Wo endet das Markenrecht – Was Sie beim Weitervertrieb von Markenprodukten beachten müssen

Veröffentlicht: 07.03.2013 | Geschrieben von: Susanne Böttcher | Letzte Aktualisierung: 01.07.2022

Im dritten Teil unserer Serie zum Markenrecht erläutern wir die Voraussetzungen zum Weitervertrieb bestimmter Markenprodukte.

„Kein Tester“

Immer wieder schreiben Onlinehändler in die Artikelbezeichnung für Parfums auf ebay, dass die so beworbenen Produkte keine Tester seien.

Auf diese Selbstverständlichkeit hinzuweisen, erscheint einem unbefangenen Betrachter sicher als überflüssig. Der Grund für diese Hinweise beruht jedoch auf einer markenrechtlichen Besonderheit – und der etwas wechselhaften Rechtsprechung zu deren Konturen in den letzten zehn Jahren: Dem sog. Erschöpfungsgrundsatz.

Gebrauchte Marken

Gesetzlicher Anknüpfungspunkt für diese Ausnahme der allumfassenden Kontrollmöglichkeiten des Markeninhabers über die Benutzung seiner Markenzeichen ist § 24 Markengesetz (MarkenG):

                  „§ 24 Erschöpfung

(1) Der Inhaber einer Marke oder einer geschäftlichen Bezeichnung hat nicht das Recht, einem Dritten zu untersagen, die Marke oder die geschäftliche Bezeichnung für Waren zu benutzen, die unter dieser Marke oder dieser geschäftlichen Bezeichnung von ihm oder mit seiner Zustimmung im Inland, in einem der übrigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum in den Verkehr gebracht worden sind.

(2) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn sich der Inhaber der Marke oder der geschäftlichen Bezeichnung der Benutzung der Marke oder der geschäftlichen Bezeichnung im Zusammenhang mit dem weiteren Vertrieb der Waren aus berechtigten Gründen widersetzt, insbesondere wenn der Zustand der Waren nach ihrem Inverkehrbringen verändert oder verschlechtert ist.“

Ähnlich wie bei den Ausnahmevorschriften zur Bewerbung von Zubehör und Ersatzteilen findet auch der Erschöpfungsgrundsatz seinen Ursprung in der Wettbewerbspolitik: Der Markeninhaber soll den Vertrieb der von ihm hergestellten und einmal mit seiner Billigung in den Verkehr gebrachten Produkte nicht weiter behindern oder steuern können. Auf diese Art und Weise soll zum einen der Weitervertrieb der Neuwaren auf den weiteren Handelsstufen, zum anderen aber auch der Zweitmarkt für den Handel mit gebrauchten Produkten ermöglicht werden. Würde man die in § 24 MarkenG verbriefte Regelung morgen abschaffen, wäre dies das Ende der Welt, wie wir sie  kennen: Plattformen wie ebay wären auf einen Schlag entvölkert, da sämtliche Markeninhaber mit ihren Verbotsansprüchen den Weitervertrieb ihrer Produkte untersagen könnten. Es gäbe nur noch Vertragshändler für Autos und jeder Gebrauchtwagenhändler bräuchte für jedes Fahrzeug eine Zustimmung des Markeninhabers zum Weiterverkauf.

Stigma „unverkäuflich“

Doch wie weit reicht die durch den Erschöpfungsgrundsatz gewährte Möglichkeit, Markenprodukte (weiter) zu veräußern? Dies hängt insbesondere von der Tatbestandsvoraussetzung „in den Verkehr gebracht“ des § 24 MarkenG ab:

Hierfür muss die betroffene Ware (Dienstleistungen sind von § 24 MarkenG nicht erfasst) zunächst innerhalb der EU oder im Gebiet der Nicht-EU-Mitglieder Island, Liechtenstein oder Norwegen, die dem Europäischen Wirtschaftsraum angehören, an den jeweiligen Händler übergeben worden sein. Dem muss der Markeninhaber auch zugestimmt haben, sofern er nicht selbst die Ware vertreibt. Eine solche Zustimmung wird regelmäßig schon vorab vertraglich erteilt, indem ein bestimmter Händler eine Vertriebsberechtigung für das jeweilige Gebiet erhält.

Gerade die Konkretisierung dieser vorstehenden Voraussetzungen war im Falle des Weitervertriebs von Parfumtestern fast ein Jahrzehnt lang Anlass für zahlreiche Rechtsstreitigkeiten – bis hin zum Europäischen Gerichtshof. Was war passiert? Ein Händler hatte versucht, Parfumtester, welche die Aufschrift „Demonstration" und „unverkäuflich" trugen, zu vertreiben. Diese hatte er von einem Zwischenhändler bezogen. Der Markeninhaber hatte mit allen Zwischenhändlern vertraglich vereinbart, dass diese die Tester ohne Übertragung des Eigentums erhalten und sich zu jeder Zeit einen Warenrückruf vorbehalten.

