzahl der Messung aus vor nem Versand. Zum prüfen / anschauen wie in einem Ladengeschäft, braucht man max 1-2 Messungen. Zum einstellen einer Leuchte weit mehr. Natürlich ist ein Beibpackzettel dabei, welche Konsequenzen drohen können. Mindestens wird 25EUR Benutzungsgebüh r verlangt.
Man muss natürlich unterscheiden, was bestellt wird. Z.B. Schuhe: Regelmäßig werden verschiedene Größen des selben Schuhs betsellt. Nun we will nun ohne die verschiedenen Größen herausfinden welcher am besten passt. Und ja es wird natürlich nur ein Paar behalten. Ist das 'Missbräuchlich ' wohl kaum. Es würde kaum mehr Sinn machen, dies nach einander zu bestellen. Nur gut das wir hier nicht tätig sind.

Kauft man jedoch ein UV Index Messgerät, was den einzigen Zweck hat den UV Index zu messen um UV Lampen zu testen oder ein Abstand zu Tier ein zu stellen, ist es durchaus Missbräuchlich, wenn man hier unmengen von Messungen hierfür durchführt und es dann wieder zurück zu senden. Hier könnte man den Widerruf verwehren, da nie die Absicht bestand es überhaupt zu kaufen. Und ja wir haben das bereits das eine oder andere Mal durchgefochten.
Der eine oder andere Kunde gab es sogar direkt zu, was das ganze Thema natürlich ein wenig einfacher machte. Nett war es dann auch das natürlich immer wieder mit neg. Bewertungen gedroht wird, wenn man es durch ziehen würde. Aber auch hiergegen kann man vor gehen, denn lügen und falsche Behauptungen aufstellen ist auch ne Straftat.

Der einzige Grund wäre ja für eine Rückgabe das man es aus versehen bestellt hat, es doch nicht braucht oder defekt wäre. In all diesen Fällen wären keine Messungen (bzw eigentlich gar keine Messungen) in größerer Zahl notwendig.

Vie schlimmer sind jedoch die Kunden, welche defakto Schrott zurück senden. Hier hagelt es bei uns Grundätzlich anzeigen, wenn diese Artkel nicht von uns stammen, oder es gibt ne 100% Schadensersatz Rechnung. Wir markieren inzwischen die Artkel die es am meisten betrifft und können daher jederzeit nachweisen ob dies ein Produkt von uns ist oder nicht. Ja ein wenig Aufwendig, aber wirkungsvoll.

Man muss sich nur trauen etwas dagegen zu tun. Und je mehr Anzeigen es gibt oder Händler welche sich wehren, desto schneller bekommt man das Thema in Griff.
Zitieren
#7 Lutz Hohle 2024-05-05 11:38
@Peter Neumüller: Das ist zwar richtig, aber wer Zahlung auf Rechnung oder viel mehr noch Kauf auf Kredit (30 Tage Zahlung oder mehr) anbietet, verleitet damit auch bewußt eine Kundschaft zum Kauf, die es sich u.U. nicht leisten kann. Auch wenn Verkauf auf Kredit unter großen Unternehmen weit verbreitet ist, ist er doch auch das moralisch verwerflich, um hier mal ein bisschen zu moralisieren. Was gibt es frustrierendere s als erst zu konsumieren und dann erst das Geld erarbeiten zu müssen, wo die Satisfaction längst vorüber ist.
In jedem Fall muß der, der sowas anbietet mit einer höheren Ausfallquote rechnen als Anbieter die online sehr gut etablierte Vorkasse Zahlung setzten. - Nicht falsch verstehen, ich will nicht das Verhalten solcher Kunden als OK rechtfertigen, aber es gibt eben Leute mit nicht so festen Charakter, die man als Kunden adressieren kann, oder eben auch nicht. Wer diese Kunden adressieren möchte, hat oft eher unattraktive Angebote, die er auf diese Art und Weise anscheinend trotzdem noch verkauft bekommt ...
Oder anders formuliert, dort wo man wirklich sehr günstig und gut einkaufen kann, gibt es unsicheren Zahlungsarten oft nicht (oder es besteht zumindest eine dauerhafte Geschäftsbezieh ung).
Zitieren
#6 Silvia 2024-05-04 12:02
Hatte kürzlich einen Kauf bei dem der Käufer behauptet hat die Ware nicht erhalten zu haben. Dank Sendungsnachwei s konnte belegt werden das der Käufer die Warenpost persönlich erhalten hat. Sache war für mich erledigt da ich einen Sendungsnachwei s hatte. Käufer eröffnete einen Fall und Ebay erstattete aus eigener Tasche den Betrag zurück. Warum, frage ich mich. Der Kundenservice meldete sich mit " Sie können nichts dafür, wir ( Ebay ) haben den Betrag an den Käufer überwiesen. Gilt jetzt noch nicht einmal der Sendungsnachwei s????????
Zitieren
#5 Sinarah Amber 2024-05-04 10:51
Tja, leider nicht nur bei Ebay. Bei mir gibts seitdem kein Paypal mehr. Paypal setzt alle shopeigenen AGBS außer Kraft, erstattet dem Kunden Geld zurück oder blockiert es mindestens für Wochen, obwohl es keinen Grund dafür gibt. Ware ordentlich versandt und auch Paket erhalten.
Es ist wirklich ein Kreuz. Traurig das es sowas gibt!
Zitieren
#4 Andree 2024-05-02 13:05
@udo: Hatte ich auch mal also gewerblicher Kauf und ebAy hat erstattet, ging vor Gericht und war siegreich.
Einfach mal machen.
Zitieren
#3 Udo Auchter 2024-04-30 11:28
Nicht nur, dass die Händler über den Tisch gezogen werden, beki Ebay werden sie dabei noch unterstützt. Beispiel der letzten Tage: gewerblicher Kunde reklamiert einen Sachmangel ( der gar nicht exisitiert ),
macht anschliessend Antrag auf Rücknahme. Obwohl das Rückgaberecht nur für Verbraucher gilt und nur der
Hersteller bei einem unklaren Mangel entscheiden kann, ob er diesen Mangel akzeptiert oder nicht, hat
Ebay ( mal wieder ) den Kaufpreis erstattet !
Zitieren
#2 Jens 2024-04-30 08:58
wir haben alleine diese Woche über 400€ durch solche Machenschaften verloren (und wir haben erst Dienstag)! Die Liste der Betrugsmaschen lässt sich um einige Dinge erweitern.
Die Nachweispflicht liegt beim Händler und dieser kann es nicht - alles nur Indizien.
Und wer unterstützt das alles? Vereine, Gerichte, Verbände, Zahlungsdienstl eister, Plattformen und Zahlungsdienstl eister - auch Untätigkeit ist Unterstützung!
Zitieren
#1 Peter Neumüller 2024-04-30 08:31
...und hinzu kommt: Bezahlbetrug (bestellen in klarem Bewußtsein, daß man nicht bezahlen will und wird und ggf gar nicht kann)
Zitieren

Schreiben Sie einen Kommentar

Newsletter
Abonnieren
Bleibe stets informiert mit unserem Newsletter.