Amazon, Ebay & Co.

Kann ich den Marktplatz verklagen, wenn ich eine Abmahnung erhalte?

Veröffentlicht: 19.04.2024 | Geschrieben von: Hanna Hillnhütter | Letzte Aktualisierung: 24.04.2024
Mann kämpft gegen große Gefahr

 

Viele Online-Händler:innen kennen die Situation: Man gibt sich größte Mühe, alle Vorgaben und Gesetze einzuhalten und trotzdem bekommt man eine Abmahnung. Wenn man dann auf Spurensuche geht, um den Auslöser zu finden, stellt man fest, dass der Marktplatz ohne Absprache eine Kleinigkeit geändert hat und so eine Abmahnfalle entstanden ist. 

Zum Beispiel dann, wenn bei Ebay ein Anzeigefehler im Impressum ist oder wenn sich bei angehängten Amazon-Angeboten etwas verändert wird. 

Händler:innen müssen haften

Frei nach dem Motto „mitgefangen, mitgehangen“ müssen Händler:innen für Fehler auf dem Marktplatz haften, wenn eine wettbewerbsrechtliche Abmahnung ausgesprochen wird. Auch dann, wenn sie von dem Problem gar nichts mitbekommen haben.

Die Rechtssprechung spricht hier von Prüfpflichten, die man Händler:innen zumuten kann. Sprich: Wer sich entscheidet, auf einem Marktplatz zu verkaufen, der muss dafür sorgen, dass die Angebote rechtssicher sind und sie regelmäßig dahingehend überprüfen. Das OLG Köln kam 2017 zu dem Entschluss, dass eine einmalige Überprüfung aller Angebote pro Werktag angemessen und dem Händler oder der Händlerin zuzumuten ist. In dem Fall musste die Händlerin nicht für einen Fehler haften, da sie ihren Prüfpflichten ordnungsgemäß nachgekommen ist. 

Händler:innen müssen also auch für Fehler des Marktplatzes, oder im Falle von angehängten Angeboten, für Fehler von Mitbewerber:innen haften, wenn sie ihren Prüf- und Kontrollpflichten nicht nachgekommen sind. Eine Haftung kann dann ausgeschlossen werden, wenn der Fehler spätabends oder am Wochenende aufgetreten ist und am nächsten Werktag direkt behoben wurde. 

Überwachungspflicht des Marktplatzes?

Auch wenn es häufig so wirkt, können Marktplätze nicht immer den Kopf aus der Schlinge ziehen. So gibt es auch Fälle, in denen Amazon selbst für rechtswidrige Angebote verantwortlich gemacht wird. Dafür sorgte zuletzt ein Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main gegen Amazon. Hier ging die Verbraucherzentrale gegen Amazon selbst vor: Konkret wurden Pflanzendrinks beanstandet, die als „Milch“ bezeichnet wurden. Diese Bezeichnung ist für pflanzliche Milchalternativen beim Verkauf nicht erlaubt. 

Das Oberlandesgericht stellte hier klar, dass Amazon eine Pflicht zum Prüfen, Einschreiten und Vorsorgen vor weiteren Verstößen hat. Der Grundsatz „Notice & Take Down“ (auf Deutsch: Bemerken und herunternehmen/löschen) ist hier nicht ausreichend, viel mehr muss es „Notice & Stay Down“ (bemerken und gelöscht/offline lassen) heißen. Amazon ist also nicht nur dafür verantwortlich, rechtswidrige Angebote vom Marktplatz zu entfernen, sondern auch dafür zu sorgen, dass es nicht zu weiteren Verstößen derselben Art kommt. 

Auch wenn Marktplätze in bestimmten Fällen für Rechtsverstöße haften, ändert es nichts an der Haftung der Online-Händler:innen. Trotzdem liegt die Verantwortung weiter auch bei der handelnden Person, die eigenen Angebote auf Rechtssicherheit zu überprüfen. 

Kann ich die Abmahnkosten gegenüber dem Marktplatz geltend machen?

Jetzt könnte man auf die Idee kommen, den Marktplatz auf Schadensersatz zu verklagen, wenn man Abmahnkosten zahlen musste. Dabei gibt es allerdings aus juristischer Sicht zwei Probleme. Zum einen muss dem Marktplatz ein Verschulden nachgewiesen werden. Das kann schwierig werden. Denn im Falle von angehängten Angeboten auf Amazon sind es in der Regel die anderen Verkäufer:innen, die eine Abmahngefahr verursacht haben. 

Auch, wenn es um technische Fehler geht, wie beispielsweise eine falsche Anzeige des Impressums, wie es zuletzt bei Ebay der Fall war, wird es schwierig sein, dem Marktplatz ein Verschulden zuzurechnen. 

Die Plattformen schließen in ihren Vertragsbedingungen die Haftung bis auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit aus. Zwar haftet Ebay auch bei leichter Fahrlässigkeit, wenn eine vertragstypische Pflicht verletzte wurde, ob die Rechtssicherheit des Angebots eine vertragstypische Pflicht ist, ist das zweite juristische Problem. Aus den Nutzungsbedingungen von Ebay selbst ergibt sich das nicht ohne Weiteres. Rechtsprechungen zu dem Thema sind uns bisher nicht bekannt.

Selbstgewähltes Leid?

Sowohl von der Rechtssprechung als auch von Amazon und Co. selbst lautet die Devise also: Wer sich darauf einlässt, auf dem Marktplatz zu verkaufen und die Vorteile des Marktplatzes nutzen möchte, der muss auch mit den Risiken leben. Das Risiko gehen also alle Online-Händler:innen mehr oder weniger freiwillig ein.

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