Während der Bundesgerichtshof in einer ähnlichen Konstellation 2007 noch geurteilt hatte, dass die vorstehend beschriebenen Sicherungsmaßnahmen keinen Einfluss darauf haben können, dass der Markeninhaber nun einmal die Tester aus der Hand gegeben und sich damit der Kontrolle über deren weiteres Schicksal begeben hat, entschied der Europäische Gerichtshof etwas mehr als drei Jahre später im gegenteiligen Sinne. Während der Bundesgerichtshof mehr dem Sprichwort „Aus den Augen, aus dem Sinn“ zu folgen schien, hob der Europäische Gerichtshof darauf ab, dass der Markeninhaber sich ja einen Rest an Kontrolle durch die vertraglichen Möglichkeiten zum Rückkauf vorbehalten hatte.

Die Zeit zwischen den beiden Urteilen hat dazu geführt, dass vermehrt entsprechende Tester als günstige Alternative zum eigentlichen Produkt vertrieben wurden. Dem haben die Markeninhaber nun durch das Erwirken des Richterspruches aus Luxemburg ein Ende gesetzt. Damit hat der Europäische Gerichtshof die Möglichkeiten zum Vertrieb bestimmter Markenprodukte weiter beschränkt, was auch zum Verschwinden der Parfumtester auf ebay geführt hat.

Fazit:

Beim Einkauf von Markenprodukten sollte man sich über deren Herkunft lückenlos informieren und sich ggf. Bestätigungen über deren Freiverkäuflichkeit ausstellen lassen. Da es nur schwer überprüfbar sein wird, ob diese wirklich in der EU in Verkehr gebracht worden sind, sollte man sich zumindest dies bescheinigen lassen. Ferner sollte man hellhörig sein, wenn man aus anderen Quellen erfährt, dass der Markeninhaber ein sog. geschlossenes Vertriebssystem unterhält. In einem solchen Fall ist es nahezu ausgeschlossen, dass ein Außenstehender die fraglichen Produkte weitervertreiben kann. Da man schwer beweisen können wird, dass man die Ware auf dem vom Markeninhaber vorgesehenen Weg  erlangt hat, ist hier besondere Vorsicht geboten.

Sollten Sie zu diesem Thema Fragen oder Anregungen haben, sind wir gern für Sie da.

Kommentare  

#1 Nicole 2012-04-22 08:26
Guten Tag, Erstmal Danke für den sehr interessanten Artikel. Wir leben in Spanien und betreiben einen spanischen Online-Shop in dem wir ausschliesslich Autokindersitze der Marke Römer und Cybex anbieten. Wir kaufen als Firma unsere Sitze bei einem deutschen Online-Shop der offizieller Online Kooperationspar tner von Cybex ist. Der spanische Kunde kauft in unserem spanischen Shop ein, zahlt an uns und wir machen auch die Kaufabwicklung mit dem Kunden. Sobald der Kunde eingezahlt hat, kaufen wir das Produkt bei dem oben genannten deutschen OnlineShop ein, überweisen diesem, einen vorher ausgemachten Einkaufspreis, teilen die Lieferadresse des spanischen Kunden mit und der Artikel wird dann direkt von Deutschland aus zum Kunden verschickt. Nun haben wir ein Einschreiben von einem Rechtsanwalt bekommen der den offiziellen Cybex Vertreter aus Spanien vertritt. Wir werden darauf hingewiesen die Bilder der Artikel der Marke Cybex sowie jegliches Logo der Marke Cybex von unserer Seite zu löschen, mit dem Vorwurf die Bilder seien Eigentum des spanischen Cybex Vertreter und wir diese Bilder angeblich von diesem bezogen haben. Wir haben alle unsere Produktbilder lediglich von dem deutschen OnlineShop kopiert, was aber unrelevant ist, da es die Produktbilder tausendfach im Internet gibt und wir es von überall bezogen haben könnten. Unschwer zu erkennen ist das mit dieser Aufforderung die Bilder von unserer Seite zu löschen, bezweckt werden soll den Verkauf zu unterbinden. Keine Bilder , kein Verkauf. Unsere Zweifel sind, ob dieses Aufforderung berechtigt ist. Wenn ich Ihren Artikel richtig verstehe und somit auch das Erschöpfungsges etz ( was dem spanischen identisch ist) , dann tritt dieses doch hier ein oder. Sprich, das Produkt wurde in diesem Fall schon vom Hersteller ins " Verkehr" gebracht in Deutschland. Verstehen wir das richtig? Und falls es tatsächlich so sein sollte und somit der Hersteller den Weiterkauf nicht verbieten kann, ist es uns doch auch erlaubt diese Marke in einem eigenen OnlineShop zu verkaufen ( also kein Ebay, Amazon etc.) , oder macht das einen Unterschied ? Gibt es irgendwas was wir beachten müssen, was wir eventuell im Moment garnicht in Gedanken haben. Irgendetwas was in unserem Fall gegen unsere Geschäft spricht? Wir sind sehr froh Ihren Artikel gefunden zu haben und hoffen Sie können uns vielleicht etwas aufklären und Ratschläge geben. Mit freundlichen Grüßen aus Spanien, Nic ole
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