„Datenstaubsauger biblischen Ausmaßes“

TikTok als „Gefahr für die Demokratie“: Verbotsforderungen werden lauter

Veröffentlicht: 21.03.2024 | Geschrieben von: Christoph Pech | Letzte Aktualisierung: 21.03.2024
TikTok

Das Videonetzwerk TikTok ist eine der wichtigsten Kommunikationsplattformen der jungen Generation und zählt weltweit Milliarden Nutzer:innen. Seit einiger Zeit aber ist es ins Visier der Politik geraten. Nachdem in den USA mittlerweile offen über einen Zwangsverkauf der Plattform debattiert wird, beschäftigt sich auch die deutsche Politik intensiv mit dem Thema. TikTok wird immer wieder vorgeworfen, Sprachrohr und Spionageapparat des chinesischen Staats zu sein. Hinzu kommt, dass sich die Plattform – auch in Deutschland – zu einem Sammelbecken rechtsextremer Beeinflussung entwickelt hat.

Roderich Kiesewetter (CDU), Vizevorsitzender des Geheimdienstkontrollgremiums des Bundestages, nennt TikTok gegenüber dem Handelsblatt „eine Gefahr für unsere Demokratie“. Nicht nur werden über TikTok gezielt Desinformationen verbreitet, die Plattform werde auch „zur Spionage und zum Datenabgriff“ genutzt. Auch die EU-Kommission prüft mittlerweile in einem Verfahren im Rahmen des Digital Services Acts (DSA), ob TikTok ausreichend gegen illegale Inhalte unternimmt.

Kiesewetter für „grundsätzliches Verbot“ von TikTok

Für Kiesewetter ist es mit Regulierungen nicht getan, im Handelsblatt sagt er deutlich: „Sofern eine schärfere Regulierung nicht effizient umsetzbar ist, halte ich die Überlegung für ein grundsätzliches Verbot von TikTok für nötig“. Konsens ist die Forderung in der deutschen Politik indes noch nicht. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) lehnt ein Verbot ab, auch wenn sie die Risiken der Plattform im Blick habe.

Auch SPD-Außenexperte Ralf Stegner will eher auf die „Ausschöpfung aller regulatorischen Möglichkeiten“ setzen. Rückendeckung erhalten Faeser und Stegner von Grünen-Fraktionsvize Konstantin von Notz, der „kein Fan von ohnehin schwer durchzusetzenden Verboten“ ist. Die Lösung liege für die Regierungspolitiker:innen im DSA, der große Plattformen in die Pflicht nimmt, die Verbreitung von Desinformation und illegalen Inhalten einzudämmen.

 

Die EU ist gefordert

Deutsche Politiker:innen haben die Gefahr von TikTok also erkannt, wollen den Ball aber in Richtung EU spielen. „Mit Blick auf die Nähe zum chinesischen Staat sollte die Europäische Kommission die Plattform genau unter die Lupe nehmen“, sagt Konstantin Kuhle (FDP). Das Bundesinnenministerium begrüßt das aktuell laufende Prüfverfahren der EU-Kommission. Die Bekämpfung von Hasskriminalität oder Terrorpropaganda habe eine „große Bedeutung“. Gerade auf TikTok verbreiten sich derartige Inhalte wie Lauffeuer.

Verbieten oder Präsenz zeigen?

Erst vor Kurzem wurde der Account des AfD-Politikers Maximilian Krah, der Millionen junge TikTok-Nutzer:innen erreicht, von der Plattform eingeschränkt. Seine Inhalte, die häufig homophobe Aussagen, Hetze gegen Flüchtlinge und Verschwörungstheorien enthalten, haben laut TikTok wiederholt gegen die Community-Richtlinien verstoßen. Krahs Videos sind aktuell nur zu finden, wenn man seinen Account direkt aufruft. Die AfD erreicht auf TikTok mehr Nutzer:innen als alle anderen Bundestagsparteien zusammen.

Um dem entgegenzuwirken, hat Bundeskanzler Olaf Scholz einen eigenen Regierungsaccount auf TikTok angekündigt. Gesundheitsminister Karl Lauterbach hat kürzlich selbst angefangen, Videos bei TikTok zu veröffentlichen. „Politik muss auch dort sein, wo viele Bürgerinnen und Bürger sind. Es ist daher nur konsequent, dass dieses Versäumnis nun nachgeholt wird“, kommentiert dies SPD-Digitalexperte Jens Zimmermann. Roderich Kiesewetter von der CDU sieht das entschieden anders: „Es wäre notwendig, die breite Gesellschaft auf die Risiken dieser App hinzuweisen und nicht noch mehr User anregen zu wollen“.

Artikelbild: http://www.depositphotos.com

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